TN 50 - Gemeinnütziger Verein Tiegenhof - Kreis Großes Werder eV
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Würdige Ruhestätte für Marienburger Tote<br />
Von Martin Dodenhoeft aus "Stimme & Weg"<br />
Eingesandt von Ruth Wedel<br />
Die SOlIDe scheint, die Blätter des Waldes rauschen im leichten Wind, weiße Schmetterlinge<br />
taumeln über das Gras - ein freundlicher, ein warmer, ein friedlicher Tag ist der 14. August 2009.<br />
Wäre hier nur nicht die große Grube auf diesem Friedhof mit über hundert Särgen, die an den<br />
entsetzlichen Tod von Männern, Frauen und Kindern gegen Ende des Zweiten Weltkrieges oder<br />
danach erinnern ...<br />
"Versöhnung. Das ist es, was ich empfinde, ein Gefühl der Versöhnung. Aber das Schicksal dieser<br />
Menschen n1uß aufgeklärt werden." Günter Wehrmann steht mit seiner guten Bekannten und<br />
Freundin Lieselotte Frodermann am Grab der Marienburger Toten, die der Volksbund auf der<br />
Kriegsgräberstätte Neumark (Stare Czarnowo, bei Stettin) bestattet hat. Die beiden sind<br />
Marienburger, die wohl nur ein gnädiges Schicksal davor bewahrt hat, selbst zu den Opfern zu<br />
gehören.<br />
Günter, Jahrgang 1925, war als Soldat im Einsatz, Lieselotte, Jahrgang 1929, gelang die Flucht vor<br />
der sowjetischen Armee. Doch ihre Mutter ist dort geblieben - ihre Spur verliert sich in einem<br />
Lazarett. Gehört sie womöglich zu den 2116 Menschen, die hier beigesetzt werden, ist sie eine der<br />
1.001 Frauen, deren Zahl von der polnischen Gerichtsmedizin bestimmt worden ist?<br />
Im offiziellen Bericht stehen entsetzliche Zahlen: 1001 Frauen,381 Männer, 377 Kinder, 357 Tote,<br />
deren Geschlecht und Alter nicht bestimmt werden konnten, wurden im vergangenen Jahr bei<br />
Bauarbeiten unweit der historischen Marienburg entdeckt. Sie wurden geborgen und schließlich an<br />
den Volksbund zur Bestattung übergeben. Der <strong>Kreis</strong> ist noch nicht geschlossen. Vielleicht liegen<br />
dort - und auf jeden Fall an anderen Orten - noch mehr Tote in bislang unentdeckten oder<br />
verschwiegenen Massengräbern. Und die Frage, wie diese Menschen damals ihr Leben verloren<br />
haben, bleibt zu klären.<br />
Dies fordert Reinhard Führer, der Präsident des Volksbundes, in seiner Begrüßungsansprache auf<br />
dem Friedhof: "Wer diese Menschen waren und wie sie zu Tode kamen, das ist immer noch nicht<br />
verläßlich beantwortet. Die Aufklärung ist eine Aufgabe der Historiker und der Öffentlichkeit in<br />
Polen und Deutschland."<br />
In den Monaten zuvor war heftig spekuliert worden, und manche Unterstellung, mancher<br />
polemische Angriff traf auch den Volksbund. Manche sehen sowjetische Soldaten als Täter, andere<br />
polnische Freischärler. Dem Volksbund, wird direkt oder indirekt unterstellt, mache sich zum<br />
Handlanger von Kräften, die unfaßbare Verbrechen verschleiern wollten. Diese eigenartige - um es<br />
vorsichtig auszudrücken - Form der "Aufklärung" setzt sich auch nach der Bestattung der Toten in<br />
N eumark fort.<br />
Nur liegen derzeit keine belastbaren Aussagen über das konkrete Geschehen vor. "Sehr<br />
wahrscheinlich handelt es sich zum größten Teil um Deutsche. An darüber hinausgehenden<br />
Spekulationen beteiligen wir uns nicht. Es ist im Übrigen auch unwürdig den Toten gegenüber, mit<br />
ihrem Schicksal Spekulationen anzuheizen", sagt Präsident Führer.<br />
Klage führen wir,<br />
nicht Anklage.<br />
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