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Welt im Wandel: Herausforderung für die deutsche Wissenschaft ...

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64 B 3 Deutsche Forschung zum Globalen <strong>Wandel</strong><br />

Die Information, <strong>die</strong> uns über Arten zur Verfügung<br />

steht, ist noch nicht opt<strong>im</strong>al organisiert. Es gibt<br />

z.B. keine global master list der Arten, <strong>die</strong> heutzutage<br />

bekannt sind. Belegexemplare und Beschreibungen<br />

von Arten sind weit verstreut, befinden sich hauptsächlich<br />

außerhalb ihrer Ursprungsländer und sind<br />

nur schwer zu lokalisieren. <strong>Welt</strong>weit sind adäquate<br />

Infrastrukturen und Forschungskapazitäten <strong>für</strong> <strong>die</strong><br />

systematische Erfassung und Beschreibung also erst<br />

zu schaffen und bestehende Hindernisse zur Charakterisierung<br />

und zum Verständnis von Biodiversität zu<br />

beseitigen.<br />

Dynamik von Biodiversität<br />

Für das Verständnis der Dynamik von Biodiversität<br />

ist grundlegende Forschung auf den verschiedenen<br />

Ebenen notwendig. Um Fragen zum Verhältnis<br />

von Diversifikation und dem Aussterben von Populationen<br />

bzw.Arten zu klären, ist das Verständnis der<br />

zugrundeliegenden genetischen Prozesse – insbesondere<br />

der Einheiten und Mechanismen der Selektion<br />

– erforderlich. Auch auf der Ebene von Organismen<br />

und Arten sind noch viele grundsätzliche Fragen unzureichend<br />

geklärt:<br />

• Einvernehmen über <strong>die</strong> Definition des Artbegriffs.<br />

• Entstehung, Dynamik und Messung von Artenvielfalt.<br />

• Beziehungen zwischen Artenvielfalt und<br />

Ökosystemstruktur (Schlüsselartkonzept, Diversität<br />

versus Stabilität, min<strong>im</strong>al erforderliche Vielfalt,<br />

Redundanz etc.).<br />

• Zusammenhang zwischen Ökosystemstruktur<br />

und -funktion.<br />

• Einfluß des Menschen auf <strong>die</strong> Dynamik von Biodiversität.<br />

Der Mangel an empirischer Information zur Vielfalt<br />

der Organismen in vielen natürlichen Ökosystemen<br />

erschwert <strong>die</strong> Untersuchung der Artenvielfalt<br />

bei Lebensgemeinschaften erheblich. Die oft verwendete<br />

Methode, Hypothesen <strong>für</strong> best<strong>im</strong>mte taxonomische<br />

Gruppen in ausgewählten geographischen<br />

Regionen zu entwickeln und sie dann auf andere<br />

Gruppen und Ökosysteme zu übertragen, ist als problematisch<br />

einzustufen, da nicht bekannt ist, wie repräsentativ<br />

eine Gruppe von Organismen jeweils ist<br />

(Solbrig, 1991).<br />

Inwertsetzung, Erhaltung und<br />

nachhaltige Nutzung der Biodiversität<br />

Bei den Interaktionen zwischen Biodiversität und<br />

menschlicher Gesellschaft stellen sich Fragen nach<br />

den anthropogenen Einflüssen auf <strong>die</strong> biologische<br />

Vielfalt, nach der Nachhaltigkeit <strong>im</strong> Umgang mit<br />

Biodiversität sowie nach der gerechten Aufteilung<br />

der aus der Nutzung der Biodiversität resultierenden<br />

geldwerten Vorteile (siehe hierzu Art. 1 der Biodiversitätskonvention).<br />

Ein besonders wichtiger Fragenkomplex<br />

ist <strong>die</strong> Bewertung der biologischen Vielfalt<br />

in der Gesellschaft und durch den Einzelnen; hier<br />

spannt sich der Bogen von philosophischen und gesellschaftlichen<br />

Grundlagen von Erhaltung und<br />

nachhaltiger Nutzung bis zu Naturbeziehung und<br />

Naturerlebnis. An der Schnittstelle zur ökonomischen<br />

Forschung finden sich <strong>die</strong> Fragen nach der Inwertsetzung<br />

biologischer Vielfalt. Hier sind <strong>die</strong> Kategorisierung<br />

der ökonomischen Werte, Probleme in<br />

Zusammenhang mit der Internalisierung <strong>die</strong>ser Werte<br />

und <strong>die</strong> damit zusammenhängende Instrumentendiskussion<br />

zu nennen (siehe Kap. B 3.6.4.1 und<br />

B 3.8.2.1).<br />

Erkenntnisse aus der Biodiversitätsforschung<br />

müssen <strong>für</strong> Politik und Administration verständlich<br />

und umsetzbar sein. Im Vordergrund sollte hierbei<br />

<strong>die</strong> Entwicklung von Strategien zum Schutz und zur<br />

nachhaltigen Nutzung von Biodiversität stehen, wobei<br />

z.T. grundlegende Fragen noch unzureichend geklärt<br />

sind:<br />

• Soll <strong>die</strong> Priorität auf ökosystemaren Zuständen<br />

oder auf Prozessen liegen?<br />

• Welche Arten oder Lebensgemeinschaften sind<br />

pr<strong>im</strong>är schützenswert?<br />

• Wie best<strong>im</strong>mt man den notwendigen Flächenbedarf<br />

von Biotopen?<br />

• Wie sollte man auf <strong>die</strong> Auswirkungen der Kl<strong>im</strong>aänderung<br />

auf ökologische Systeme reagieren, angesichts<br />

des erst geringen Wissens über <strong>die</strong> zu erwartende<br />

regionale Ausprägung?<br />

Für <strong>die</strong> Umsetzung sind verbesserte Methoden,<br />

Instrumente und Kommunikationsweisen <strong>für</strong> Inventarisierung,<br />

Monitoring, Gefährdungsanalyse und<br />

Management von Biodiversität zu entwickeln. In <strong>die</strong>sem<br />

Zusammenhang ist Forschung zu Normen und<br />

Indikatoren (allgemein und regionalisiert) und zu<br />

Verfahren <strong>für</strong> <strong>die</strong> Bewertung von Zustand und Veränderungen<br />

von Ökosystemen notwendig. Bei <strong>die</strong>sen<br />

Forschungsanstrengungen sollte <strong>die</strong> Integration von<br />

Schutz und nachhaltiger Nutzung von Biodiversität<br />

auf den verschiedenen Planungsebenen angestrebt<br />

werden.<br />

Die Zielsetzung, biologische Vielfalt nachhaltig zu<br />

nutzen, erfordert auch Forschung auf den Gebieten<br />

der Erhaltung der genetischen Variabilität von Nutzpflanzen<br />

und -tieren, der Entwicklung von integrierten<br />

Nutzungsformen (Agroforestry u.a.), und der<br />

Bioprospektierung (detaillierte Forschungsempfehlungen<br />

hierzu in WBGU, 1996). Dabei sollten <strong>die</strong> Folgen<br />

unterschiedlicher Nutzungsformen in Land-,<br />

Forst- und Fischereiwirtschaft bei der Untersuchung<br />

der anthropogenen Auswirkungen auf <strong>die</strong> Biodiversität<br />

eine besondere Stellung einnehmen (Diversität<br />

in der Kulturlandschaft). Die Abnahme der geneti-

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