kommt – für das „Konzept ´Kind als Partner`“ (Winterhoff) eintrat,zum Anlass, etwas genauer hinzuschauen.Partner, ein in den allgemeinen Sprachgebrauch eingegangenesFremdwort, heißt übersetzt: Teilhaber, Teilnehmer, Beteiligter, Gefährte.Für Pikler ist das Kind ein am Prozess der eigenen motorischen, psychischenund mentalen Reifung aktiv beteiligtes, kompetentes Gegenüber;ein Schicksalsgefährte, mit dem uns die besondere Beziehung verbindet,dass wir ihm helfen, sich in einer ihm noch fremdem Welt orientieren zulernen. Daher wählt sie mit Bedacht und völlig korrekt den Begriff Partner.Es wäre sicher auch im Sinne Piklers, von einem Freund zu sprechen(hier sind wir etymologisch einerseits auf Friede, Freiheit, andererseitsauf Schutz, Schonung, Beistand zurückverwiesen), aber Partner betonteben den Aspekt der Kooperation, des aktiven Mitwirkens, auf den siebesonders hinweisen wollte. – Winterhoff kann sich, wie wir gesehen haben,für diese „moderne Denkweise“ überhaupt nicht erwärmen undfordert, zur „traditionellen Denkweise“ zurückzukehren. Letztere besagt,Kinder seien den Erziehungspersonen naturgemäß „unterstellt“(erstes Buch) und könnten schon deshalb schwerlich als Partner betrachtetwerden, weil sie bis zum achten, neunten Lebensjahr „im psychiatrischenSinne“ (was wohl heißen soll: aus entwicklungspsychologischerSicht) noch nichts von dem haben, was „die Persönlichkeit einesMenschen ausmacht“ (zweites Buch). Wieder diese unverfrorene,grundfalsche Behauptung! Sie ist unseres Erachtens nicht mehr durchdas Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt.Kinder sind den Erwachsenen unterstellt? Formalrechtlich kann mandas so sehen. Aus pädagogischer Sicht ist diese Annahme, „restlos verfehlt“(Bergmann). Kinder sind abhängig von den Erwachsenen, gewiss.Ein Abhängigkeitsverhältnis muss aber kein Machtverhältnis sein. Beidesautomatisch gleichzusetzen, liegt in der Logik des simpel patriarchalischenWeltbildes, das Winterhoff und Bueb kultivieren. Der Abhängige istder Untergebene, Punkt. „So lange du deine Beine unter meinen Tischstreckst ...“ Wie anders, wie viel sensibler man die pädagogische Beziehunggerade im Hinblick auf den vermeintlichen Obrigkeitsstatus der Erwachsenenwahrnehmen kann, belegen zwei Zitate von <strong>Janusz</strong> <strong>Korczak</strong>:„Ihr sagt: ´Der Umgang mit Kindern ermüdet uns`. Ihr habt recht. Ihr24
sagt: ´Denn wir müssen zu ihrer Begriffswelt hinuntersteigen. Hinuntersteigen,uns herabneigen, beugen, kleiner machen.` Ihr irrt euch. Nichtdas ermüdet uns. Sondern dass wir zu ihren Gefühlen emporklimmenmüssen. Emporklimmen, uns strecken, auf Zehenspitzen stellen (...). Umnicht zu verletzen.“ Und an anderer Stelle: „Man fühlt sich manchmalklein und hilflos vor der kindlichen Gefühlswelt, die mächtiger ist als dieunsrige.“<strong>Korczak</strong> gilt vielen als antiquiert. Heute wird ein Winterhoff gefeiert.Wohin steuern wir?Erwachsene, die sich um einen partnerschaftlichen Erziehungsstilbemühen, sind laut Winterhoff ideologisch irregeleitet. Im Zentrum ihrerIdeologie stehe die Annahme, „dass bereits Kleinkinder ausschließlichdadurch lernen und sich fortentwickeln, indem man ihnenDinge, die sie tun sollen, erklärt“ und sie dann „selbst entscheiden“lässt. Erweist sich die Entscheidung als falsch, schreckt der partnerschaftsideologischverblendete Pädagoge nicht davor zurück, demKind „auch noch Schuldgefühle einzureden“. So denkt heute angeblichdie große Mehrheit der Eltern, Erzieher und Lehrer. Was soll man dazusagen? Welchen Zweck verfolgt Winterhoff damit, solche Gerüchte indie Welt zu setzen? Kein Mensch, der noch halbwegs bei Trost ist, behauptetim Ernst, kleine Kinder lernten und entwickelten sich ausschließlichdadurch, dass man ihnen, wenn sie etwas tun sollen (egal was), denSachverhalt auseinandersetzt und sie dann selbst entscheiden lässt.Zwar gilt es mit gutem Grund als goldene Grundregel der aufgeklärtenPädagogik, Kinder möglichst wenig zu bevormunden, aber niemand bestreitet,dass der Erwachsene, wenn nötig, ohne Zaudern und Zagen dieFührung übernehmen muss. Gewiss, es gibt Eltern, die immerfort mit ihrenKindern verhandeln, auch über Unverhandelbares. Doch dahintersteckt in der Regel weder eine „moderne“ noch irgendeine andere„Denkweise“, sondern schiere Hilflosigkeit.Emmi Pikler gilt als Modernisiererin ersten Ranges. Doch vergebenssucht man bei ihr oder anderen VerfechterInnen einer dialogischnondirektivenKleinkindpädagogik (Francoise Dolto, Anna Tardos, ElfriedeHengstenberg, Remo Largo, Bart Maris, Nicola Fels u.v.m.) nach Spurender von Winterhoff angeprangerten Einstellung. Uns ist nicht bekannt,25
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Herbst 2009Studienkreis für Neue P
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Fabian, WolfgangFreier JournalistHe