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Welt im Wandel: Herausforderung für die deutsche Wissenschaft ...

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122 C 2 Horizontale Integration: Das Syndromkonzept<br />

Landnutzung ist Desertifikation und Abwanderung<br />

in <strong>die</strong> Städte.<br />

Ein anderes Beispiel <strong>für</strong> das Sahel-Syndrom ist <strong>die</strong><br />

Waldkonversion an marginalen Standorten mit nachfolgender<br />

Subsistenznutzung: shifting cultivation<br />

(Brandrodungsfeldbau). Zum Beispiel sind erosionsbedingte<br />

Überschwemmungskatastrophen <strong>im</strong> Süden<br />

Thailands eine direkte Folge <strong>die</strong>ser Nutzungsform <strong>im</strong><br />

Norden des Landes.<br />

Symptome: Destabilisierung von Ökosystemen,<br />

Verlust biologischer Vielfalt, Bodendegradation, Desertifikation,<br />

Gefährdung der Ernährungssicherung,<br />

Marginalisierung, Landflucht.<br />

Raubbau an natürlichen Ökosystemen:<br />

Raubbau-Syndrom<br />

Das Raubbau-Syndrom beschreibt <strong>die</strong> Konversion<br />

von natürlichen Ökosystemen sowie den Raubbau<br />

an biologischen Ressourcen. Hiervon sind sowohl<br />

terrestrische Ökosysteme (Wälder, Savannen)<br />

als auch marine (Überfischung) betroffen. Das gemeinsame<br />

Phänomen ist, daß Ökosysteme ohne<br />

Rücksicht auf ihre Regenerationsfähigkeit übernutzt<br />

werden, mit schwerwiegenden Folgen <strong>für</strong> den Naturhaushalt.<br />

Die Verletzung des Nachhaltigkeitsgebots<br />

führt zu Degradation, bis hin zur Vernichtung von natürlichen<br />

Ökosystemen, z.B. durch großflächigen<br />

Kahlschlag, durch Überweidung von ansonsten unbewirtschaftetem<br />

Land oder durch Überfischung.<br />

Die unmittelbaren Folgen sind Habitatverlust und<br />

somit Verlust biologischer Vielfalt und – besonders in<br />

bergigen Regionen – Erosion. Dies vergrößert das<br />

Risiko durch Naturkatastrophen erheblich (Bergstürze,<br />

Überschwemmungen) und erhöht zudem <strong>die</strong><br />

Sed<strong>im</strong>entfracht der Flüsse, was andernorts zu Überschwemmungen<br />

und Gefährdung von Küstenökosystemen<br />

wie auch zu hohen Kosten infolge Verschlickung<br />

von Fahrrinnen und Häfen führt. Hinzu<br />

kommt, daß <strong>die</strong> Freisetzung von CO 2 aus Biomasse<br />

und Böden den Treibhauseffekt verstärkt. Für <strong>die</strong> lokale<br />

Bevölkerung bedeutet <strong>die</strong> Konversion der Ökosysteme<br />

den direkten Verlust der Lebensgrundlage,<br />

was u.a.Verarmung und Verlust von kultureller Identität<br />

zur Folge hat. Das Zulassen eines am kurzfristigen<br />

Gewinn orientierten Raubbaus ist ein typisches<br />

Merkmal des Raubbau-Syndroms. Diese Wirtschaftweise<br />

(oftmals unter Beteiligung internationaler<br />

Konzerne) führt zudem in der Regel dazu, daß der<br />

Gewinn in große Städte oder ins Ausland transferiert<br />

wird und auf der lokalen Ebene kaum Gewinne, jedoch<br />

hohe Kosten entstehen. Heute ist durch <strong>die</strong><br />

Kenntnis der negativen Wirkungen eine Gegenbewegung<br />

in Ansätzen bereits spürbar, sowohl auf nichtstaatlicher<br />

Ebene (NRO) als auch <strong>im</strong> internationalen<br />

politischen Kontext (Initiativen der FAO, Biodiversitätskonvention).<br />

Typische Beispiele <strong>für</strong> das Wirken des Raubbau-<br />

Syndroms finden sich bei der Nutzung des tropischen<br />

Regenwalds durch Kahlschlag mit nachfolgender<br />

Landnutzungsänderung (Brasilien, Malaysia, Indonesien,<br />

Myanmar etc.). Auch <strong>die</strong> Rodung von Mangroven<br />

<strong>im</strong> Gezeitenbereich tropischer Küsten ist hier<br />

zu nennen. Ein anderer Brennpunkt ist derzeit <strong>die</strong><br />

Übernutzung borealer Wälder mit geringer Regenerationsfähigkeit.<br />

So wird in Sibirien zugelassen, daß<br />

boreale Nadelwälder mit Hilfe moderner Harvester-<br />

Technik durch Kahlschlag großflächig vernichtet<br />

werden. Ähnliche Mechanismen führen zu einer<br />

Überfischung der <strong>Welt</strong>meere. Mit Hilfe technologisch<br />

hocheffizienter, aber ökologisch rücksichtsloser<br />

Fangmethoden werden inzwischen alle 17 der<br />

wichtigsten Fanggründe an oder über der Grenze ihrer<br />

Tragfähigkeit befischt, bei 13 sind <strong>die</strong> Bestände<br />

mehr oder weniger stark dez<strong>im</strong>iert.<br />

Symptome: Verlust von Biodiversität, Kl<strong>im</strong>awandel,<br />

Süßwasserverknappung, Bodenerosion, Zunahme<br />

von Naturkatastrophen, Gefährdung der<br />

Ernährungssicherung.<br />

umweltdegradation durch Preisgabe<br />

traditioneller Landnutzungsformen:<br />

Landflucht-Syndrom<br />

Das Landflucht-Syndrom beschreibt Umweltdegradationen,<br />

<strong>die</strong> durch Aufgabe ehemals nachhaltiger<br />

Landnutzung verursacht werden. Die traditionellen<br />

Bewirtschaftungsmethoden lassen sich oft nur<br />

mit einem hohem Aufwand an manueller Arbeit aufrechterhalten.Arbeitsintensive,<br />

kleinparzellierte Bodenpflegemaßnahmen<br />

wie z.B. <strong>die</strong> Erhaltung terrassierter<br />

Hänge, aufwendige kleinräumige Bewässerung<br />

oder Maßnahmen gegen Winderosion werden<br />

bei veränderten sozioökonomischen Rahmenbedingungen<br />

zunehmend unrentabel. Der Grund ist oftmals<br />

<strong>die</strong> Abwanderung der jüngeren, männlichen<br />

Bevölkerung in urbane Zentren (siehe Favela-Syndrom,<br />

Kleine-Tiger-Syndrom), wo wirtschaftlich attraktivere<br />

Lohnarbeit, bessere Bildungschancen und<br />

allgemein ein weniger „provinzielles“ Leben gesucht<br />

werden. Die zurückbleibenden Frauen, Kinder und<br />

Alten sind mit der Aufrechterhaltung der arbeitsintensiven<br />

Bewirtschaftung überfordert. Folgen der<br />

Extensivierungstendenzen in der Bodenbearbeitung<br />

und der damit verbundenen Vernachlässigung von<br />

Schutz- und Pflegemaßnahmen sind Erosion (oft<br />

verstärkt durch übermäßigen Holzeinschlag auf steilen<br />

Hangflächen, siehe Sahel-Syndrom), der Abgang<br />

von Muren oder Bergstürze. Im Ergebnis geht<br />

fruchtbares Ackerland verloren, Versorgungs- und<br />

Kommunikationsnetzwerke werden unterbrochen<br />

oder zerstört. In anderen Regionen kann durch Vernachlässigen<br />

der Schutzmaßnahmen <strong>die</strong> Winderosion<br />

drastisch zunehmen. Mit dem Landflucht-Syn-

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