Eva Justin

Lebensschicksale artfremd erzogener Zigeunerkinder 37
Kehren wir nun zu den deutscherzogenen Zigeunerkindern zurück!
Als erstes mußte ich, um zu brauchbaren Ergebnissen zu
kommen, die rassische Abstammung aller von den Anstalten und
Aemtern gemeldeten und der uns sonst bekannten Heim- und Pflegekinder
klären. Es wurde deshalb für jedes Kind eine Ahnentafel mit
seinen acht Urgroßeltern aufgestellt Danach konnten diejenigen, die
irrtümlich als Zigeuner gemeldet, tatsächlich aber nichtzigeunerischer
— und zwar meist jenischer — Herkunft waren, von der Untersuchung
ausgeschieden werden.
Zwei weitere Kinder wurden vorläufig zurückgestellt, da sich die
Identität der gestorbenen Eltern noch nicht klären ließ, wenn man
auch annehmen kann, daß diese mindestens Zigeunermischlinge waren.
Von den übrig bleibenden 180 Zigeunerkindern8) wurden drei Gruppen
gebildet:
Summe männl. weiht
I. Zigeuner, Zigeunermischlinge u. Misch-
lingszigeuner mit vorwiegend zigeune-
rischem Blutsanteil 117 48 69
H. Mischlingszigeuner mit ziemlich gleichen
zigeunerischen und deutschen Blutsanteilen
31 12 19
III. Mischlingszigeuner mit vorwiegend
nichtzigeunerischem Blutsanteil und
jenische Zigeunermischlinge 2. und
3. Grades 32 20 12
180 80 100
Auf die III. Gruppe wird in dieser Arbeit nicht eingegangen,
denn einmal ist sie unvollständig, da manche Zöglinge unzigeunerische
Namen führen und daher nicht von den Heimen und Aemtern
gemeldet wurden, denen wir alle Zigeunernamen angegeben hatten.
Und dann sind sie, wie sich bei der Untersuchung zeigte, nicht mehr
typisch zigeunerisch. Da der nichtzigeunerische Blutsanteil van
jenischen Vorfahren stammt, leben sie zwar meist „zigeunerartig", sind
aber in der psychischen Struktur anders als die Rasse-Zigeuner.
8) 11 weitere Zigeunerkinder wurden als „echte Fürsorgefälle" aus dieser
Abhandlung herausgelassen, obwohl sie im Grunde nicht anders reagieren
als die hier Besprochenen. (Vgl. auch Anm. 9.)