Welt im Wandel: Herausforderung für die deutsche Wissenschaft ...
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KASTEN 18<br />
Übersicht über <strong>die</strong> Syndrome des Globalen<br />
<strong>Wandel</strong>s<br />
Syndromgruppe „Nutzung“<br />
1. Landwirtschaftliche Übernutzung marginaler<br />
Standorte: Sahel-Syndrom<br />
2. Raubbau an natürlichen Ökosystemen: Raubbau-Syndrom<br />
3. Umweltdegradation durch Preisgabe traditioneller<br />
Landnutzungsformen: Landflucht-Syndrom<br />
4. Nicht-nachhaltige industrielle Bewirtschaftung<br />
von Böden und Gewässern: Dust-Bowl-Syndrom<br />
5. Umweltdegradation durch Abbau nicht-erneuerbarer<br />
Ressourcen: Katanga-Syndrom<br />
6. Erschließung und Schädigung von Naturräumen<br />
<strong>für</strong> Erholungszwecke: Massentourismus-<br />
Syndrom<br />
7. Umweltzerstörung durch militärische Nutzung:<br />
Verbrannte-Erde-Syndrom<br />
Syndromgruppe „Entwicklung“<br />
8. Umweltschädigung durch zielgerichtete Naturraumgestaltung<br />
<strong>im</strong> Rahmen von Großprojekten:<br />
Aralsee-Syndrom<br />
Standorte) (WBGU, 1994). Typische Erscheinungsformen<br />
<strong>die</strong>ses Musters sind <strong>die</strong> Degradation von Böden<br />
(Erosion, Fertilitätsverlust,Versalzung), <strong>die</strong> Ausbreitung<br />
wüstenähnlicher Verhältnisse (Desertifikation),<br />
<strong>die</strong> Verwendung fossiler Süßwasserressourcen,<br />
<strong>die</strong> Konversion naturnaher Ökosysteme (z.B. durch<br />
Entwaldung), der Verlust biologischer Vielfalt und<br />
<strong>die</strong> Veränderung des regionalen Kl<strong>im</strong>as.<br />
Das Sahel-Syndrom tritt typischerweise in Subsistenzwirtschaften<br />
auf, wo ländliche Armutsgruppen<br />
und von Ausgrenzung bedrohte Bevölkerungsschichten<br />
durch Übernutzung der Agrarflächen (z.B. Überweidung,<br />
Ausweitung von Ackerbau auf ökologisch<br />
empfindliche Gebiete) einer zunehmenden Degradation<br />
ihrer natürlichen Umwelt ausgesetzt sind. Die<br />
syndromspezifischen Probleme der Bevölkerung<br />
sind wachsende Verarmung, Landflucht, eine steigende<br />
Anfälligkeit gegenüber Nahrungskrisen sowie zunehmende<br />
Häufigkeit von politischen und sozialen<br />
Konflikten um knappe Ressourcen. Die Intensivierung<br />
ursprünglich nachhaltiger Bodenbearbeitungsmethoden,<br />
wie z.B. <strong>die</strong> Aufgabe von Fruchtfolge- und<br />
Rotationssystemen oder <strong>die</strong> Verkürzung der Brache-<br />
Syndromgruppe „Nutzung“ C 2.2.1<br />
9. Umweltdegradation durch Verbreitung standortfremder<br />
landwirtschaftlicher Produktionsverfahren:<br />
Grüne-Revolution-Syndrom<br />
10. Vernachlässigung ökologischer Standards <strong>im</strong><br />
Zuge hochdynamischen Wirtschaftswachstums:<br />
Kleine-Tiger-Syndrom<br />
11. Umweltdegradation durch ungeregelte Urbanisierung:<br />
Favela-Syndrom<br />
12. Landschaftsschädigung durch geplante Expansion<br />
von Stadt- und Infrastrukturen: Suburbia-Syndrom<br />
13. Singuläre anthropogene Umweltkatastrophen<br />
mit längerfristigen Auswirkungen: Havarie-<br />
Syndrom<br />
Syndromgruppe „Senken“<br />
14. Umweltdegradation durch weiträumige diffuse<br />
Verteilung von meist langlebigen Wirkstoffen:<br />
Hoher-Schornstein-Syndrom<br />
15. Umweltverbrauch durch geregelte und ungeregelte<br />
Deponierung zivilisatorischer Abfälle:<br />
Müllkippen-Syndrom<br />
16. Lokale Kontamination von Umweltschutzgütern<br />
an vorwiegend industriellen Produktionsstandorten:<br />
Altlasten-Syndrom<br />
zeiten sind wichtige Kennzeichen des Syndroms. Unangepaßte<br />
Entwicklungsstrategien (Seßhaftmachung<br />
von Nomaden, Tiefbrunnenbau) können zur<br />
Entstehung des Syndroms beitragen. Diese Entwicklung,<br />
<strong>die</strong> durch ein hohes Bevölkerungswachstum<br />
verschärft wird, geschieht <strong>im</strong> Kontext gesamtgesellschaftlicher<br />
Transformationsprozesse, wie der Auflösung<br />
traditioneller Solidarsysteme, der Verschiebung<br />
lokaler Preisgefüge infolge subventionierter Exporte<br />
aus Industrieländern und kulturellem <strong>Wandel</strong>. Im<br />
Verlauf des Sahel-Syndroms kommt es zu einer sukzessiven<br />
Verengung der Handlungsspielräume der<br />
betroffenen sozialen Gruppen (Extremfall: Hungerkatastrophe),<br />
da sich Verarmung, Übernutzung und<br />
Umweltdegradation gegenseitig verstärken.<br />
Im Sahelgebiet selbst sind inzwischen durch <strong>die</strong><br />
Destabilisierung der ländlichen Produktions- und<br />
Sozialsysteme mehr als <strong>die</strong> Hälfte der Bevölkerung<br />
von Hunger bedroht. Die traditionelle Landwechselwirtschaft<br />
hat durch das Bevölkerungswachstum <strong>die</strong><br />
kritische Grenze überschritten, so daß es zu einer<br />
Ausweitung der Agrarproduktion auf Grenzertragsflächen<br />
kommt. Die Konsequenz der unangepaßten<br />
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