CVUA 2002 - Untersuchungsämter-BW
CVUA 2002 - Untersuchungsämter-BW
CVUA 2002 - Untersuchungsämter-BW
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
46 <strong>CVUA</strong> Stuttgart<br />
da die Aromatisierung in hohem Maße durch das synthetische<br />
Vanillin erfolgt. Die Anwesenheit der für Vanille charakteristischen<br />
schwarzen Pünktchen ist keine Garantie für<br />
die Verwendung von echter Vanille, da mittlerweile sogar<br />
extrahiertes Vanilleschotenpulver zur optischen Beeinflussung<br />
der aromatisierten Lebensmittel auf dem Markt ist.<br />
Süßwaren [43]<br />
Von 155 Proben waren 20 (13 %) zu beanstanden.<br />
Im Nachgang zu den zahlreichen Beanstandungen von Geleeerzeugnissen<br />
aus Asia-Shops mit dem Dickungsmittel<br />
Glucomannan im Jahr 2001, die aufgrund ihrer Größe, Applikationsform<br />
und Konsistenz als gesundheitsschädlich<br />
wegen Erstickungsgefahr beurteilt worden waren, wurde<br />
im Berichtsjahr ein vergleichbares Erzeugnis jedoch mit<br />
dem Dickungsmittel Carrageen ebenfalls als gesundheitsschädlich<br />
beurteilt, da eine Erstickungsgefahr beim<br />
Verschlucken auch bei diesem Produkt nicht ausgeschlossen<br />
werden konnte.<br />
Weichkaramellen waren nicht mehr zum Verzehr geeignet,<br />
da die Bonbons aufgrund ungenügender Trocknung bei<br />
der Herstellung völlig verschimmelt waren. Bei einer Probe<br />
Lutscher mit Kaugummifüllung und beiliegenden Tattoos<br />
klebten die Papiertattoos derart an den Lutschern,<br />
dass sie sich nicht rückstandsfrei ablösen ließen. Auch diese<br />
Probe war nicht mehr zum Verzehr geeignet.<br />
Weitere Beanstandungen erfolgten wegen irreführender<br />
Bezeichnungen und Angaben (Butterkaramellhase mit zu<br />
geringem Butterfettgehalt, Sahnebonbons mit zu wenig<br />
Milchfett) sowie aufgrund von Kennzeichnungsmängeln.<br />
Schokolade [44]<br />
Von 264 Proben waren 19 (7 %) zu beanstanden.<br />
Hauptsächliche Beanstandungsgründe waren ekelerregende<br />
Beschaffenheit aufgrund von Ungezieferbefall sowie<br />
Kennzeichnungsmängel bei Erzeugnissen aus handwerklicher<br />
Herstellung (Konfiserien, Konditoreien, etc.).<br />
Kuvertüre und kakaohaltige Fettglasur aus Bäckereien wiesen<br />
ebenso massiven Ungezieferbefall auf, wie Beschwerdeproben<br />
von Nussschokolade und Nuss-Pralinen.<br />
Vollmilchschokoladeneier waren durch massive Wärmeeinwirkung<br />
derart deformiert und der Einwickler fettdurchtränkt,<br />
dass auch diese Proben nicht mehr zum Verzehr<br />
geeignet waren.<br />
Säuglings- und Kleinkindernahrung [48]<br />
Von 401 Proben waren 33 (8%) zu beanstanden.<br />
Eine Beschwerdeprobe Folgemilch-Trockenpulver für Säuglinge<br />
enthielt kleine, hellbraune, krümelartige Partikel.<br />
Nach dem Ergebnis der sinnenphysiologischen Prüfung<br />
(„zwiebackähnlich“) sowie der Laboruntersuchung handelte<br />
es sich bei diesen Fremdpartikeln um stärkehaltige<br />
Reste, die sich möglicherweise bei der Herstellung in Folge<br />
von unerwünschten Erhitzungsreaktionen braun verfärbten<br />
(Maillard-Reaktion); deren Entstehen könnte auch<br />
auf Vorprodukte oder Zutaten zurückzuführen sein. Die<br />
Probe wurde als wertgemindert beurteilt.<br />
Im Berichtsjahr wurden wieder schwerpunktmäßig die<br />
Nitrit- und Nitratgehalte von Säuglings- und Kleinkinderlebensmitteln<br />
untersucht. Der höchste ermittelte Nitratgehalt<br />
lag bei 169 mg/kg, der durchschnittliche Gehalt<br />
aller 81 Proben betrug 43 mg/kg Nitrat. Der in der Diätverordnung<br />
festgelegte Grenzwert von 250 mg/kg war<br />
damit deutlich unterschritten. Die Nitritgehalte lagen ausnahmslos<br />
unter 1 mg/kg.<br />
Bei der Untersuchung von 104 Getreideprodukten und<br />
Obstbreien für Säuglinge auf den Wachstumsregulator<br />
Chlormequat wurden in 36 Proben (34,6 %) Rückstände<br />
dieser Substanz nachgewiesen. In 17 Proben von 6 verschiedenen<br />
Herstellern lag der Gehalt an Chlormequat<br />
über der in der Diätverordnung festgelegten Höchstmenge<br />
für Pflanzenschutzmittelrückstände. Der Hinweis auf ökologischen<br />
Anbau wurde bei 17 Proben, die teilweise aus<br />
derselben Charge stammten, als irreführend beurteilt.<br />
Die Rückstandssituation von Pflanzenschutzmitteln in<br />
Säuglings- und Kleinkindernahrung wird in Teil B II Kapitel<br />
2 behandelt.<br />
Diätetische Lebensmittel [49]<br />
Von 161 Proben waren 8 (5%) zu beanstanden.<br />
Jahresbericht <strong>2002</strong><br />
Ein „Diabetikerbrot“ war durch Austausch von Mehl gegen<br />
10 % Speisekleie, 10 % Roggenvollkornschrot und<br />
10 % Roggenvollkornmehl hergestellt worden. Diätetische<br />
Lebensmittel müssen sich in ihrer Zusammensetzung bzw.<br />
hinsichtlich des Herstellungsverfahrens maßgeblich von Lebensmitteln<br />
des allgemeinen Verzehrs unterscheiden. Der<br />
Austausch von Mehl durch Speisekleie, Roggenvollkornschrot<br />
und Roggenvollkornmehl ist bei der Herstellung von<br />
Sauerteigbrot des allgemeinen Verzehrs durchaus üblich<br />
und rechtfertigt daher nicht die Bezeichnung „Diät“-brot.<br />
Jahresbericht <strong>2002</strong><br />
Die weiteren Beanstandungen betrafen die Kennzeichnung:<br />
• Fehlende bzw. unzutreffende Angaben des Brennwerts<br />
oder der Gehalte an Fett, Eiweiß und Kohlenhydraten,<br />
• unzutreffende Angaben der Gehalte an Zuckern bzw.<br />
Zuckeralkoholen,<br />
• alleinige Angabe „Diät“, d.h. fehlende Angabe des<br />
Ernährungszwecks,<br />
• unzutreffender Hinweis „mit einer Zuckerart“,<br />
• Angabe der Markenbezeichnung „Sionon“ im Zutatenverzeichnis<br />
an Stelle der Zucker/Zuckeralkohole,<br />
• fehlender Hinweis „kann bei übermäßigem Verzehr<br />
abführend wirken“ bei Sorbitgehalten über 10 %.<br />
Nahrungsergänzungsmittel [51]<br />
Von 129 Proben waren 56 (43 %) zu beanstanden.<br />
Obgleich unter Sachkennern Einigkeit besteht, dass Nahrungsergänzungsmittel<br />
(NEM) für denjenigen, der sich vernünftig<br />
– d. h. ausgeglichen – ernährt, absolut unnötig<br />
sind, boomt dieser Bereich ungebrochen. Ohne zusätzliche<br />
Zufuhr von Zink, Selen, Aloe vera, exotischen Pflanzen,<br />
Mineralstoff- und Vitamincocktails – um nur einige der<br />
„Modedrogen“ zu nennen, ist die Existenz des Menschen<br />
im 21. Jahrhundert ganz offensichtlich gefährdet.<br />
Auf eine gewisse Kanalisierung des teilweise schillernden<br />
Marktes lässt die EG-Richtlinie über NEM hoffen, die recht<br />
klare Definitionen und Richtungsweisungen gibt und im<br />
Jahr 2003 ins nationale Recht umgesetzt werden muss:<br />
• Nahrungsergänzungsmittel sollen der Ergänzung der<br />
normalen Ernährung mit bestimmten Nährstoffen in<br />
konzentrierter Form dienen, wenn diese z. B. durch einseitige<br />
Ernährung nicht in ausreichender Menge zugeführt<br />
werden. Nahrungsergänzungsmittel sind zwar<br />
– sofern sie nicht diätetischen Zwecken dienen –<br />
Lebensmittel des allgemeinen Verzehrs. Sie dienen aber<br />
nicht der Energieversorgung, also der „normalen“<br />
Ernährung. Herkömmliche, auch angereicherte Lebensmittel,<br />
sind keine Nahrungsergänzungsmittel.<br />
• Die gezielte Beeinflussung von Körperfunktionen ist<br />
ebenfalls nicht Zweck von Nahrungsergänzungsmitteln,<br />
entsprechende Werbung ist daher nicht gerechtfertigt.<br />
Derzeit werden aber auch „Nahrungsergänzungsmittel“<br />
mit Stoffen oder Werbeaussagen angeboten, die keine<br />
Lebensmitteleigenschaften erkennen lassen.<br />
Es folgt eine beispielhafte Auswahl:<br />
• DHEA = Dehydroepiandrosterol ist ein schwach androgen<br />
wirksames Hormon der Nebennierenrinde. Hormone<br />
sind Stoffe, die überwiegend zu anderen Zwecken<br />
als zur Ernährung oder zum Genuss bestimmt sind.<br />
„Nahrungsergänzungsmittel“ mit entsprechenden Zusätzen<br />
sind damit keine Lebensmittel im Sinne des<br />
Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes.<br />
• Avena Sativa „wird aus grünem Hafer gewonnen und<br />
steigert das sexuelle Verlangen sowohl bei Männern als<br />
auch bei Frauen! Die Wirkung wird dadurch erklärt, dass<br />
der Blutspiegel des freien Testosterons angehoben wird<br />
und dadurch auch die Libido“ – ein Ernährungszweck ist<br />
nicht erkennbar.<br />
Mabele<br />
Im Herbst tauchte in Afro-Shops in Baden-Württemberg<br />
„Mabele“ auf, auch Calabash-Kreide genannt. Hierbei<br />
handelt es sich um ein mineralisches Produkt, das unter anderem<br />
von stillenden Müttern und schwangeren Frauen<br />
in einigen Gebieten Afrikas gegen Schwangerschaftsübelkeit<br />
verzehrt wird. In verschiedenen Proben wurden Gehalte<br />
im Bereich von 8 – 50 mg Blei /kg Erzeugnis ermittelt.<br />
Hohe Bleigehalte bedeuten ein Risiko für die geistige Entwicklung<br />
des Fötus und des Kleinkindes. Gefährlich ist<br />
auch die fortgesetzte Aufnahme kleiner Bleimengen bei Erwachsenen,<br />
da Blei vor allem in den Knochen gespeichert<br />
wird. Die chronische Exposition führt zur Blockierung von<br />
Enzymsystemen, was sich in Kopfschmerzen, Koliken, Anämie<br />
und Muskelschwäche äußert.<br />
Aufgrund dieser gesundheitlichen Risiken, nicht zuletzt für<br />
Ungeborene und Neugeborene und dem von der WHO<br />
festgesetzten Wert für die vorläufig duldbare wöchentliche<br />
Aufnahme (PTWI-Wert, Provisional Tolerable Weekly Intake)<br />
von 25 µg Blei/kg Körpergewicht wurde für Mabele<br />
eine EU-Schnellwarnung herausgegeben und das Produkt<br />
vom Markt genommen.<br />
Arzneimittel oder Lebensmittel<br />
<strong>CVUA</strong> Stuttgart<br />
Bei Nahrungsergänzungsmitteln werden häufig Aussagen,<br />
die krankheitsbezogen und damit für Lebensmittel unzulässig<br />
sind, beanstandet. Ist bei einem Erzeugnis kein<br />
Ernährungszweck mehr gegeben, machen krankheitsbezogene<br />
Aussagen das Produkt zum Arzneimittel, welches<br />
zur weiteren Überprüfung der Arzneimittelüberwachung<br />
übergeben wird.<br />
47