Eva Justin

Lebensschicksale artfremd erzogener Zigeunerkinder 113
maden und den Einheimischen auf verschwindende Ausnahmen. Erst
die sozialen Erziehungsversuche der letzten 150 Jahre brachen diese
Schranken. Und heute schon — nach 4 bis 5 Generationen — gibt
es nur noch einzelne reinblütige Familien innerhalb des württembergischen
Zigeunerstammes.
Ueberblicken wir noch einmal die „Erziehungserfolge", die wir
an den in den letzten 50 Jahren deutsch erzogenen 'Zigeunern und
Zigeunermischlingen feststellten! Von 108 heute erwachsenen Zigeunern
und Zigeunernmischlingen kehrten 57 — meist nach dem
20. Lebensjahr — zu ihrem Stamm zurück, 2 sind verschollen, 49 sind
in deutschen Verhältnissen geblieben. Diese sind überwiegend weiblichen
Geschlechts. (37 Frauen, 12 Männer.)
Von den 49 sind in ihren sozialen, d. h. in ihren mitmenschlichen
Beziehungen
9 gut, geordnet, zufriedenstellend
14 mäßig oder wechselnd
26 schlecht.
Die Gruppen, in denen wir die Arbeitsleistungen zusammenfaßten,
stimmen mit denen der sozialen Beziehungen nicht ganz überein. Es
finden sich sowohl fleißige und ganz geschickte Arbeiter, die aber charakterlich
unzuverlässig und unberechenbar sind, als gutmütige, stets
hilfsbereite und anständige Menschen, die in der Arbeit nur mäßiges
oder wenig leisten können. Im Durchschnitt sind die sozialen Beziehungen
aber noch fragwürdiger als die Arbeitsleistungen dieser
deutscherzogenen Zigeuner und Zigeunermischlinge, die in deutschen
Verhältnissen weiter leben.
Wenn wir diese „Resultate" mit entsprechenden Erziehungserfolgen
an .deutschblütigen Kindern vergleichen wollen, so ergeben
sich ganz erhebliche Unterschiede. Gabriele P a t zig konnte für 218
Waisenkinder folgende Lebensbewährung ermitteln:
81,7 v. H. gut
10 v. H. mäßig
8,3 v. H. schlecht.
Da die Lebensbewährung derjenigen Zigeuner und Zigeunermischlinge
die wieder „zigeunerisch" leben, vom alten fürsorgerischen Standpunkt
aus beurteilt, eine schlechte ist, so ergibt sich für die 108
Veröffentlichungen