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Eva Justin

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138 <strong>Justin</strong><br />

war eine genügend scharfe Ueberwachung des R. nicht möglich. Er wurde<br />

nicht nur wegen Dienstvernachlässigung im Einzelfall (Laufenlassen von<br />

Kriegsgefangenen), sondern wegen allgemeiner Unzuverlässigkeit in Eigentumssachen<br />

entlassen."<br />

Ueber seine vier schulpflichtigen Kinder berichtet der Lehrer:<br />

Emma, geb. 1928, zeigt einen echten Zigeunertyp. Sie läßt sich<br />

gehen und ist 'arbeitsscheu, lügenhaft und verschlagen, sogar frech, hat<br />

sich auch schon Diebstähle zuschulden kommen lassen.<br />

Sofia, geb. 1928, scheint ruhiger zu sein, sie hat ein angenehmeres<br />

Wesen und ist aufrichtiger.<br />

Jbachim, geb. 1932, hat sich als echter Zigeuner entpuppt, ist lügenhaft<br />

und hat schon mehrere Einbruchsdiebstähle hinter sich. In der<br />

Schule ist er fleißig und arbeitet im Unterricht recht gut mit.<br />

Auguste, geb. 1935, ist im 1. Schuljahr. Sie ist fleißig, aber auch<br />

lügenhaft.<br />

Katharina Reinhardt, die Großmutter der eben •genannten Kinder, war<br />

nach 1900 drei bis Vier Jahre bei verschiedenen Bauern in einem Ort im<br />

Dienst. Sie soll sehr fleißig und auch ehrlich gewesen sein. Nachteiliges<br />

wurde nicht über sie bekannt. Später arbeitete sie bei Bauern im gleichen<br />

Kreis. Solange ihr Kind in der Pflegestelle war, besuchte sie es öfter.<br />

Als es 1910 in das Heim gegeben wurde, ließ sie sich nicht mehr sehen.<br />

Keiner hat dort mehr etwas von ihr gehört.<br />

1911 gebar sie ihr zweites uneheliches Kind Barbar a Reinhard t.<br />

Als Vater gab sie einen Musiker an, der als Hausbursche und vorher<br />

bei den Roten Radlern gearbeitet hatte. Die Vaterschaft konnte er nie<br />

anerkennen, da sein Aufenthalt unbekannt blieb. Das Kind war zuerst in<br />

einer Pflegestelle.<br />

Als die Mutter 1914 den neunmal vorbestraften Transportarbeiter Paul<br />

Finger, geb. 1887, heiratete, nahm sie és zu sich. Bald empörten sich<br />

aber die Nachbarn über die schlechte Behandlung des Kindes. Es war<br />

völlig verwahrlost, schmutzig und mangelhaft bekleidet, ungenügend ernährt<br />

und schwach. Die Mutter schlug es oft und trat es mit Füßen. Da das<br />

Jugendamt dazu noch wußte, daß sie der heimlichen Gewerbsunzucht nachging,<br />

wurde ihr das Sorgerecht für das Kind entzogen, das von da an in<br />

einem Heim aufwuchs. Dieses hatte uns die Barbara vor einigen Jahren<br />

(1937) als einen guten Erziehungserfolg gemeldet. Sie sei seit einigen<br />

Jahren als Mädchen tätig. Man sei mit ihr sehr zufrieden, da sie ehrlich,<br />

arbeitsam und treu arbeite. Nur das Sparen gehe ihr ab. Sie habe viel<br />

Freude an leichten und möglichst farbigen Kleidern und brauche hierzu viel<br />

Geld. (Ihr Strafregister vom Mai 1942 zeigte aber einen Diebstahl im<br />

Jahre 1940 an, so daß wir nun doch genauere Auskünfte von den verschiedenen<br />

Arbeitgebern einholten.) Während sie in der ersten Stelle, wo sie<br />

vier Jahre diente, ganz in der Bauernfamilie lebte und sich gut hielt,<br />

war der Arbeitgeber in der zweiten Stelle nicht mehr ganz mit ihr zufrieden.<br />

Sie war anstellig, aber von langsamer Auffassung, normal begabt und

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