Eva Justin
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Lebensschicksale artfremd erzogener Zigeunerkinder 55<br />
ein wenig zigeunerisch gelösten Werktagskleider — zumindest nach<br />
außen — gering schätzten.<br />
Reigentänze liebten sie glühend. Sie vergaßen sich im Rhythmus<br />
des Liedes und im Spiel der Glieder, daß sie die Beobachterin<br />
mitsamt der gefürchteten Kamera nicht mehr sahen. Eine weiße Blume<br />
hatte sich Maila ins Haar gesteckt, das sich langsam aus den straffen<br />
M aila.<br />
Zöpfen löste. Das zwölfjährige Schulmädchen war eine wild tanzende<br />
Bajadere geworden. „Zigeunerblut" sagten die Erziehungsschwestern<br />
verlegen lächelnd, wie um Entschuldigung bittend, ohne sich dem<br />
Reiz dieser Natürlichkeit und Harmonie ganz verschließen zu können.<br />
Da hatte das Kind die Zuschauer gesehen, errötete, das Gesicht spannte<br />
sich abweisend, und sie tanzte nun unbeteiligt und fast linkisch weiter.<br />
Sie schämte sich, vielleicht unbewußt, daß sie sich gezeigt und vergessen<br />
hatte. Nicht so ausdrucksvoll, aber im ganzen doch ausgeglichener,<br />
flüssiger, ungehemmter in den Bewegungen als die<br />
Deutschen tanzten alle Zigeunermädchen. Die langen vielen Verse<br />
konnten sie nicht vollständig behalten, aber das störte ihre Freude<br />
nicht.<br />
Die Knaben zeigten beim Ringen die gleichen körperlichen Eigenarten.<br />
Die VL. ließ sie dem Alter und der Größe nach sich mit den