Welt im Wandel: Herausforderung für die deutsche Wissenschaft ...
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94 B 3 Deutsche Forschung zum Globalen <strong>Wandel</strong><br />
beziehen, sind häufig theoretisch und/oder empirisch<br />
gestützte Mehrkomponentenmodelle des Umweltverhaltens<br />
(WBGU, 1996). Sie lassen in ihrer heterogenen<br />
Gesamtheit bislang lediglich den Schluß zu,<br />
daß eine ganze Reihe von miteinander interagierenden<br />
Faktoren <strong>für</strong> umweltrelevante Verhaltensweisen<br />
verantwortlich sind, u.a.:<br />
• Das Wissen über ökologische Zusammenhänge.<br />
• Individuelle Einstellungen und Werthaltungen<br />
(„Umweltbewußtsein“).<br />
• Handlungsanreize und -motivationen.<br />
• Handlungsangebote und -gelegenheiten.<br />
• Faktoren des kulturellen und sozialen Kontexts<br />
(z.B. wahrgenommene soziale Normen, Modellverhalten<br />
anderer Menschen, vorhandene Lebensstile).<br />
• Soziodemographische Variablen (Alter, Geschlecht,<br />
Bildungsgrad etc.).<br />
Die Phänomene des Globalen <strong>Wandel</strong>s (z.B. das<br />
Ozonloch oder der Rückgang der biologischen Vielfalt)<br />
sind nur selten unmittelbar erfahrbar, sondern<br />
werden in der Regel durch <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>n vermittelt. Sie<br />
sind komplexer Natur, und über ihre tatsächlichen,<br />
langfristigen Auswirkungen besteht Unsicherheit. Im<br />
Zusammenhang mit <strong>die</strong>sen situativen Spezifika konzentriert<br />
sich <strong>die</strong> geistes-, sozial- und verhaltenswissenschaftliche<br />
Forschung zu verhaltensbeeinflussenden<br />
Faktoren vor allem auf Aspekte der Wahrnehmung<br />
und Bewertung von Phänomenen des Globalen<br />
<strong>Wandel</strong>s sowie des kognitiven Umgangs mit entsprechenden<br />
Informationen (Suche, Rezeption und<br />
Verarbeitung von Information).<br />
Bisher dominieren in dem hier skizzierten Forschungsbereich<br />
einzeldisziplinäre Annäherungen an<br />
den Untersuchungsgegenstand. Das führt dazu, daß<br />
z.B. semantische und monetäre Bewertungsansätze<br />
von Umweltgütern bzw. -problemen relativ unverbunden<br />
nebeneinanderstehen. Auch ist eine Zusammenführung<br />
beispielsweise von Ergebnissen der empirischen<br />
Einstellungs- und Werteforschung und der<br />
qualitativ orientierten ethischen Werteforschung<br />
noch nicht erfolgt, ebensowenig von Forschungen zu<br />
monetären und nicht-monetären Verhaltensanreizen.<br />
Spezifische Handlungskontexte<br />
Ein wichtiges Forschungsparadigma der Psychologie<br />
sowie – weitgehend unabhängig davon – der Wirtschaftswissenschaft<br />
sind ökologisch-soziale Dilemmasituationen,<br />
<strong>die</strong> prototypisch und modellhaft den<br />
Umgang von Menschen mit öffentlichen Gütern zu<br />
analysieren versuchen. Der strukturelle Dilemmacharakter<br />
der Phänomene des Globalen <strong>Wandel</strong>s<br />
verleiht der Erforschung menschlicher Verhaltensweisen<br />
unter entsprechenden Bedingungen besondere<br />
Relevanz. Häufig wird dabei, etwa auf der Grund-<br />
lage von Computers<strong>im</strong>ulationen oder in exper<strong>im</strong>entellen<br />
Anordnungen, das interdependente Handeln<br />
von Personengruppen in Abhängigkeit von Variationen<br />
der Situation analysiert. Unter anderem geht es<br />
um <strong>die</strong> Frage, unter welchen Umständen das wahrgenommene<br />
Verhalten Dritter (z.B. weltweite Flugreisen),<br />
dessen quantitativer Ausprägung (z.B. 80% der<br />
Bundesbürger) sowie Informationen über <strong>die</strong> Begrenztheit<br />
von Ressourcen (<strong>im</strong> Beispiel: Belastbarkeit<br />
der Atmosphäre mit Schadstoffen) das eigene<br />
Handeln beeinflussen. Der normative Gehalt des<br />
Umgangs mit der Problematik öffentlicher Güter<br />
wird u.a. in biozentrischen Ansätzen der Umweltethik<br />
thematisiert, <strong>die</strong> der bedrohten Natur einen eigenen<br />
Rechtsstatus einräumen möchten.<br />
Spezifische Aspekte der GW-Problematik werden<br />
auch von Forschungsansätzen zum Umgang mit<br />
komplexen Situationen bzw. Problemen berührt. Dabei<br />
zeigt sich, daß <strong>die</strong> Möglichkeiten des Menschen<br />
zu „systemischem Denken“ begrenzt sind. Angesichts<br />
komplexer Problemlagen neigen Menschen<br />
vielmehr dazu, auf bewährte, vereinfachende und daher<br />
oft unangemessene Denk- und Problemlösemuster<br />
zurückzugreifen.<br />
Zum Handeln unter Unsicherheit bzw. zum Umgang<br />
mit Risiken und den jeweiligen Einflußfaktoren<br />
existiert bereits eine ganze Reihe von meist empirisch<br />
orientierten Forschungsarbeiten. Insbesondere<br />
<strong>Wissenschaft</strong>ler aus Psychologie, Soziologie und<br />
Kommunikationswissenschaft beschäftigen sich hier<br />
vor allem mit Fragen der Wahrnehmung, Akzeptanz<br />
und Kommunikation von Risiken. Allerdings konzentriert<br />
sich <strong>die</strong> entsprechende Forschung meist auf<br />
Risiken aufgrund von Großtechnologien (z.B. Kernenergie,<br />
Bio- und Gentechnologie), der Phänomenbereich<br />
des Globalen <strong>Wandel</strong>s hingegen ist bislang<br />
noch deutlich unterrepräsentiert. Letzteres trifft<br />
auch auf Forschungsbeiträge der Ethik zu <strong>die</strong>sem<br />
Themenkomplex zu, <strong>die</strong> sich u.a. mit der gesellschaftlichen<br />
Zumutbarkeit von Risiken, der Verbesserung<br />
der Risikoanalyse, ethischen und juristischen Konsequenzen<br />
aus der Risikoabschätzung sowie Bedingungen<br />
<strong>für</strong> einen kollektiv verbindlichen, rationalen Risikovergleich<br />
befassen.<br />
Gesellschaftliche akteure<br />
Problemlösungsorientierte geistes-, sozial- und<br />
verhaltenswissenschaftliche Forschung zum Globalen<br />
<strong>Wandel</strong> kommt nicht umhin, <strong>die</strong> einzelnen Akteure<br />
und Akteursgruppen in den Blick zu nehmen<br />
und ihr Verhalten auf den unterschiedlichen Ebenen<br />
der Gesellschaft zu analysieren. Dazu zählt <strong>die</strong> Untersuchung<br />
umweltrelevanten Verhaltens und seiner<br />
Bedingungen <strong>für</strong> spezifische Teilgruppen der Gesellschaft<br />
(z.B. Frauen, Kinder, alte Menschen) ebenso<br />
wie <strong>die</strong> Untersuchung von Implikationen der ver-