Welt im Wandel: Herausforderung für die deutsche Wissenschaft ...
Welt im Wandel: Herausforderung für die deutsche Wissenschaft ...
Welt im Wandel: Herausforderung für die deutsche Wissenschaft ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
72 B 3 Deutsche Forschung zum Globalen <strong>Wandel</strong><br />
3.5.4.6<br />
Internationale Wanderungen<br />
Wenn <strong>die</strong> bisher dargestellten Problemkomplexe<br />
der Stadt-Land-Beziehungen, des informellen Sektors<br />
sowie der intranationalen Wanderungen verstärkt<br />
auftreten, muß, wie in den letzten Jahren bereits<br />
festzustellen war, von einer Zunahme internationaler<br />
Migrationsschübe ausgegangen werden.<br />
Nach Schätzungen des Bevölkerungsfonds der Vereinten<br />
Nationen lebten 1995 ca. 100 Mio. Menschen<br />
außerhalb ihres Geburtslands, das sind rund 1,7 %<br />
der <strong>Welt</strong>bevölkerung. Rund 14,4 Mio. von ihnen waren<br />
Flüchtlinge und Asylsuchende, zusätzlich lebten<br />
etwa 13 Mio. in flüchtlingsähnlichen Situationen.<br />
Etwa 23 Mio. Menschen, <strong>die</strong> vor Unruhen, Gewalt,<br />
vor Dürre und Umweltkatastrophen geflüchtet waren,<br />
werden als internally displaced persons bzw. als<br />
Flüchtlinge <strong>im</strong> eigenen Land eingestuft.<br />
Für <strong>die</strong> potentiellen Einwanderungsländer – also<br />
auch Deutschland – ergeben sich Probleme durch<br />
den erwarteten zunehmendem Wanderungsdruck.<br />
Daraus läßt sich folgender Forschungsbedarf ableiten:<br />
• Eine Migrationspolitik ohne zuverlässige Prognosen<br />
über Zahl und Herkunft künftiger Migranten<br />
läuft Gefahr, tiefgreifende Fehlentscheidungen zu<br />
treffen. Die Forschungsbemühungen sollten daher<br />
zunehmend der Identifikation von Quellgebieten<br />
internationaler Migrationen gelten, um auf der<br />
Grundlage der daraus gewonnenen Informationen<br />
frühzeitig und steuernd auf absehbare Entwicklungen<br />
Einfluß nehmen zu können.<br />
• Für das Erkennen und Verstehen des Globalen<br />
<strong>Wandel</strong>s bedarf es einer systematischen Erfassung<br />
der wanderungsrelevanten Motivstrukturen, um<br />
Aussagen über Richtung und Ausmaß zukünftiger<br />
internationaler Migrationen zu ermöglichen.<br />
3.5.4.7<br />
Megastädte <strong>im</strong> System globaler Vernetzung<br />
Während der Anteil der städtischen Bevölkerung<br />
in den Industrieländern von 1980 bis zum Jahr 2000<br />
nur noch geringfügig auf knapp 75 % steigen wird,<br />
wird er in den Entwicklungsländem um 10 % auf fast<br />
40 % und bis 2020 auf schätzungsweise 53 % zunehmen<br />
(UN, 1995). In Lateinamerika wird der Anteil<br />
der städtischen Bevölkerung bereits <strong>im</strong> Jahr 2000 höher<br />
sein als in den Industrieländern.Afrika, das noch<br />
<strong>im</strong>mer als der „ländliche“ Kontinent gilt, hat bereits<br />
jetzt einen höheren Verstädterungsgrad als Asien<br />
und weist <strong>die</strong> höchste Verstädterungsrate auf. Bis<br />
zum Jahr 2020 wird voraussichtlich fast jeder zweite<br />
Mensch in den Entwicklungsländern, insgesamt 2,2<br />
Mrd., in Millionenstädten leben. In Afrika wird es<br />
nach den Prognosen der Vereinten Nationen dann<br />
mehr als 30 Städte mit mindestens 4 Mio. Einwohnern<br />
geben, <strong>die</strong> <strong>im</strong> Rahmen der fortschreitenden internationalen<br />
Arbeitsteilung in globale Kapital-, Informations-<br />
und Warenströme eingebunden sind. Die<br />
Frage wird sein, ob <strong>die</strong> globale Vernetzung der Megastädte<br />
und <strong>die</strong> damit verknüpften Wohlfahrtseffekte<br />
auch Entwicklungs<strong>im</strong>pulse auf das jeweilige Umland<br />
haben werden oder ob <strong>die</strong>se urbanen Agglomerationen<br />
sich zu „Inseln ohne Ausstrahlung“ entwickeln.<br />
Hieraus läßt sich folgende Forschungsempfehlung<br />
ableiten:<br />
• Unsere Kenntnis der neu entstehenden Großagglomerationen<br />
in Entwicklungsländern und ihrer<br />
Einbindung in das globale System ist noch unvollständig.<br />
Ihre Phänotypen, ihre Wechselwirkungen<br />
mit den regionalen ökonomischen, sozialen,<br />
politischen und kulturellen Gegebenheiten<br />
sind noch herauszuarbeiten.<br />
3.5.4.8<br />
Bildung<br />
Mit einer Fördersumme von rund 1,7 Mrd. DM<br />
entfiel 1993 etwa ein Fünftel der staatlichen Entwicklungshilfe<br />
auf den Bildungssektor. Nicht zuletzt<br />
durch <strong>die</strong> Bildungsförderung hat <strong>die</strong> Zahl der Analphabeten<br />
seit Beginn der 80er Jahre weltweit abgenommen<br />
(1995 lag sie bei 885 Mio.). Dennoch hat<br />
sich <strong>die</strong> Bildungskluft mit den entsprechenden Wissensdefiziten<br />
zwischen Industrie- und Entwicklungsländern<br />
und innerhalb der letztgenannten Gruppe<br />
weiter vergrößert. Dieser Trend gefährdet nicht nur<br />
<strong>die</strong> wirtschaftliche Entwicklung in der Dritten <strong>Welt</strong>;<br />
eine mangelhafte gesellschaftliche Grundbildung bedroht<br />
auch <strong>die</strong> Bemühungen zur Begrenzung des Bevölkerungswachstums,<br />
zur Erhaltung der Umwelt,<br />
zur Förderung von Demokratisierung und zur Wahrung<br />
des Friedens und der Menschenrechte (BMZ,<br />
1995).<br />
Viele Faktoren hindern arme Haushalte, <strong>die</strong> Vorteile<br />
eines Bildungswesens zu nutzen. Wenn <strong>die</strong> Kinder<br />
inner- und außerhalb der Familie mitarbeiten<br />
müssen, ist es kostspielig, sie in eine Schule zu schikken.<br />
Die Vorteile einer Grundbildung kommen dann<br />
tatsächlich nur den besser gestellten Familien zugute.<br />
Insbesondere <strong>die</strong> Bildung von Frauen ist in vielen<br />
Gesellschaften noch schwach entwickelt (WBGU,<br />
1996). Hieraus ergibt sich folgender Forschungsbedarf:<br />
• Bereits ein Mindestmaß an Bildung, insbesondere<br />
<strong>für</strong> Frauen, beeinflußt <strong>die</strong> gesamtgesellschaftliche<br />
Entwicklung positiv. Häufig bleibt <strong>die</strong> Wahrnehmung<br />
des Bildungsangebots allein aus sprachli-