Welt im Wandel: Herausforderung für die deutsche Wissenschaft ...
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162 C 8 Forschungsorganisation<br />
Anwendung. Der Beirat begrüßt in <strong>die</strong>sem Zusammenhang<br />
das von der DFG geschaffene Instrument<br />
der Transferbereiche <strong>für</strong> <strong>die</strong> Kooperation zwischen<br />
Forschungsinstituten und Industrie oder anderen<br />
Anwendern.<br />
Gerade <strong>im</strong> Kontext des Globalen <strong>Wandel</strong>s ergeben<br />
sich an <strong>die</strong>ser Schnittstelle eine Reihe von Kommunikations-<br />
und Transformationsproblemen. Diese<br />
sind u.a. bedingt durch <strong>die</strong> wachsende Menge und<br />
Unvergleichbarkeit der verfügbaren Informationen<br />
und deren teilweise hohen Unsicherheit, durch <strong>die</strong><br />
Vielzahl der Akteure mit ihren unterschiedlichen Interessen,<br />
und schließlich durch den Mangel an<br />
brauchbaren Instrumenten zur Priorisierung von<br />
Handlungsmöglichkeiten. Viele Forscher vermissen<br />
<strong>die</strong> Umsetzung ihrer Forschungsergebnisse und<br />
Empfehlungen in konkrete Praxis, andererseits beklagen<br />
viele Anwender <strong>die</strong> Realitätsferne und Widersprüchlichkeit<br />
der Empfehlungen aus der <strong>Wissenschaft</strong><br />
– vorausgesetzt, <strong>die</strong>se Botschaften finden<br />
überhaupt ihre Adressaten.<br />
Angesichts <strong>die</strong>ser Defizite scheint es sinnvoll und<br />
notwendig, den Austausch- und Kanalisierungsprozeß<br />
an der Schnittstelle zwischen Forschung und potentieller<br />
Anwendung in geeigneter Weise zu institutionalisieren.<br />
Zur weiteren Konkretisierung einer<br />
solchen „Institution“ sollen mögliche Aufgaben und<br />
Tätigkeitsfelder kurz umrissen werden:<br />
• <strong>Wissenschaft</strong>ler aller problemrelevanten Fächer<br />
und potentielle Forschungsanwender, also Entscheidungsträger<br />
und Akteure auf den unterschiedlichen<br />
gesellschaftlichen Ebenen, müssen<br />
gemeinsam zu einer multid<strong>im</strong>ensionalen, interdisziplinären<br />
Problemanalyse sowie zur Formulierung<br />
entsprechender Forschungsfragen beitragen.<br />
• Auf der „Anwenderseite“ müssen <strong>die</strong> formalen<br />
wie inhaltlichen Anforderungen an eine problemlösungsorientierte<br />
GW-Forschung bzw. an <strong>die</strong> erwarteten<br />
Forschungsergebnisse formuliert werden.<br />
• Auf der „Forschungsseite“ der Schnittstelle muß<br />
eine möglichst weitgehende, formale Integration<br />
des vorhandenen Wissens zu den einzelnen<br />
Aspekten des Globalen <strong>Wandel</strong>s erfolgen. Bevor<br />
Forschungsergebnisse zur Lösung von Problemen<br />
sinnvoll eingesetzt werden können, „müssen wir<br />
wissen, was wir wissen“.<br />
• Generell müssen erzielte Forschungsergebnisse<br />
nutzerorientiert aufbereitet und kommuniziert<br />
und so in <strong>die</strong> Sprache und <strong>die</strong> Handlungskontexte<br />
von Entscheidungsträgern in Politik, Verwaltung<br />
und Wirtschaft „übersetzt“ werden. Diese Art der<br />
„Popularisierung“ von Wissen ist <strong>im</strong> Sinne einer<br />
Problemlösungsorientierung dringend erforderlich<br />
und sollte von den wissenschaftlichen Experten<br />
nicht als vermeintlich unzulässige Vereinfa-<br />
chung geringgeschätzt werden (siehe auch Kap.<br />
C 7).<br />
• Eine solche Institution müßte schließlich auch<br />
Kontakt- und Vermittlungsstelle sein, an <strong>die</strong> sich<br />
Informationsanbieter und -nachfrager jederzeit<br />
wenden können, und in deren Rahmen ein entsprechender<br />
Diskurs von <strong>Wissenschaft</strong> mit Politik,<br />
Me<strong>die</strong>n und Öffentlichkeit zu Problemen des Globalen<br />
<strong>Wandel</strong>s in unbürokratischer Weise organisiert<br />
werden könnte.<br />
• Die Formulierung konkreter Aufgaben <strong>für</strong> <strong>die</strong><br />
hier vorzuschlagende Institution sollte auf der<br />
Grundlage einer fun<strong>die</strong>rten Auswertung von<br />
Kommunikationsprozessen zwischen <strong>Wissenschaft</strong><br />
und Anwendung erfolgen. Zudem sollte <strong>die</strong><br />
Arbeit der Institution <strong>im</strong> Sinne einer kontinuierlichen<br />
Selbstkontrolle wissenschaftlich begleitet<br />
werden.<br />
• Für <strong>die</strong> Arbeit einer derartigen Institution sind<br />
neue Formen der Finanzierung denkbar, etwa<br />
durch Fördermittel der Deutschen Bundesstiftung<br />
Umwelt oder durch eine Stiftung „Globaler <strong>Wandel</strong>“<br />
(siehe Kap. D 4.2).<br />
Vor dem Hintergrund der skizzierten „Schnittstellen-Problematik“<br />
schlägt der Beirat <strong>die</strong> Einrichtung<br />
eines Strategiezentrums <strong>für</strong> den Globalen <strong>Wandel</strong> vor,<br />
das sich in erster Linie mit der transdisziplinären Beschreibung<br />
und Analyse von GW-Problemen sowie<br />
mit der „Übersetzung“ von Forschungsergebnissen<br />
in politisch-praktische Entscheidungsprozesse beschäftigt.<br />
Ein solches Zentrum sollte an der Schnittstelle<br />
zwischen Forschung und Anwendung in zwei<br />
Richtungen agieren: Einerseits sollte es Anregungen<br />
von Wissensnachfragern aus Politik und Öffentlichkeit<br />
<strong>im</strong> Sinne einer umfassenden Problemanalyse<br />
aufnehmen und unter Kenntnis von Forschungslandschaft<br />
und -stand in Forschungsfragen übertragen.<br />
Andererseits sollte es vorhandenes Wissen aufbereiten<br />
und in einer Form verfügbar machen, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Entscheidungsprozesse<br />
in Politik, Verwaltung, Wirtschaft,<br />
Bildung und Ausbildung unterstützt.<br />
Mit <strong>die</strong>sem Vorschlag werden Konzepte aufgegriffen<br />
und erweitert, wie sie z.B. in USA, Kanada und<br />
England gegenwärtig realisiert werden. Die wichtigsten<br />
Elemente eines derartigen Strategiezentrums<br />
sind temporäre Forschergruppen, <strong>die</strong> <strong>für</strong> zwei bis<br />
drei Jahre von ihren jeweiligen Institutionen <strong>für</strong> <strong>die</strong><br />
Arbeit am Zentrum abgeordnet werden. In Frage<br />
kommen da<strong>für</strong> Forscher aus verschiedenen Disziplinen,<br />
<strong>die</strong> sich durch ein hohes interdisziplinäres Interesse<br />
auszeichnen.