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TN 50 - Gemeinnütziger Verein Tiegenhof - Kreis Großes Werder eV

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Das Ergebnis: Einige Porzellanfiguren haben die unsanfte Landung nicht überlebt; aber mit<br />

verleimten Bruchstellen bekamen sie trotzdem einen Platz auf dem Vertiko. Nur die Kinderfragen<br />

nach den Klebestellen verschafften dieser Schmuggelgeschichte einen festen Platz im Gedächtnis.<br />

Egon Claassen - im Abschnitt "Die Verfassung der Freien Stadt Danzig" wird berichtet, daß ihm<br />

die Staatsangehörigkeit (von 1922 bis 1939) "Freie Stadt Danzig" zu einer frühzeitigen Entlassung<br />

aus der Kriegsgefangenschaft verholfen hat. Hier kommt er als Schmuggler zu Wort. Die<br />

nachfolgend geschilderte Schmuggelpraxis ist Teil seines Beitrags zu den Klein Lichtenauer­<br />

Blättern "Nachlese nach <strong>50</strong> Jahren", die wir - das sind etwa 25 Klein Lichtenauer - um 1995<br />

zusammengetragen haben.<br />

Hier Egon Claassens Schmuggeleien:<br />

Wenn man beim Zöllner nicht den starken Mann machte, sondern auf seine Frage (wenn er sie denn<br />

stellte) nach mitgeführter Ware sagte: .. .ich hab' hier so'n bißchen was ... , dann war es gang und<br />

gäbe, daß der Zöllner, erschien ihm das Mitbringsel zu viel, sagte: wollen Sie das verzollen oder<br />

zurückbringen? Da eine hohe Zollgebühr höchst ungern entrichtet wurde, brachte man den<br />

Gegenstand zurück - zu Verwandten versteht sich - um es dann beim nächsten Mal erneut zu<br />

versuchen.<br />

Es kam aber auch vor, daß, je nach Sympathie und Zöllnerlaune saftige Zollgebühren anfielen oder<br />

auch Wareneinzug: Rethneh mußte man im:mer damit, und das brachte dann das Kribbeln in der<br />

Magengegend . .<br />

Soweit zu den Erinnerungen von Egon Claassen<br />

Schmuggeln wurde· zu einer lieben Gewohnheit bei unseren Eltern ,aus dem .grenznahen südlichen<br />

Teil des Großen <strong>Werder</strong>s. Die kleinen und die großen Zollerlebnisse, besonders wie man - natürlich<br />

trickreich und mit Erfolg - die polnischen Zöllner übers Ohr gehauen hatte: Diese Erlebnisse<br />

blieben Gesprächsthema am Kaffeetisch in der Verwandtschaft. - Die Frage darf offen bleiben, was<br />

hat länger gehalten: die Schmuggelware oder das amüsant vorgetragene Erfolgserlebnis in<br />

vergnügter Zuhörerrunde.<br />

Mit dem täglichen Schulbesuch in Marienburg kamen von Verwandten und Bekannten auch bald<br />

die ersten Wünsche, Dinge mitzubringen, die in der Qualität weit besser waren als bei uns im<br />

Freistaat. - Polen bekam ja in Versailles die Zollhoheit im Gebiet der Freien Stadt Danzig<br />

zugesprochen und wollte natürlich polnische Erzeugnisse bei uns verkaufen; es gab aber große<br />

Unterschiede zwischen den Waren "Made in Poland" und "Made in Germany".<br />

Das gab beim Zoll dann immer so ein unangenehmes Gefühl, wenn man Schmuggelware dabei<br />

hatte, wegen eventueller Kontrollen. Da aber die Gefälligkeit oft mit einigen Dittchen belohnt<br />

wurde, waren die drei Juno als Tagesration gesichert.<br />

Im Sommer 1936 bekam ich dann ein gebrauchtes Fahrrad für meine tägliche Fahrt vom Hof<br />

meiner Großeltern in Klein Lichtenau zum Bahnhof in Simonsdorf. Das Rad wurde in Marienburg<br />

gekauft, und es war gar nicht so einfach, dasselbe erst einmal über die Grenze in den Freistaat zu<br />

bekommen. Zwar konnte man mit einem Fahrrad die Grenze passieren; dafür benötigte man aber<br />

eine Bescheinigung bei der Einreise, um es bei der Ausreise wieder ausführen zu dürfen. Die<br />

Bescheinigung stellte der Zollbeamte aus. Ich hatte also einen Dreh anzuwenden: Ich machte den<br />

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