PDF-Ausgabe - G'sund.net
PDF-Ausgabe - G'sund.net
PDF-Ausgabe - G'sund.net
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
10<br />
Menschen helfen Menschen<br />
Impfkampagne von Ärzte ohne Grenzen<br />
Masern-Impfeinsatz des steirischen Arztes Raphael Ulreich<br />
im afrikanischen Tschad<br />
seit Anfang des Jahres sind im<br />
Distrikt Abéché zahlreiche<br />
Masernfälle bekannt geworden.<br />
Das tschadische Gesundheitsministerium<br />
hat daraufhin Ärzte<br />
ohne Grenzen um die Durchführung<br />
einer Massenimpfung gebeten,<br />
um die Epidemie einzudämmen.<br />
Seit Anfang Februar impfen<br />
MSF-Teams Kinder zwischen<br />
6 Monaten und 15 Jahren. Mehr<br />
als 160.000 Kinder sollen den notwendigen<br />
Impfschutz er halten.<br />
Impfeinsatz im Busch<br />
Mit vom Wüstensturm zerzausten<br />
Haaren und von der tschadischen<br />
Sonne gebräuntem Gesicht<br />
nimmt Raphael Ulreich auf einem<br />
Sessel im Mitarbeiterhaus von<br />
Ärzte ohne Grenzen in Abéché<br />
Platz. Dehydriert nach einem<br />
langen Tag im Busch erzählt er<br />
von der Impfkampagne, die Ärzte<br />
ohne Grenzen derzeit im Osten<br />
des Tschad durchführt. Heute<br />
haben seine vier Teams dutzende<br />
Kinder in sechs Orten südlich von<br />
Abéché geimpft.<br />
„Alles lief wie am Schnürchen“,<br />
erklärt der Steirer. „Wir wurden<br />
von den Dorf-Chefs und der Bevölkerung<br />
freundlich empfangen<br />
und haben vor Ort Freiwillige<br />
gefunden, die uns beim schnellen<br />
Aufbau der Impfstationen unterstützt<br />
haben. Da unsere Sensibilisierungs-Teams<br />
bereits zwei Tage<br />
zuvor unser Kommen angekündigt<br />
hatten, waren die meisten Kinder<br />
bereits versammelt.“<br />
Behandlung von<br />
Masernpatienten<br />
Die zwölf internationalen medizinischen<br />
Mitarbeiter von Ärzte<br />
ohne Grenzen führen die Impfungen<br />
nicht selbst durch, sondern<br />
bilden von den lokalen Gesundheitsbehörden<br />
bereitgestellte<br />
Teams aus und überwachen den<br />
Ablauf der Impfungen. Außerdem<br />
stellen sie die Behandlung von an<br />
Masern-Impfkampagne von Ärzte ohne Grenzen.<br />
Masern Erkrankten sicher. „Jeden<br />
Tag stellen wir bei ungefähr<br />
20 Kindern eine Maserninfektion<br />
fest. Die meisten von ihnen sind<br />
einfache Fälle, die wir vor Ort behandeln<br />
können. Die schwierigen<br />
Fälle überweisen wir in das Krankenhaus<br />
von Abéche“, erklärt der<br />
dreißigjährige Arzt.<br />
„In Europa kommt es bei Kindern<br />
mit Masern nur selten zu Komplikationen.<br />
Hier hingegen ist die<br />
Impfabdeckung sehr gering, und<br />
aufgrund der schwierigen Lebensbedingungen<br />
ist die Krankheit<br />
viel gefährlicher – besonders<br />
für Kinder unter fünf Jahren.<br />
Die Mortalität ist aufgrund von<br />
Lungenkomplikationen oder in<br />
Verbindung mit Unterernährung<br />
viel höher. Augenkomplikationen<br />
können außerdem zu Erblindung<br />
führen.“<br />
Gekühlte Impfstoffe<br />
Impfstoffe müssen auf ihrem Weg<br />
von der Produktion bis zum Patienten<br />
gekühlt bleiben, weil sie<br />
sonst unbrauchbar werden. Damit<br />
die Medikamente aber auch<br />
in Regionen ohne Elektrizität kühl<br />
bleiben, setzt Ärzte ohne Grenzen<br />
Der steirer Dr. Raphael<br />
Ulreich im Tschad.<br />
eine Vielzahl an technischen Geräten<br />
ein. Dieser „kühle“ Weg,<br />
von der Produktion zum Patienten,<br />
nennt man Cold-Chain.<br />
Vor Ort erhält das Impfteam eine<br />
große Kühlbox mit zirka 4.200<br />
Impfstoffen. Die Impfstoffe sind<br />
in Pulverform und werden mit<br />
Lösungsflüssigkeit hergestellt.<br />
Weiters werden drei kleinere<br />
Kühlboxen mitgeliefert, die dazu<br />
dienen, dass die großen Boxen<br />
möglichst selten geöff<strong>net</strong> werden<br />
müssen.<br />
Vier Impfungen pro<br />
Minute<br />
Ein Mitglied des Impfteams bereitet<br />
die Impfstoffe vor und lagert<br />
sie in einer Thermo-Tasche.<br />
Ein zweiter Mitarbeiter entnimmt<br />
die Impflösung und impft. Wenn<br />
es sich um eine große Impfkampagne<br />
handelt, können auf diese<br />
Weise 1.200 bis 1.800 Personen<br />
pro Tag geimpft werden, das sind<br />
vier Impfungen pro Minute.<br />
Beeindruckende<br />
leistungen<br />
Raphael Ulreich ist seit einigen<br />
Monaten auf Einsatz im nördlich<br />
von Abéché gelegenen Guéréda,<br />
wo Ärzte ohne Grenzen vier Gesundheitszentren<br />
betreut und<br />
Gesundheitspersonal ausbildet.<br />
Nun ist er für einige Wochen<br />
in Abéché, um das Notfallteam<br />
zu unterstützen, das eigens zur<br />
Durchführung der Impfkampagne<br />
hierher gekommen ist. „In Guéréda<br />
haben wir 500 Kinder gegen<br />
Keuchhusten geimpft, doch das<br />
ist nicht mit dieser Impfkampagne<br />
hier zu vergleichen: Das Impfen<br />
Zehntausender Kinder, eine<br />
enorme Kühlkette zur Konservierung<br />
der Impfstoffe, mehr als 10<br />
Teams gleichzeitig an verschiedenen<br />
Orten… Ich bin wirklich beeindruckt<br />
von dem, was hier auf<br />
die Beine gestellt wird!“ n<br />
Weitere Informationen:<br />
www.aerzte-ohne-grenzen.at<br />
Juni 2009 Menschen helfen Menschen<br />
Fotos: Jean Pierre Amigo