Welt im Wandel: Herausforderung für die deutsche Wissenschaft ...
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98 B 3 Deutsche Forschung zum Globalen <strong>Wandel</strong><br />
zung, beides unter Berücksichtigung sozial- und<br />
verhaltenswissenschaftlicher sowie ethischer<br />
Aspekte.<br />
• Zusammenführung der Ergebnisse aus der empirischen<br />
Werteforschung (vor allem in Psychologie<br />
und Soziologie) mit normativ-ethischen Ansätzen.<br />
Spezifische Handlungskontexte<br />
Die Erforschung der Bedingungen menschlichen<br />
Verhaltens in ökologisch-sozialen Dilemmasituationen<br />
sollte zukünftig in den Geistes-, Sozial- und Verhaltenswissenschaften<br />
verstärkt unter der Perspektive<br />
des Globalen <strong>Wandel</strong>s aufgegriffen werden. Hier<br />
bieten sich vielversprechende Möglichkeiten zu interdisziplinärer<br />
Kooperation. Auch bezüglich der<br />
Problematik öffentlicher Güter empfiehlt der Beirat<br />
eine stärkere Zusammenarbeit zwischen Ethikern,<br />
Politologen, Juristen, Ökonomen und Psychologen.<br />
Mit Blick auf <strong>die</strong> Globalität der betrachteten Umweltveränderungen<br />
ist zudem <strong>die</strong> Entwicklung von<br />
Ansätzen voranzutreiben, <strong>die</strong> eine Integration soziologischer,<br />
politikwissenschaftlicher und ethischer<br />
Aspekte in <strong>die</strong> bisher vorwiegend ökonomisch dominierte<br />
Diskussion um Gerechtigkeitsaspekte bei der<br />
weltweiten Verteilung von Umweltbelastungen einerseits<br />
und Umweltschutzmaßnahmen andererseits<br />
ermöglichen (siehe Kap. B 3.7.5.2).<br />
Auch <strong>die</strong> bereits vorhandene Forschung zur Wahrnehmung<br />
und Akzeptanz von Risiken sollte auf GW-<br />
Themen ausgeweitet und stärker interdisziplinär akzentuiert<br />
werden. Ein möglicher Schwerpunkt könnte<br />
der Einfluß der (Risiko-)Wahrnehmung von Phänomenen<br />
des Globalen <strong>Wandel</strong>s auf <strong>die</strong> Akzeptanz<br />
<strong>die</strong>ser Risiken, auf Prozesse der Entscheidungsfindung<br />
und auf konkretes umweltrelevantes Handeln<br />
sein.<br />
Gesellschaftliche Akteure<br />
Geistes-, sozial- und verhaltenswissenschaftliche<br />
Forschung sollte stärker als bisher konkrete Akteure<br />
und Akteursgruppen des Globalen <strong>Wandel</strong>s identifizieren<br />
und in ihren jeweiligen Verhaltenskontexten<br />
untersuchen. Bislang eher selten untersuchte, aber<br />
GW-relevante Gruppen sind z.B. Entscheidungsträger<br />
in Politik und Wirtschaft sowie Multiplikatoren<br />
wie etwa Journalisten. Dies käme u.a. der Konzeption<br />
zielgruppenspezifischer Strategien der Verhaltensänderung<br />
zugute, <strong>die</strong> sich in der Regel durch<br />
hohe Wirksamkeit und Kosteneffizienz auszeichnen.<br />
Spezifische Verhaltensmuster<br />
Letztlich sind es weniger einzelne, separierbare<br />
Verhaltensweisen (Energie- und Wassersparen, Mobilität<br />
etc.), sondern <strong>die</strong> Produktions- und Konsumtionsweisen<br />
der „entwickelten“ Länder sowie <strong>die</strong><br />
dort praktizierten Lebensstile, <strong>die</strong> nicht-nachhaltig<br />
sind und wesentlich zu den globalen Umweltproblemen<br />
beitragen. Die Entwicklung von Alternativen<br />
hierzu setzt <strong>die</strong> Identifikation und Untersuchung<br />
komplexer Verhaltensmuster in den entsprechenden<br />
Kulturen, ihrer Werte und Normen sowie ihrer Wirtschaftsweise<br />
und der sich daraus ergebenden Handlungsspielräume<br />
voraus. Auch da<strong>für</strong> bieten sich integrative<br />
Forschungsansätze über <strong>die</strong> einzelnen relevanten<br />
Disziplinen hinweg an.<br />
Zudem sollten <strong>die</strong> unterschiedlichen Entwicklungssta<strong>die</strong>n<br />
und -pfade der <strong>Welt</strong>gesellschaft <strong>im</strong> Hinblick<br />
auf <strong>die</strong> Einstellung zu sowie <strong>die</strong> Nutzung von<br />
natürlichen Ressourcen beschrieben und einer vergleichenden<br />
Analyse unterzogen werden. Im Zeitverlauf<br />
könnten so mögliche Determinanten einer<br />
nachhaltigen Entwicklung bzw. umweltverträglicherer<br />
Naturnutzungsformen extrahiert werden.<br />
Dennoch ist auch weiterhin Forschung zu Ursachen<br />
und Folgen einzelner Verhaltensweisen und ihrer<br />
Verknüpfung notwendig, insbesondere vor dem<br />
kulturellen Hintergrund der Entwicklungsländer.<br />
Mögliche Themen sind hier:<br />
• Abwanderung aus Gefährdungsgebieten (Migration).<br />
• Urbanisierung und Umgang mit Abfall.<br />
• Tourismus und Globaler <strong>Wandel</strong>.<br />
• Lokale Selbsthilfe <strong>im</strong> informellen Sektor.<br />
• Soziokulturelle Einflußfaktoren auf das generative<br />
Verhalten.<br />
Strategien der Verhaltensänderung<br />
Die vor allem in Rechts- und Politikwissenschaft,<br />
Ökonomie und Psychologie entwickelten Instrumente<br />
der Umweltpolitik, <strong>die</strong> auf Verhaltensänderungen<br />
auf verschiedenen Ebenen der Gesellschaft abzielen,<br />
werden derzeit noch meist isoliert betrachtet. Da sich<br />
aus ihrer Zusammenführung sowohl ein verbessertes<br />
Verständnis der treibenden Kräfte menschlichen<br />
Verhaltens als auch Synergieeffekte bei der Bewältigung<br />
der globalen Umweltveränderungen ergeben<br />
könnten, sollte in verstärktem Maße Forschung zu einer<br />
Integration <strong>die</strong>ser verschiedenen Instrumente<br />
betrieben werden. Hinsichtlich der Annäherung bestehender<br />
Verhaltensweisen an neue Leitbilder und<br />
Zielvorstellungen müssen sämtliche Instrumente der<br />
Umweltpolitik einer fortlaufenden Erfolgskontrolle<br />
(Evaluation) unterzogen werden.<br />
Schon heute kann man sagen, daß es zur Verbreitung<br />
umweltschonender Verhaltensweisen bei der<br />
Bevölkerung erforderlich ist, das ganze Spektrum<br />
möglicher verhaltensbeeinflussender Faktoren zu<br />
berücksichtigen und jeweils zielgruppen- und kontextspezifisch<br />
anzupassen. Daher sind zu der Frage,<br />
unter welchen konkreten Rahmenbedingungen welche<br />
Kombination von Interventionsmethoden zielführend<br />
ist, vermehrt Fallstu<strong>die</strong>n durchzuführen.