gen“. Dabei war das doch nur sinnbildlich gemeint! Welch tragischesMissverständnis.Jeder mag nun selbst entscheiden, ob bei Winterhoff wirklich Intuitiondrin ist, wo Intuition draufsteht. Wenn ja, könnte man sich bei jederwütenden Reaktion auf tatsächlich oder vermeintlich unpassende Bemerkungeneines Mitmenschen zu Gute halten, man hätte ihn rein intuitivzusammengestaucht. So werden Begriffe misshandelt. „Erziehungklassisch“ ist das Kapitel überschrieben. Die war bekanntermaßen wenigzimperlich. Aber intuitiv?WärmeplastikWir sagten, Winterhoff treibe ein Verwirrspiel. Hierzu noch zwei Beispiele:● Irgendwo im ersten Buch rät er dringend davon ab, „auf Kontaktaufnahmedes Kindes reflexartig“, nämlich „unüberlegt“ zureagieren. Genau das aber empfiehlt er in den Intuitionskapiteln ausdrücklich.● Da wird nun Eltern, Erziehern und Lehrern eingehämmert, wieweltwichtig es sei, die Vorbehalte gegen ein manipulatives, interventionistischesErziehungsverständnis aufzugeben; den Kindern aus einer„abgegrenzten“ Position heraus Benimmregeln und Arbeitstugendenanzutrainieren; unter keinen Umständen zuzulassen, dass sie ihren Willendurchsetzen; Fehlverhalten zu sanktionieren („zumindest verbal“)und auf der unverzüglichen Befolgung von Anweisungen zu bestehen ...und dann erklärt Winterhoff gegen Ende des ersten Buches: „Es kannalso nicht darum gehen, Kinder strenger zu erziehen. (Und) eshilft auch nichts, die vermeintlich (?) verzogenen Kinder mit erzieherischenMaßnahmen zu bestrafen und davon irgendeinenEffekt zu erhoffen.“ Arme ratsuchende Eltern!Noch mal von vorn: „Autorität und Hierarchie“ sind wichtige„Eckpunkte im Verhalten gegenüber Kindern.“ (Winterhoff meintMachtautorität und Machthierarchie, das ist zur Genüge deutlich geworden.)Der Lehrer darf nicht dulden, dass ein Kind zwei Aufforderungen58
aucht, bis es tut, was er verlangt. Ferner „müsste klar (sein), dassSchüler nur reden, wenn sie dran sind.“ Eltern sollen ihren Kindernstreng den Mund verbieten, sobald diese ein Erwachsenengespräch unterbrechen.„Bildung der Psyche bedeutet ständiges Training ihrerFunktionen“, nämlich: „zuhören, aufpassen, mitarbeiten“. Undso weiter. Nur darf man sich von alledem nicht den geringsten Effekt erhoffen,weil Strenge keine Wirkung hat. Also doch eher bitten? <strong>Nein</strong>,nein, das ist ja der Sündenfall schlechthin! Verhandeln? Noch schlimmer!Erklären? Bewahre! Ja aber was denn nun?Winterhoff wollte mit diesem Durcheinander, so steht zu befürchten,Folgendes zum Ausdruck bringen: Die Konditionierung soll schon imKleinstkindalter vehement beginnen. Dazu müssen die Eltern genügendabgegrenzt auftreten und das Kind konsequent von oben herab behandeln(weil es sonst, wie Winterhoff meint, zu seinem Schaden „aus deruntergeordneten Rolle zwangsbefreit wird“). Werden die Kindervon Anfang an konsequent abgerichtet, so dass sie gar nicht erst in dieVerlegenheit kommen, etwas anderes zu wollen, als auf Zuruf zu folgen,erübrigen sich Strenge und Strafen. Sind hingegen die Kleinen bereits„aus dem Ruder gelaufen“, haben Strenge und Strafen sowieso keinenEffekt mehr. Und dann? Es gibt ja noch die segensreiche Pharma-Industrie ...Zurück zu dem „Aggressionspotential“, das sich angeblich bei denheutigen Kindern und Jugendlichen ansammelt, weil sie nicht oft genug„intuitiv“ in die Schranken gewiesen werden. Lassen wir einen von Winterhoffsberühmtesten Fachkollegen zu Wort kommen, den schon zitiertenArno Gruen, Psychiater und weltweit angesehener psychoanalytischorientierter Aggressionsforscher. Gruen schreibt: Ein Kind, das ständigdiszipliniert wird, verliert „den Bezug zu den sanften Reizen. Anstatt aussich heraus Verhalten initiieren zu können, ordnet (es) sich dem Willender Autorität unter. Doch seine Unterordnung wird zugleich zur Quelleunerkannter und deshalb unbeherrschbarer und unlenkbarer Aggression.Denn jede Lenkung von außen bewirkt eine Unterdrückung der eigeneninneren Möglichkeiten, die Umwelt zu bewegen. Dadurch (entsteht)Hilflosigkeit (und) zusammen mit der Hilflosigkeit (...) Aggression, die, daman sich ihres Ursprungs nicht mehr bewusst ist, für gewöhnlich nach59
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