Welt im Wandel: Herausforderung für die deutsche Wissenschaft ...
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Einbindung der <strong>deutsche</strong>n geistes-, sozial- und verhaltenswissenschaftlichen Forschung B 3.8.3<br />
schiedenen Rollen, <strong>die</strong> Individuen einnehmen (z.B.<br />
Arbeiter, Unternehmer, Politiker, Multiplikatoren).<br />
Diese Forschungsaufgabe wurde bisher in Deutschland<br />
erst ansatzweise verfolgt, etwa <strong>im</strong> Kontext von<br />
Untersuchungen zum Umweltbewußtsein von Industriearbeitern<br />
oder zu geschlechtsbedingten Unterschieden<br />
<strong>im</strong> Umweltverhalten.<br />
Spezifische Verhaltensmuster<br />
Die Forschung zu umweltrelevantem menschlichem<br />
Verhalten und seinen Bedingungen konzentriert<br />
sich in Deutschland bislang vor allem auf einzelne<br />
Bereiche des Konsumverhaltens. Insbesondere<br />
zum Umgang der privaten Haushalte mit Energie<br />
(Energiesparen) und mit Abfall (Trennung und Vermeidung<br />
von Hausmüll) gibt es eine ganze Reihe von<br />
Untersuchungen, in jüngerer Zeit vermehrt auch<br />
zum Umgang mit Wasser. Ein weiteres, relativ breit<br />
bearbeitetes Thema ist das Mobilitätsverhalten, insbesondere<br />
in bezug auf <strong>die</strong> Verkehrsmittelwahl.<br />
Auch <strong>die</strong> Tourismus- und Freizeitforschung ist in <strong>die</strong>sem<br />
Zusammenhang zu nennen. Der integrativen<br />
Bearbeitung verschiedener Verhaltensweisen <strong>im</strong><br />
Rahmen umfassenderer Konzepte (z.B. Lebensstile)<br />
wurde hingegen bislang nur relativ wenig Aufmerksamkeit<br />
eingeräumt.<br />
Strategien der Verhaltensänderung<br />
Die Diskussion um eine adäquate Instrumentierung<br />
der Umweltpolitik wird durch <strong>die</strong> beiden Pole<br />
„Ordnungsrecht“ und „marktnahe/ökonomische Instrumente“<br />
dominiert. Strategien psychologisch-pädagogischer<br />
Natur zur Beeinflussung individueller<br />
Verhaltensweisen werden dagegen häufig ebenso<br />
mißverständlich wie verkürzend unter dem Stichwort<br />
moral suasion (wörtlich etwa: sittliche Überzeugung)<br />
als eher exotische Restkategorie zusammengefaßt<br />
und dabei häufig auf reine Informationsstrategien<br />
reduziert. Diese eingeengte Führung der umweltpolitischen<br />
Diskussion mag zum Teil historisch<br />
bedingt sein, sie dokumentiert jedoch auch Defizite<br />
in der geistes-, sozial- und verhaltenswissenschaftlichen<br />
Erforschung von Strategien der Verhaltensänderung.<br />
Letztere zeichnet sich bislang durch einen<br />
eher exper<strong>im</strong>entellen Charakter (kleine Stichproben,<br />
häufig auf der Ebene der privaten Haushalte)<br />
sowie durch <strong>die</strong> Berücksichtigung jeweils nur weniger<br />
potentiell verhaltensbeeinflussender Faktoren<br />
aus. Zwar liegen auf <strong>die</strong>ser Ebene durchaus bereits<br />
generalisierbare Forschungsergebnisse vor, das Zusammenwirken<br />
der einzelnen Verhaltensdeterminanten<br />
etwa in Programmen der Umweltbildung ist<br />
jedoch noch weitgehend unerforscht, wie der Beirat<br />
bereits in einem früheren Gutachten konstatierte<br />
(WBGU, 1996). Zudem fehlen Stu<strong>die</strong>n, <strong>die</strong> eine Beurteilung<br />
der Wechselbeziehungen zwischen den ein-<br />
zelnen umweltpolitischen Handlungsstrategien erlauben,<br />
indem sie <strong>die</strong>se beispielsweise in einen einheitlichen<br />
konzeptuellen Rahmen einbetten. Freilich<br />
wird an <strong>die</strong>ser Stelle auch das Fehlen eines kontinuierlichen<br />
interdisziplinären Diskurses zwischen all jenen<br />
Disziplinen deutlich, <strong>die</strong> sich unmittelbar mit<br />
dem (übereinst<strong>im</strong>menden) Ziel einer Veränderung<br />
umweltschädigender Verhaltensweisen beschäftigen,<br />
insbesondere zwischen Psychologie, Soziologie und<br />
Wirtschaftswissenschaft.<br />
umweltdiskurse<br />
Ein neueres Themenfeld, das <strong>die</strong> Kommunikationsforschung<br />
mit der Soziologie und der Politikwissenschaft<br />
teilt, ist <strong>die</strong> Analyse der gesellschaftlichen<br />
Diskurse über Umweltfragen. Ein wichtiges Thema<br />
ist dabei <strong>die</strong> Analyse von Entstehung und Verlauf <strong>die</strong>ser<br />
Diskurse. Das öffentliche Meinungskl<strong>im</strong>a ist <strong>für</strong><br />
politische, unternehmerische und private Entscheidungsprozesse<br />
unmittelbar relevant. In der öffentlichen<br />
„Kommunikationsarena“, deren Hauptbestandteil<br />
<strong>die</strong> Me<strong>die</strong>nberichterstattung ist, werden<br />
z.B. <strong>die</strong> Probleme des Globalen <strong>Wandel</strong>s definiert<br />
und strukturiert. Aus der Kenntnis von Entstehungsund<br />
Verlaufsbedingungen der öffentlichen Meinungsbildung<br />
zu Umweltfragen können daher politische<br />
Handlungsempfehlungen abgeleitet werden.<br />
Gesellschaftliche Umweltdiskurse sind auch übergeordnetes<br />
Thema der soziologischen Forschung zu<br />
den Entstehungsbedingungen der Umweltbewegung<br />
sowie der psychologischen und soziologischen Begleitforschung<br />
zu mittlerunterstützten Verhandlungen<br />
(z.B. Mediationsverfahren, siehe Kap. B 3.7.4.4).<br />
3.8.3<br />
Einbindung der <strong>deutsche</strong>n geistes-, sozial- und<br />
verhaltenswissenschaftlichen Forschung in<br />
internationale Programme<br />
Angesichts der Defizite in der <strong>deutsche</strong>n Forschungslandschaft<br />
zu Themen des Globalen <strong>Wandel</strong>s<br />
ist es nicht verwunderlich, daß von einer nennenswerten<br />
Beteiligung an internationalen Programmen<br />
wie etwa dem International Human D<strong>im</strong>ensions of<br />
Global Environmental Change Programme (IHDP,<br />
siehe Kap. B 1.3) derzeit noch kaum <strong>die</strong> Rede sein<br />
kann. Immerhin ist seit kurzem ein Deutscher Vorsitzender<br />
des IHDP Steering Committee. Ein nationales<br />
HDP-Komitee befindet sich in Gründung. Auch <strong>im</strong><br />
Errichtungsantrag zum Schwerpunktprogramm der<br />
DFG „Mensch und globale Umweltveränderungen“<br />
wird ausdrücklich auf das IHDP Bezug genommen.<br />
Eine explizite „Identifikation“ mit dem Programm<br />
läßt sich bisher aber weder auf Projekt- noch auf Programmebene<br />
feststellen. Daher ist eine Einschätzung<br />
95