TN 50 - Gemeinnütziger Verein Tiegenhof - Kreis Großes Werder eV
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Unser Archiv im Kopf<br />
Spurensuche in Westpreußen<br />
von Karl-Heinz Stahnke<br />
Die Sehrinde speichert visuelle Informationen und damit ein Mensch sich nach Jahren noch daran<br />
erinnern kann, müssen die Eindrücke im Gehirn verschiedene Stationen durchlaufen, bis sie<br />
schließlich in die Langzeitspeicherung gelangen.<br />
Eine dieser verstärkten Informationen in meinem "Archiv" ist inzwischen 65 Jahre alt!<br />
Im Juli 1944, es war ein heißer Sommertag, die Luft war schwül und am späten Abend zog ein<br />
schweres Gewitter über die Frische Nehrung und das <strong>Werder</strong>. Der Schulrat des <strong>Kreis</strong>es <strong>Großes</strong><br />
<strong>Werder</strong>, Bruno ST AHNKE (damals 53 Jahre alt), war mit seinem Auto auf einer Inspektionsfahrt.<br />
In seiner Begleitung befand sich sein' 12jähriger Neffe Karl-Heinz. Am Vormittag wurde eine<br />
Dorfschule besucht und nach einem Mittagessen in Steegen fuhren wir beide in Stutthof an dem<br />
Konzentrationslager vorbei. Auf der linken Straßenseite sah man die "Villa des<br />
Lagerkommandanten" mit einem Schilderhaus. Auf der rechten Straßenseite befand sich ein lang<br />
gestrecktes Gebäude und in der Mitte eine Toreinfahrt. Zu beiden Seiten, jeweils an den<br />
Chausseebäumen, stand ein Wachposten der Waffen-SS als Außenpostenkette. Etwa ein Dutzend<br />
Häftlinge in Sträflingskleidung schoben und zogen einen offenen Lastwagen in · Richtung auf die<br />
Toreinfahrt bzw. waren mit der Befestigung des Weges von der Straße zum Haus beschäftigt.<br />
Dieses Bild hat sich in meinem Kopf bis heute eingebrannt, so als hätte ich einen Film gedreht. Als<br />
ich in den letzten Jahren dreinlai wieder Stutthof besucht habe, hatte sich nach etwa 60 Jahren die<br />
"Villa" (heute Privatbesitz) fast nicht verändert, nur die ehemalige Ziegelei mit dem runden<br />
Torbogen war verschwunden.<br />
Die Begegnung mit einem hervorragenden Dorfschullehrer<br />
Wir fuhren dann nach Narmeln zum Jugendheim und anschließend nach Vogelsang zum Oberlehrer<br />
Hans WERNER (geboren am 09.11.1894 in Danzig, gestorben am 13.08.1959 in Laatzen). Diese<br />
Personendaten hat mir der Familienforscher Wolfgang LÖWNER aus Bremerhaven jetzt mitgeteilt.<br />
Herr WERNER hatte hinter seinem Wohnhaus eine Zucht von Bienenköniginnen. Für mich ein<br />
beeindruckender Anblick!<br />
Als nächstes fuhren die Männer mit mir in einem Ruderboot auf das Haff. Sie hatten jeder eine<br />
Jagdwaffe und zielten damit auf Wildenten. Da wir nahe dem Schilfgürtel ruderten, landeten die<br />
angeschossenen Enten unsichtbar im Uferbereich. Ich schwamm suchend in dem dichten Schilf,<br />
aber leider fand ich keine Wildente, sondern nur ein Blässhuhn. Mit dieser "Beute" besuchten wir<br />
vor unserer Rückfahrt nach Neuteich noch einen Förster. Dieser hatte einen jungen Fuchs "als<br />
Hofhund" vor seinem Wohnhaus angekettet. Der Fuchs hatte sich bestimmt über das Blässhuhn<br />
gefreut!<br />
Auf dem Treffen der Tiegenhöfer und <strong>Werder</strong>aner im Hotel Maritim in TravemÜllde im April 2009<br />
nutzte ich die Gelegenheit zu einer Suchanfrage nach dem Oberlehrer, denn ich wusste nicht einmal<br />
seinen Namen. Ich hatte großes Glück, dass mir zwei Mitglieder (Frau Irmgard STOLTENBERG<br />
und Herr Egon KLAAßEN) hilfreiche Hinweise und Unterlagen vermitteln konnten.<br />
Hans WERNER besaß eine hervorragende pädagogische und musikalische Begabung. Mit seiner<br />
Geige erfreute er sich besonderer Beliebtheit bei Festen, gelegentlich war er Orgelspieler bei<br />
Gottesdiensten und auch "Seelenarzt", indem er bei Begräbnissen die Trauerrede hielt. Aus seinen<br />
zahlreichen Veröffentlichungen möchte ich auf einen Beitrag aufmerksam machen. Er war in der<br />
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