Eva Justin
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Lebensschicksale artfremd erzogener Zigeunerkinder 117<br />
Diese bestimmen sie oft stärker als die Sehnsucht und Bindung an die<br />
Rassegenossen.<br />
Sehr auffällig ist auch die Feststellung, daß die entarteten Zigeunerfrauen<br />
oft kein rechtes Verhältnis zu ihren Bastardkindern finden.<br />
Während frühere und heutige Beobachtungen stets zu der Ueberzeugung<br />
führten, daß Zigeunermütter sehr an ihren Kindern hängen<br />
und sie instiktsicher 'betreuen, sind hier die Bindungen oft lose; der<br />
Instinkt scheint zu fehlen, die Mütter lassen ihre Kinder verwahrlosen,<br />
verlassen oder verstoßen sie bedenkenlos.<br />
Bevölkerungsbiologisch gesehen ist aber die Entstehung neuer<br />
Bastarde die schwerwiegendste Folge der fürsorgerischen Erziehung<br />
von Zigeunern und Zigeunermischlingen.<br />
Auf die Entwicklung der meist schwer kriminellen oder asozialen<br />
jenisch-zigeunerischen Bastarde wurde in dieser Arbeit nicht eingegangen,<br />
da Rit t er und Finger in ihren Veröffentlichungen bereits<br />
eingehend derartige Populationen und Sippen beschrieben haben.<br />
Wir beschränkten uns daher bei dieser Untersuchung auf die Sondergruppe<br />
der Nachkommen deutscherzogener Zigeuner und Zigeunermischlinge<br />
mit seßhaften deutschblütigen Partnern. Wir kamen zu<br />
dem Ergebnis, daß von diesen heute erwachsenen 38 Bastarden<br />
I. Grades — die die Nachkommen der echteren Abstammungsgruppe I<br />
sind — sich nur 3 völlig normal und unauffällig entwickelt. haben.<br />
Trotzdem sind im ganzen die sozialen Beziehungen und die Arbeitsleistungen<br />
der erwachsenen Bastarde durchschnittlich besser als die<br />
ihrer zigeunerischen Eltern.<br />
Die Arbeitsleistungen der Bastarde I. Grades sind — ähnlich wie<br />
bei ihren zigeunerischen Vorfahren — im Durchschnitt besser als ihre<br />
sozialen Beziehungen. Ueber die Hälfte der Erwachsenen zeigt befriedigende<br />
oder gute Arbeitsleistungen. Unter den ausgeübten Berufen<br />
fanden wir neben Fabrik- und Hilfsarbeitern, Dienstknechten und<br />
Dienstmägden einen Gärtner und einen Stabsfeldwebel, eine Sekretärin<br />
und eine Büroangestellte; aber noch knapp ein Drittel der Erwachsenen<br />
ist asozial oder kriminell. Fast alle Bastarde I. Grades zeigen früher<br />
oder später, vorübergehend oder ständig, mehr oder weniger starke<br />
Anpassungsschwierigkeiten.<br />
Für die Bastardfrage ist es wichtig hervorzuheben, daß sowohl<br />
die beiderseitigen Erbanlagen als auch die Umweltverhältnisse, unter<br />
denen die Bastarde aufwuchsen, sehr 'ungünstig sind.