TN 50 - Gemeinnütziger Verein Tiegenhof - Kreis Großes Werder eV
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Entwürdigend empfanden Danziger Bürger, daß sie im Ausland - und damit auch in Deutschlandvon<br />
der jeweiligen polnischen Botsc!1aft vertreten werden mußten und nicht vom deutschen<br />
Außenministeri um.<br />
Die Aufhebung der Verfassung vom 1. September 1939 war die Folge des Einmarschs der<br />
Deutschen Wehrmacht in den Freistaat und damit verbunden die Wiedereingliederung der Freien<br />
Stadt Danzig in das Deutsche Reich.<br />
Die - von Deutschland einseitige - Aufhebung der Verfassung wurde von den alliierten und<br />
assoziierten Hauptrnächten (von 1919) nicht anerkannt und galt über das Kriegsende 1945 hinaus.<br />
Hierzu zwei personenbezogene Beispiele:<br />
Egon Claassen, zur <strong>Werder</strong>zeit in Barendt, <strong>Kreis</strong> <strong>Großes</strong> <strong>Werder</strong>, zu Hause, geriet als Soldat der<br />
Deutschen Wehrmacht bei Kriegsende in französische Kriegsgefangenschaft, kam in das<br />
Kriegsgefangenenlager Bretzenheim, bei Bad Kreuznach. Seine Heimatanschrift - im Soldbuch<br />
dokumentiert -lautete: Barendt, Danzig Westpreußen und machte ihn zum Staatenlosen.<br />
Zeitgleich mit den Österreichem, die der Deutschen Wehrmacht angehörten, wurde er sofort aus der<br />
Kriegsgefangenschaft entlassen.<br />
Gedenkstätte auf dem ehemaligen Lagerfeld Bretzenheim<br />
Die ursprüngliche Staatsangehörigkeit Freie Stadt Danzig hat Egon Claassen Vieles erspa11.<br />
Das zweite Beispiel betrifft mich. Als ich Ende Juni 1945 in BOlli1 aus der britischen<br />
Kriegsgefangenschaft entlassen wurde, bescheinigte man mir die Staatenlosigkeit. Das Dokument<br />
war ein gelbes Zettelehen, etwa in DIN-A6-Größe. STAATENLOS prangte in fettgedruckten<br />
Buchstaben obenan, darunter die Personalien und dann folgte eine Auflistung von Sonderrechten,<br />
die den Reichsdeutschen nicht zustanden. Beispielweise galt für Staatenlose das nächtliche<br />
Ausgangsverbot nicht, ferner durften sie sich bewaffnen.<br />
Nicht ein einziges Mal habe ich von einem der Sonderrechte Gebrauch gemacht - und der Tommy<br />
auch nicht, als er mich und Tausende weitere junge Männer im November 1945 in den nordrheinwestfälischen<br />
Steinkohlenbergbau "auf unbestimmte Zeit" dienstverpflichtet hat.<br />
1947, als ich die Ausbildung zur "staatlich geprüften Aufsichtsperson unter Tage" begann, bedurfte<br />
es nur eines Federstrichs des Lohnbuchhalters, um aus dem staatenlosen Danziger einen deutschen<br />
Bürger zu machen.<br />
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