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Credit Suisse bulletin, 2001/03

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Foto: Archiv Theo Zwicky, mr.jazz Photo Files, Zürich<br />

allen Arrangeuren auch am<br />

raffiniertesten für den ganzen<br />

Saxophonsatz schrieb. Die<br />

Trompeter standen alle im<br />

langen Schatten Armstrongs,<br />

aber sie machten dessen<br />

expressiven Portato-Stil flexibel:<br />

Henry Red Allen, Harry<br />

«Sweets» Edison, Buck<br />

Clayton, und Roy Eldridge.<br />

Sosehr die Jahre zwischen<br />

1933 und 1945 die Jahre der<br />

grossen Orchester waren:<br />

von Ellington und Basie, später<br />

Woody Herman und Stan<br />

Kenton abgesehen, fanden die<br />

musikalisch spannendsten<br />

Debatten in kleinen Formationen<br />

statt: in den Kleinformationen<br />

des pianistischen Unterhaltungsgenies<br />

Fats Waller,<br />

in den Kammerensembles<br />

von Goodman, in den Ad-hoc-<br />

Gruppen von Hampton, im<br />

«Quintette du Hot Club de<br />

France» von Django Reinhardt<br />

und Stephane Grapelli, in den<br />

Trios des rauschenden Art<br />

Tatum und des eleganten Nat<br />

«King» Cole – die sprengten<br />

im Grund schon den Kanon<br />

der streng ans Metrum<br />

gebundenen Improvisation.<br />

Als die grossen Orchester<br />

starben, aus vielerlei, hauptsächlich<br />

aber handfesten wirtschaftlichen<br />

und soziologischen<br />

Gründen – am Ende<br />

der wichtigste: Das Fernsehen<br />

veränderte erst die Unterhaltungs-,<br />

dann die Lebensgewohnheiten<br />

der Amerikaner,<br />

als die Rebellen des Bebop<br />

gegen die Altväter antraten<br />

(denen sie mehr verdankten,<br />

als sie gelegentlich wahrhaben<br />

wollten: Dizzy Gillespie<br />

Roy Eldridge, Charlie Parker<br />

Lester Young, Bud Powell<br />

Art Tatum, Max Roach Jo<br />

Jones). Nach den Tagen der<br />

EINSTIEGSDROGEN IN DEN SWING:<br />

PETER RÜEDIS CD-TIPPS<br />

Hier ein paar Einstiegsdrogen in den Swing.<br />

Für alle gilt: laut hören, Schwiegermutter in die<br />

Ferien schicken, Lebenspartner mit Lexotanil<br />

versorgen und Hausmeister auf die Gehörschutzpfropfen<br />

vom letzten Feldschiessen<br />

verweisen. Dann aufdrehen. Und wenn das<br />

nicht geht: Kopfhörer montieren.<br />

■ Benny Goodman at Carnegie Hall 1938.<br />

Columbia C2K65143. Die Sternstunde des<br />

Swing, restauriert und endlich komplett auf<br />

zwei CDs: der Jazz erobert den klassischen<br />

Konzertsaal.<br />

■ The Essential Count Basie Vol.1–3. Columbia<br />

40608/40835/44150-2. Basies erste grosse<br />

Band, später genannt «Das Alte Testament»,<br />

mit Lester Young, Buck Clayton, Sweets<br />

Edision, Dickie Wells u.v.a.<br />

■ Fletcher Henderson: A Study In Frustration.<br />

Columbia 57596 (3 Cds). Die Mutter aller Swing<br />

Bands und der Vater von Goodmans Triumphen<br />

(inklusive Hendersons – und des Swings<br />

– Anfängen in den Zwanzigern, mit Louis<br />

Armstrong, Coleman Hawkins, Benny Carter,<br />

Ben Webster, Chu Berry usw.)<br />

Big-Band-Dämmerung war<br />

der Swing noch längst nicht<br />

tot; er erlebte im Gegenteil<br />

ein Revival, das mit den reaktionären<br />

Rückschauen des<br />

Dixieland-Revivals nichts zu<br />

tun hatte. Und nach den langen<br />

Jahren der binären Rhythmik<br />

des Rock mehren sich die<br />

Anzeichen für ein weiteres<br />

Comeback mehr polyvalenter,<br />

filigraner, schwebender rhythmischer<br />

Qualitäten – auch in<br />

Musik, die sonst mit dem<br />

«Swing» (gross geschrieben)<br />

nur den «swing» (klein<br />

geschrieben) gemein hat.<br />

Credit Suisse lässt das Tanzbein schwingen:<br />

Im Rahmen der Zürcher Festspiele vom 22.6.<br />

bis zum 15.7. findet «Swing City» statt. Mehr<br />

Infos finden Sie unter www.swingcity.ch<br />

■ Jimmie Lunceford: Best of 1934–1942. Best<br />

of Jazz 4002. Für Kenner die heisseste Show<br />

Band des Harlem Swing: Swing ist Tanzmusik<br />

ist Swing; erstklassige Arrangements, perfektes<br />

Ensemblespiel.<br />

■ Duke Ellington: The Blanton-Webster-Band.<br />

RCA 7432113181 (3 CDs). Der Schritt über<br />

den Swing hinaus: Wohl die beste Ellington-<br />

Band aller Zeiten.<br />

■ Artie Shaw: Best of 1937–42. Best of Jazz<br />

4<strong>01</strong>6. Der Impressionist unter den Chefs der<br />

traditionellen Swing Bands. Der geschmeidige,<br />

elegante, raffinierte Konkurrent Goodmans.<br />

■ The Complete Lionel Hampton Small Groups.<br />

RCA (franz.) Vol.1–4. Jazz Tribune 7432122<br />

6142 und 74321155252. Die legendären Aufnahmen<br />

von Hamptons Ad-hoc-Studioformationen,<br />

in denen die Crème der Solisten aus<br />

allen grossen Orchestern spielte, u. a. auch<br />

der 22-jährige Dizzy Gillespie.<br />

■ Art Tatum: I Got Rhythm 1935–44. Decca GRD<br />

630. Der Pianovirtuose des Jazz als solcher<br />

und schlechthin. Die Summe allen Klavierspiels<br />

zumindest bis zum Bebop.<br />

■ Thomas Fats Waller: The Very Best Of. Collectors<br />

Choice Music 141. Hart im Nehmen, hart<br />

im Austeilen, hart im Swing seiner berühmten<br />

linken Hand. Seine Witze waren nicht für die<br />

Ohren von höheren Töchtern gedacht (und<br />

gerade deshalb auch von denen gemocht).<br />

Lionel Hampton<br />

Orch.<br />

New York, NY,<br />

Savoy Ballroom<br />

1941<br />

70 Credit Suisse Bulletin 3|<strong>01</strong>

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