PDF-Ausgabe - G'sund.net
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einfach nur unmöglich teuer ist; aber es ist<br />
eine großartige Stadt. Ich empfinde es als ein<br />
großes Privileg, hier leben zu können. Aber<br />
Graz sehe ich als mein Zuhause und bin immer<br />
sehr froh, wenn ich wieder ein bisschen<br />
Zeit hier verbringen darf. Die Lebensqualität<br />
ist nämlich ohne Zweifel in Österreich um ein<br />
vielfaches höher.<br />
G’sund: Wie kamst Du zu Vivienne Westwood?<br />
Ich glaube Du erzähltest, dass Du während<br />
des Studiums schon ein Praktikum bei ihr<br />
gemacht hast.<br />
Anastasato: Ja, ich habe ein Praktikum bei<br />
Vivienne Westwood gemacht und bin dann<br />
während meines Studiums in Kontakt mit<br />
meinen ehemaligen Mitarbeitern geblieben.<br />
Schließlich habe ich mich erneut beworben<br />
und ein Angebot bekommen.<br />
G’sund: Was machst Du schwerpunktmäßig<br />
bei Ihr, wofür bist Du verantwortlich?<br />
Anastasato: Ich kümmere mich hauptsächlich<br />
um die Accessoires der japanischen Lizenzen.<br />
Das heißt, ich entwerfe verschiedene Produkte,<br />
vom Regenschirm bis zur Sonnenbrille<br />
– insgesamt 15 Kategorien – die in Japan unter<br />
unserem Namen vertrieben werden. Jede<br />
Saison stelle ich eine Mappe mit eigenen Entwürfen<br />
und Bildern von existierenden Produkten<br />
(wie eine alte Sonnenbrille, die ich wegen<br />
ihres Rahmens schön finde und der Produktionsfirma<br />
als Beispiel zur Orientierung gebe)<br />
zusammen und füge eine große Auswahl an<br />
Drucken bei. Später wird dann entschieden,<br />
was wir weiterentwickeln und welcher Druck<br />
dafür verwendet wird – es ist eine sehr farbenfrohe<br />
Angelegenheit.<br />
Zusätzlich assistiere ich Vivienne und ihrem<br />
Mann Andreas bei der Modenschau in Paris<br />
– da wird jede Hilfe gebraucht.<br />
Menschen helfen Menschen<br />
G’sund: Wie können wir uns die Tage vor einer<br />
großen Modeschau vorstellen?<br />
Anastasato: Lange. Oft schläft man gar nicht.<br />
Viele Entscheidungen können und sollten erst<br />
im letzten Moment unter viel Druck getroffen<br />
werden. Und Organisation kann nur bis zu<br />
einem gewissen Grad betrieben werden. So<br />
läuft es zumindest bei uns. Ich bin dann immer<br />
ganz erstaunt, wie wunderbar es dann doch<br />
geklappt hat. Aber ich muss zugeben, dass das<br />
meine Lieblingsarbeit ist – die Vorbereitung<br />
der Show. Es ist für mich das spannendste und<br />
wunderbarste Ereignis.<br />
G’sund: Was ist Dein großes Ziel? Du musst<br />
für Dein Diplom eine Herrenkollektion machen.<br />
Wann wirst Du damit beginnen?<br />
Anastasato: Ich habe mein Studium vorerst<br />
auf Eis gelegt, um mich ohne zusätzlichen<br />
Stress auf eine Sache konzentrieren zu können.<br />
Ich habe schon vor, mich selbstständig<br />
zu machen, aber vielleicht wird das niemals<br />
nötig sein. Mein wirklich großes Ziel ist Ausgeglichenheit<br />
und Glück. Es hört sich so esoterisch<br />
an, aber das ist mein Ziel. Oder zumindest<br />
den Zustand des Glücklichseins immer<br />
wiederzufinden, denn er vergeht schließlich<br />
auch wieder – aber das ist ja natürlich. Und<br />
der Rest ergibt sich dazwischen.<br />
G’sund: Hast Du eigentlich ein Vorbild?<br />
Anastasato: Ich glaube nicht wirklich an Vorbilder<br />
im herkömmlichen Sinn. Es ist nie gut,<br />
etwas als Beispiel herzunehmen und sich in<br />
jeder Hinsicht daran festzuhalten – so bleibt<br />
man selber auf der Strecke. Aber es gibt viele<br />
Menschen zu denen ich aufschaue und die<br />
ich bewundere. Sie beeinflussen mich alle<br />
auf irgendeine Weise. Was das Gute und die<br />
Liebe in mir beeinflusst, kommt aber schon<br />
von meiner Familie, vor allem von meiner<br />
Großmutter.<br />
G’sund: Fehlt Dir eigentlich Deine Familie?<br />
Anastasato: Natürlich. Aber wir sehen uns<br />
regelmäßig und telefonieren sehr oft. Durch<br />
die Entfernung habe ich aber auch ein ganz<br />
neues Verhältnis zu meiner Familie aufgebaut.<br />
Ich weiß sie auf ganz andere Art viel mehr zu<br />
schätzen und genieße die gemeinsame Zeit<br />
viel viel mehr, wenn ich sie dann sehe.<br />
G’sund: Bleibt Dir Zeit für Freunde? Hast du<br />
viele neue Freunde in London gefunden?<br />
Anastasato: Ich habe Freunde an vielen Orten.<br />
Das entspricht der heutigen Situation,<br />
in der jeder irgendwie irgendwo lebt oder<br />
studiert. Meine Generation scheint Dank der<br />
Zugänglichkeit des Auslandes ziemlich international<br />
zu sein. Also vielleicht sollte ich<br />
Bekanntschaften sagen – meine richtigen<br />
Freunde leben in Graz und London, aber ich<br />
fühle mich ihnen gleichermaßen verbunden.<br />
G’sund: Was würdest Du jungen Menschen<br />
raten, die auch gerne im Ausland studieren<br />
oder arbeiten würden?<br />
Anastasato: Es steht ihnen ja kaum etwas<br />
im Wege. Ich würde allerdings wirklich abwägen,<br />
wie groß das Verlangen ist, ins Ausland<br />
zu gehen und warum man es tun möchte.<br />
Langeweile sollte kein Grund sein. Es besteht<br />
schon auch eine Art Trend, ins Ausland zu gehen.<br />
Ich bereue es nicht, aber ich weiß, dass<br />
ich in Österreich genauso glücklich geworden<br />
wäre, nur anders eben. Und zu Hause ist es ja<br />
doch am schönsten! n<br />
http://www.anastasato.com<br />
Juni 2009<br />
PAnORAMA<br />
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