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Dressurpädagogik? Nein danke! - Janusz Korczak Institut

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„Moralerziehung“, verstanden als Verabreichung moralischer Lektionenan das „belieferungsbedürftige Mängelwesen Kind“ (Gronemeyer),ist nur ein verquerer Wunschtraum. Wir werden zu moralisch integren,nun ja, etwas vorsichtiger formuliert: dem Bemühen nach moralisch integrenMenschen durch soziale Schlüsselerlebnisse und überzeugendeVorbilder. Natürlich spielen hierbei die frühen Jahre eine entscheidendeRolle (wenngleich das Dogma, Versäumtes sei unwiederbringlich versäumt,längst aufgegeben werden musste). Gruen hat recht: Die frühkindlicheErfahrung jenes „grundlegenden Einvernehmens“ in sanfter,inniger Zweisamkeit ist von unschätzbarem Wert. Ferner hängt viel davonab, ob das Kind, trotz mancher unvermeidlichen Enttäuschung, ausreichendGelegenheit findet, sich zu vergewissern, dass Gemeinschaftgelingen kann und Solidarität im Vergleich mit Rivalität die erstrebenswertereArt des zwischenmenschlichen Umgangs ist. Kindergärten undSchulen müssten es heute als eine ihrer Hauptaufgaben begreifen, dasPrinzip der gegenseitigen Hilfe zu kultivieren – nicht durch Belehrungen,sondern dadurch, dass sie der natürlichen Lust des Kindes am Schenken,Teilen und Helfen genügend Raum geben. Und schließlich: Kinder hegeneine spontane, nachahmungsbereite Sympathie für das „Gute“, wenn esihnen begegnet in Gestalt von Erwachsenen, die nicht viel darüber reden,sich aber umso mehr darum bemühen. Da entsteht ein wortlosesEinverständnis. Ein Wärme-Wechselstrom. Der zudringlich moralisierendeHabitus hingegen hat etwas Kaltes und übt keinerlei Anziehungskraft aufdas kindliche Gemüt aus. Im Gegenteil, er wirkt abschreckend.Deshalb sollten Pädagogen, die in punkto „Moralerziehung“ (genaugenommen ein Unwort) ihr Bestes geben wollen, nach Möglichkeit keineBelehrungen erteilen, sondern selbst die Belehrung sein, indem sie ErichKästners berühmtes Bonmot beherzigen: „Es gibt nichts Gutes, außerman tut es.“ Wir können uns alles Gerede über Anstand und Rücksichtnahmesparen, wenn die Kinder nicht täglich ganz konkret erleben, wasdamit gemeint ist. Behandeln wir sie dementsprechend! Und behandelnwir uns auch gegenseitig so! (Noch einmal: das Bemühen zählt.) Wie dieErwachsenen im Beisein der Kinder miteinander umgehen und voneinandersprechen, wie sie ihr Leben gemeinsam gestalten und Konfliktsituationenbewältigen, ist „moralerzieherisch“ weitaus bedeutsamer als der21

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