Eva Justin
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88 <strong>Justin</strong><br />
Ehemänner: 1 Waldarbeiter,<br />
1 Fabrikarbeiter (der gefallene Ehemann<br />
der Zigeunerin, die ihre Kinder im<br />
Stich ließ),<br />
1 Telegraphenarbeiter,<br />
1 Postfacharbeiter.<br />
Die Lebensskizzen der fünf Frauen, die „bessere"' Männer bekamen,<br />
können dartun, wie ihre soziale Anpassung zu bewerten ist.<br />
Es zeigte sich, daß solche Zigeunerinnen im allgemeinen besser angepaßt<br />
leben.<br />
Am unauffälligsten hat sich Dorothea S c h n e c k entwickelt. Abstammungsmäßig<br />
gehört sie zur Gruppe II, ist also eine Mischlingszigeunerin<br />
mit ziemlich gleichen zigeunerischen und deutschen Blutsanteilen. Von<br />
ihrem 2. bis 13. Lebensjahr wuchs sie mit acht Pflegegeschwistern in einem<br />
kleinen Dorf .auf. Bis zum B. Lebensjahr war man sehr mit ihr zufrieden,<br />
dann mußte man aber Faulheit, Unordentlichkeit und Leichtsinn tadeln. Sie<br />
log und naschte auffällig viel. In den drei Dienststellen, in denen sie von<br />
ihrem 14. bis 20. Lebensjahr arbeitete, war man im allgemeinen mit ihr<br />
zufrieden. Sie war artig und gefällig und hatte sich zum Sparen anhalten<br />
lassen. Als sie 20jährig ihre „erste Liebe" heiratete, konnte sie 700 Mark<br />
als Aussteuer mitbringen. Man hielt sich in dem katholischen Dorf zuerst<br />
etwas zurück, denn ein Kind hatte sie vor der Hochzeit geboren, und die<br />
Zigeunerin sieht man ihr schon von weitem an. Ihr Mann ist ein Waldarbeiter<br />
und stammt von kleinen aber ordentlichen Bauern ab. Mit ihm<br />
hat sie dann zusammen so fleißig gearbeitet und weiter gespart, daß sie ,<br />
sich schließlich ein Häuschen kaufen konnten. Der sehr verständige Bürgermeister<br />
stellte ihnen im ganzen ein befriedigendes Zeugnis aus. „Sie tun<br />
niemandem etwas zu leide, sind fleißig und ordentlich. Die anfänglichen<br />
Reibereien haben schon lange aufgehört. Man rechnet sie jetzt dazu. Sie<br />
leben eben so dahin." Für ihre zwei Kinder sorgt die 34jährige Zigeunerin<br />
gut und schickt sie immer pünktlich und sauber zur Schule. Von ihrer Abstammung<br />
will sie natürlich nichts wissen und versucht alles zu vertuschen.<br />
Die 13jährige Hedwig Winters t ein (Gruppe I) hatte noch lange<br />
Zeit starkes Heimweh nach den Ihren. Dann lebte sie sich aber in dem Heim<br />
ein und war schließlich sogar gerne da. Für eine Dienststelle schien die<br />
„sehr lebenslustige" kleine Zigeunerin aber wenig geeignet. Man behielt sie<br />
bis zu ihrem 21. Lebensjahr in der Anstalt. Trotzdem sie dann bei einem<br />
sehr strengen Bauern war; konnte man es nicht verhindern, daß sie ein<br />
uneheliches Kind gebar. Sie ließ es bei fremden Leuten und ging als<br />
Fabrikarbeiterin in eine mittelgroße Stadt. Ehe sie abgleiten konnte, heiratete<br />
sie ein geschiedener Bahnarbeiter, von dem sie ihr zweites uneheliches<br />
Kind zur Welt gebracht hatte. Der Mann stammt aus einer einfachen aber