10.09.2012 Aufrufe

Welt im Wandel: Herausforderung für die deutsche Wissenschaft ...

Welt im Wandel: Herausforderung für die deutsche Wissenschaft ...

Welt im Wandel: Herausforderung für die deutsche Wissenschaft ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

schen Vielfalt bei landwirtschaftlichen Nutzpflanzen<br />

und -tieren (Generosion) ist eine Folge der Einengung<br />

des Artenspektrums und der Verdrängung lokal<br />

angepaßter Kulturformen und alter Landsorten und<br />

-rassen durch züchterisch bearbeitete und <strong>im</strong> großen<br />

Maßstab eingesetzte Hochleistungssorten und -rassen.<br />

Bei der Erforschung und Erhaltung der genetischen<br />

Diversität sind Genbanken (z.B. das Institut<br />

<strong>für</strong> Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung in<br />

Gatersleben) von großer Bedeutung. Es gibt bereits<br />

internationale Initiativen gegen <strong>die</strong> genetische Erosion<br />

bei Kulturpflanzen, <strong>die</strong> u.a. <strong>die</strong> Erforschung,<br />

Sammlung, Dokumentation und Erhaltung von<br />

pflanzengenetischen Ressourcen zum Ziel haben<br />

(„Internationale Verpflichtung zu pflanzengenetischen<br />

Ressourcen“, FAO). Die 4. Internationale<br />

Technische Konferenz der FAO zu pflanzengenetischen<br />

Ressourcen (Leipzig, Juni 1996) hat den aktuellen<br />

Stand auf <strong>die</strong>sem Gebiet dargelegt und ein<br />

globales Aktionsprogramm zum Erhalt der pflanzengenetischen<br />

Ressourcen erarbeitet. Der <strong>deutsche</strong><br />

Bericht zu <strong>die</strong>ser Konferenz geht u.a. auch auf den<br />

Forschungsbedarf zu pflanzengenetischen Ressourcen<br />

ein (BML, 1996).<br />

Auch bei den sozialwissenschaftlichen Aspekten<br />

der Biodiversität finden sich noch große Forschungslücken.<br />

Grundlegend ist dabei <strong>die</strong> Frage, wie <strong>die</strong> ökonomischen<br />

und sozialen Einflußfaktoren definiert<br />

und in ihrer destruktiven, dem Erhalt der Biodiversität<br />

derzeit entgegenstehenden Wirkung geändert<br />

werden können. Dazu sind z.B. <strong>die</strong> Auswirkungen<br />

des internationalen Handels auf <strong>die</strong> Biodiversität,<br />

<strong>die</strong> Ausgestaltung und Umsetzung von internationalen<br />

Vereinbarungen und <strong>die</strong> entsprechenden ökonomischen<br />

Instrumente bzw. ordnungsrechtlichen<br />

Maßnahmen zu untersuchen.<br />

Ein Forschungsdefizit besteht weiterhin bei der<br />

Frage, wie <strong>die</strong> Partizipation der lokalen bzw. indigenen<br />

Bevölkerung bei der nachhaltigen Nutzung und<br />

der Erhaltung biologischer Ressourcen gewährleistet<br />

werden kann, wie in der AGENDA 21 gefordert<br />

wird. Im Zusammenhang mit capacity building ist<br />

noch unzureichend geklärt, wie Transfer und Nutzung<br />

von Daten, Methoden, finanziellen Mitteln und<br />

Techniken zur Biodiversität am sinnvollsten zu organisieren<br />

sind.<br />

3.4.4.2<br />

Strategie künftiger Biodiversitätsforschung<br />

Die globalen Aspekte der Biodiversitätsforschung<br />

sind, wie oben festgestellt, von großer Bedeutung.<br />

Dennoch gilt, daß regionale und nationale Forschungsansätze<br />

sehr wohl auch global bedeutsam<br />

Strategie künftiger Biodiversitätsforschung B 3.4.4.2<br />

sein können, da der Verlust der biologischen Vielfalt<br />

hauptsächlich durch <strong>die</strong> Akkumulation nationaler<br />

und regionaler Faktoren (wie Armut, Nährstoffeintrag,<br />

Übernutzung, Rodung, Landnutzungsänderungen,<br />

Erosion, Desertifikation) verursacht wird. Globale<br />

Probleme wie der anthropogene Treibhauseffekt<br />

und <strong>die</strong> verstärkte UV-B-Belastung tragen derzeit<br />

noch nicht in gleichem Maße zum Biodiversitätsverlust<br />

bei, müssen aber wegen der in Zukunft zu be<strong>für</strong>chtenden<br />

Effekte intensiv erforscht werden. Als<br />

Schwerpunkte der zukünftigen Biodiversitätsforschung<br />

in Deutschland bieten sich daher an:<br />

• Durchführung von bzw. Beteiligung an internationalen<br />

taxonomischen Projekten zur Arteninventarisierung<br />

(analog der Vorhaben von Diversitas<br />

oder Systematics Agenda 2000).<br />

• Durchführung von bzw. Teilnahme an einer globalen<br />

biogeographischen Erhebung zur Biodiversität.<br />

Hier wären insbesondere <strong>die</strong> aus anthropogenen<br />

Störungen resultierenden Veränderungen<br />

der Biodiversität und ihre Funktion in Ökosystemen<br />

zu untersuchen, was <strong>die</strong> Entwicklung einer<br />

Methodologie zum interregionalen Vergleich von<br />

Biodiversität voraussetzt (Solbrig, 1991). Hierzu<br />

sollten Gra<strong>die</strong>nten der Artenvielfalt zwischen Küsten-<br />

und Gebirgsregionen, Feucht- und Trockengebieten,<br />

warmen und kalten Kl<strong>im</strong>aten oder zwischen<br />

Süß- und Salzwasser <strong>für</strong> <strong>die</strong> niederen Breiten<br />

beschrieben und mit entsprechenden Gra<strong>die</strong>nten<br />

aus den mittleren Breiten verglichen werden.<br />

• Forschung zu Auswirkungen des Globalen <strong>Wandel</strong>s<br />

auf Biodiversität und Ökosysteme. Einige<br />

Themen seien hier stichwortartig genannt: Reaktionen<br />

von Ökosystemen auf stoffliche Belastungen<br />

bzw. auf Veränderungen des Kl<strong>im</strong>as und des<br />

Wasserhaushalts (siehe Kap. B 3.1); Bedeutung<br />

der Artenvielfalt <strong>für</strong> <strong>die</strong> Entwicklung stabiler Kulturlandschaften;<br />

Monitoring und Modelle zur Beschreibung<br />

der lokalen, regionalen und globalen<br />

Entwicklung von Ökosystemen.<br />

Der Umfang des in Kap. B 3.4.4.1 dargestellten<br />

Katalogs des Forschungsbedarfs macht deutlich, daß<br />

es ohne international koordinierte Schwerpunktsetzung<br />

und Arbeitsteilung nicht möglich sein wird, <strong>die</strong><br />

Aufgaben zu bewältigen. Im folgenden werden daher<br />

vier Bereiche formuliert, in denen <strong>die</strong> <strong>deutsche</strong> Forschung<br />

sich in Zukunft verstärkt engagieren sollte:<br />

1. Ein Teil der Schwächen der <strong>deutsche</strong>n Biodiversitätsforschung<br />

rührt daher, daß <strong>die</strong> organismische<br />

Biologie, <strong>die</strong> biologische Systematik und <strong>die</strong> Taxonomie<br />

einen starken Niedergang erfahren haben.<br />

Diese Disziplinen gelten zu unrecht als „antiquiert“<br />

und „unmodern“. Experten forderten bereits<br />

vor Jahren (Henle und Kaule, 1992; Sukopp,<br />

1992), daß eine moderne Taxonomie eine zentrale<br />

65

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!