31.07.2017 Aufrufe

SPORTaktiv August 2017

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

das Einstellen von Schaltungen, dem Justieren<br />

der Scheibenbremsen bis hin zum<br />

nächtlichen Wechsel des Vorbaus auf einem<br />

Highway und dem Reinigen der drei Velos<br />

gab es hier einiges zu erledigen.<br />

Anschreien? Koffeingetränk reichen?<br />

Abgesehen von der medialen Wichtigkeit<br />

zählen Interviews und Gespräche mit der<br />

Mediencrew zum Unterhaltungsprogramm,<br />

das Strasser munter und bei Laune hält.<br />

Gesprochen wird über alles, wirklich alles,<br />

denn es ist enorm wichtig, den Hauptdarsteller<br />

auf den 4.800 Kilometern mental zu<br />

beschäftigen und ihn wach zu halten. Über<br />

Lautsprecher auf dem Autodach wird er<br />

beschallt, er selbst ist über ein Headset zu<br />

hören. Musik, Kabarettstücke oder Sprachnachrichten<br />

von Freunden und Bekannten<br />

pushen in schwierigen Momenten enorm.<br />

Selbst ein Mann, der mit seinen Vorträgen<br />

Tausende Menschen motiviert und<br />

antreibt, braucht gelegentlich Motivation.<br />

Und da ist Fingerspitzengefühl gefragt.<br />

Braucht er einen Powernap? Reicht ein<br />

Anschreien, ein eiskalter Wasserstrahl im<br />

Gesicht oder ein koffeinhaltiges Getränk?<br />

Schlafmangel alleine reicht schon, um<br />

Menschen dünnhäutig werden zu lassen<br />

und in diesem Fall kommt die körperliche<br />

Belastung dazu. Am Ende wäre Strasser selber<br />

der, der sich über zusätzliche Pausen am<br />

meisten aufregen würde, denn es geht nicht<br />

nur um die Platzierung. „Es ist das geilste<br />

Rennen der Welt und da hat man die<br />

Pflicht, seine beste Leistung abzuliefern“,<br />

sagt er immer wieder.<br />

Ständiger Kampf mit der Müdigkeit<br />

Wir Betreuer schlafen, wann und wo es sich<br />

ausgeht. Die Pacecar-Crews im Wohnmobil,<br />

die Medienleute meist im Auto und das<br />

nur stundenweise. Nach spätestens zwei,<br />

drei Tagen ist es ein ständiger Kampf mit<br />

der Müdigkeit. Man schläft, wenn es geht.<br />

Den angepassten Earwear-Gehörschutz rein<br />

und Augen zu. Vor allem die Neulinge vergessen<br />

in den ersten Tagen aber vor lauter<br />

Aufregung, sich auszurasten und so kann<br />

es sein, dass dann auf einmal der Stecker<br />

draußen ist. Landschaftliche Höhepunkte,<br />

wie das Monument Valley, die Pässe in den<br />

RACe ACROSS<br />

AMeRiCA (RAAM)<br />

DAS „WORLD’S TOUGHEST<br />

BICYCLE RACE“ FÜHRT<br />

JÄHRLICH ÜBER RUND 4.800<br />

KILOMETER UND 52.000<br />

HÖHENMETER VON DER<br />

WESTKÜSTE ZUR OSTKÜSTE<br />

DER USA. REKORDSIEGER (5<br />

X) IST DER SLOWENE JURE<br />

ROBIC. ÖSTERREICHS BES-<br />

TER EXTREMRADSPORTLER<br />

CHRISTOPH<br />

STRASSER HÄLT JETZT<br />

BEI VIER SIEGEN.<br />

Auch für den Jubel nach der Zielankunft in Annapolis ist die Crew<br />

zuständig. Bei nachtschlafender Stunde um 3.20 Uhr morgens.<br />

Rocky Mountains, der Half-Way-Point<br />

oder die Brücke über den Mississippi sind<br />

unvergessen – andere bleiben angesichts<br />

der permanenten Müdigkeit nicht lange im<br />

Kopf. Oft wissen wir nicht einmal genau,<br />

in welchem Bundesstaat wir gerade sind,<br />

von Ortsnamen gar nicht erst zu reden.<br />

Eine der wenigen Konstanten auf dem<br />

Weg nach Osten ist der Walmart. Es gibt<br />

dort wirklich alles zu kaufen, das WLAN ist<br />

gratis und reicht für Videoanrufe zu Hause<br />

und selbst nach vier Tagen ohne Dusche<br />

und mit schmutziger Kleidung fällt man<br />

dort nicht wirklich auf. Duschen sind Mangelware<br />

und so bleibt meist nur der Griff zu<br />

Deo und Feuchttuch.<br />

Eine Erfrischung haben wir uns nach<br />

dem Rennen alle redlich verdient, wobei<br />

die meisten relativ schnell ins Bett gehüpft<br />

sind. Eine Wohltat nach den Nächten<br />

hinter dem Steuer, auf der Bank im<br />

schwankenden Wohnmobil oder auf dem<br />

Beifahrersitz am Straßenrand. Es sollte<br />

nach unserer Ankunft noch ein, zwei Tage<br />

dauern, bis das Gesehene, das Gespürte,<br />

das Erlebte und das Erreichte auch in uns<br />

richtig ankommt. Doch dann kommt es<br />

wie ein Vorschlaghammer. Baam und die<br />

Tränen kullern über die Wangen.<br />

Fotos: Manuel Hausdorfer/limeART<br />

114 <strong>SPORTaktiv</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!