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SPORTaktiv August 2017

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Der Mensch ist ein Fußgänger, davon<br />

ist Hans Thurner überzeugt.<br />

„Die Fortbewegung mit eigener<br />

Muskelkraft entspricht am ehesten der<br />

menschlichen Aufnahmefähigkeit“,<br />

formuliert er seine These. Als Bergund<br />

Skiführer sowie Fotograf war der<br />

53-Jährige in praktisch allen großen<br />

Gebirgen der Welt unterwegs. In den<br />

Anden und Rocky Mountains, im Himalaya<br />

und Karakorum, im Kilimanjaro<br />

und Atlas-Gebirge, um nur einige zu<br />

nennen. Zuletzt zog es ihn zu einer<br />

Expedition nach Grönland. Aber seine<br />

Alpen-Längsüberquerung, bei der er<br />

1.800 Kilometer von Wien nach Nizza<br />

wanderte, hat dennoch in seinem Leben<br />

eine Sonderstellung.<br />

„Vor der Haustür weggehen, ohne<br />

Zeitlimit. Bloß das Ziel zu kennen, aber<br />

nicht den Weg dorthin“, erklärt Thurner<br />

Besonderheiten, die dieses Unternehmen<br />

von anderen Reisen unterscheiden.<br />

„Freiheit ist ein etwas abgedroschenes<br />

Wort“, sagt er auch – aber trotzdem<br />

gebe kein Besseres für das Gefühl, das<br />

sich bei so einer Weitwanderung einstellt.<br />

„2.000 Kilometer Freiheit“ heißt<br />

auch das Buch über die Tour, die der<br />

Wiener gemeinsam mit seiner Partnerin<br />

Anita unternahm.<br />

Die Fernsicht vom Schneeberg<br />

Die Idee, über den gesamten Alpenbogen<br />

zu wandern, trug Thurner schon<br />

lange mit sich herum. Gekommen ist<br />

ihm der Gedanke am Schneeberg-Gipfel,<br />

bei fantastischer Fernsicht. Diesen<br />

Traum zu leben, war für ihn als Selbstständiger<br />

einfacher als für seine Begleiterin,<br />

die sich als Krankenpflegerin unbezahlten<br />

Urlaub nahm. Im April starteten<br />

beide am Wiener Donauufer. Knapp<br />

IMMER MEHR ZIEHT<br />

ES HEUTE WIEDER AUF<br />

MEHRTÄGIGE WANDERUN-<br />

GEN – DIE MEISTEN FÜR<br />

DREI, FÜNF ODER MAXI-<br />

MAL SIEBEN TAGE. DER<br />

WIENER BERGFÜHRER<br />

HANS THURNER HAT SICH<br />

SEINEN WEITWANDER-<br />

LEBENSTRAUM SCHON<br />

ERFÜLLT: AUF EINER<br />

1.800-KILOMETER-TOUR<br />

LÄNGS DES ALPENBOGENS<br />

ÜBER 101 TAGE.<br />

VON CHRISTOF DOMENIG<br />

vier Monate oder genau 101 Marschtage<br />

später standen sie in Nizza und ließen<br />

sich am Strand die Wandererfüße von<br />

der Meeresgischt umspülen.<br />

Dazwischen lag die intensivste Zeit<br />

seines Lebens, meint Thurner. Herzliche<br />

Begegnungen, rührende Hilfsbereitschaft<br />

von allen möglichen Menschen.<br />

Die Erkenntnis, wie unglaublich vielfältig<br />

die Alpenregion ist – auch wenn<br />

der Bergführer viele Regionen zuvor<br />

schon einzeln bereist hatte. Das Gefühl,<br />

endlos Zeit zu haben. Wenngleich sich<br />

das Wandererpaar daran erst gewöhnen<br />

musste. „Der nächste Fixtermin im<br />

Terminkalender war der 12. November.<br />

Dennoch hatten wir in der ersten Zeit<br />

der Tour nach dem Start im April oft<br />

das Gefühl, getrieben zu sein, weiter zu<br />

müssen. Obwohl es doch objektiv gesehen<br />

keine Rolle spielte, ob wir drei Wochen<br />

mehr oder weniger brauchen.“ Es<br />

dauerte einige Zeit, bis die Gelassenheit<br />

kam – als würde sich auch die Psyche an<br />

den langsamen Rhythmus beim Gehen<br />

erst anpassen.<br />

<strong>SPORTaktiv</strong><br />

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