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TN 50 - Gemeinnütziger Verein Tiegenhof - Kreis Großes Werder eV

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Herrn Doktor Willi Loepp, der hatte eins der ersten Autos in <strong>Tiegenhof</strong>. Einmal hielt er bei uns und<br />

sagte:<br />

"So Herr Esau, jetzt fahren Sie mal mit den Mädchen längs der Chaussee!"<br />

Das waren Grete und Lotte Esau und ich. Das war aber was <strong>Großes</strong> zu damaliger Zeit! Wir durften<br />

im Auto spazieren fahren!<br />

Ein Jahr bekam ich zu Weihnachten ein Paar feine vernickelte Schlittschuhe. Zuerst probierte ich<br />

auf den Gräben in Platenhof mit meinen Vettern Dücks, mal auch mit Liesbeth und Herbert<br />

Albrecht hinten auf der Tiege. Neben der Stobbebrücke war auf der Tiege eine gefegte Eisbahn, ein<br />

Grammophon spielte auch, da mußte man bezahlen. Weil ich schon immer schwache Knöchel hatte,<br />

bin ich nie eine Kunstläuferin geworden.<br />

Etwa im Jahre 1913 durfte ich eine sehr schöne Wandertour mitmachen. Am Sonnabend mußte ich<br />

schon ganz früh schlafen gehen, denn am nächsten Morgen wollten wir um 5 00 Uhr mit der<br />

Kleinbahn nach Steegen fahren. Um 6 00 Uhr waren wir da und begannen mit der Wanderung. Wir,<br />

das waren mein Vater, meine Mutter, Tante Johanna und ich. Mein Vater hatte sich extra einen<br />

Rucksack gekauft und trug die meisten Sachen. Wir gingen bis Stutthof an der Chaussee und dann<br />

die Straße durch den Wald. Wir kamen durch viele Fischerdörfer der Nehrung, zuerst Bodenwinkel<br />

und Pröbbernau. In einem Dorf gingen die Leute zur Kirche, im anderen war die Kirche zu Ende<br />

und die Leute gingen nach hause. Wir hatten das schönste Wetter, der Wald war so schön und so<br />

still. Auf dem Haff fuhren die kleinen Kähne. Wir sahen die andere Seite vom Haff, wo Tolkemit<br />

ist. Um 1 00 Uhr langten wir in Liep an und kehrten in einem Gasthof ein. Von da war es nicht mehr<br />

weit bis zu unserem Ziel Kahlberg. Dort war sehr viel Betrieb, weil es der Badeort der Elbinger<br />

war. Gegen Abend fuhren wir mit dem Dampfer nach Elbing, gingen dort noch in die Molkerei<br />

Schroeder, fuhren dann n1it der Bahn von Elbing nach Marienburg und von Marienburg nach<br />

<strong>Tiegenhof</strong>. Mit dem letzten Zug erreichten wir um 1 00 Uhr nachts wieder unser zu Hause. Das war<br />

dar letzte Sonntag in den Sommerferien und als wir wieder in die Schule gingen, da · hieß der<br />

nächste Hausaufsatz "Ein Erlebnis in den Sommerferien". Na da hatte ich genug Stoff.<br />

Meine Großmuttchen Marie Nickel wohnte in Platenhof oben bei Wiehlers, sie hat dort mindestens<br />

von 1900 an gelebt bis sie 1937 starb danach wohnte noch Tante J ohanna bis wir 1945 von zu<br />

Hause weg mußten. Sehr oft waren wir am Sonntagabend da und ich kam auch oft zwischendurch.<br />

Dann habe ich sie oft gebeten:<br />

"Großmuttchen, erzähl doch wie es früher war".<br />

Einmal hat sie dann erzählt, wie es war als ein Damm gebrochen war. Sie ist 1847 geboren und ihre<br />

Eltern hatten eine Landwirtschaft in Einlage an der Nogat. Die Nogat ist ein Arm der Weichsel und<br />

zweigt sich an der Montauer Spitze ab, um ins Haff zu fließen, während die Weichsel zur Ostsee<br />

fließt. Die Weichsel, die von den Karpaten kommt und bis Thorn durch polnisches Gebiet fließt,<br />

bringt zur Zeit der Schneeschmelze viel Eis mit sich, das sich staut und die Dämme beschädigt. So<br />

ist es in den Jahren oft zu Dammbrüchen und Überschwemmungen gekommen. Später hat man auf<br />

deutscher Seite sehr viel an den Dämmen getan, sie verstärkt und erhöht, Außendeiche gebaut, also<br />

in einiger Entfernung noch einen Deich errichtet und im Notfall den Außendeich überfluten lassen<br />

und Schleusen gebaut. Zu der Zeit, als meine Großmutter Kind war, war es damit schlecht bestellt<br />

und es kam öfter zu Durchbrüchen. So erzählte sie: Damals brachte n1an schon alles Vieh auf die<br />

Stallböden, das war natürlich schwierig. Auch das Wohnhaus war unten voll Wasser gelaufen und<br />

sie saßen oben, und sahen, was die Flut so alles mit sich brachte, Stücke von Häusern, Möbel, sogar<br />

eine Wiege mit einem Kind.<br />

Meine Großmutter hatte eine sehr alte Wanduhr mit zwei großen Messinggewichten, die jeden Tag<br />

hochgezogen werden mußten. Es waren schon Altertumsliebhaber dagewesen, die die Uhr gerne<br />

gekauft hätten, aber Großmutter gab sie nicht weg. Sicher ist da auch eine Jahreszahl eingraviert<br />

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