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FMag 100 J Frauen

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Die Kämpferin | Im Gespräch mit Renate Schmidt<br />

von Passau rüber nach Vilshofen und fragte, was ich dazu sage. Ich<br />

meinte nur: „Lieber Herr Erhard, die Herren, die mich Mäuschen<br />

nennen dürfen, die suche ich mir selber aus, und Herr Streibl gehört<br />

nicht dazu.“<br />

Rapke: Damals warst du immerhin schon Landesvorsitzende der BayernSPD<br />

und Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags. Blicken wir<br />

zurück: Wie gelang es dir, dir als junge Bundestagsabgeordnete in<br />

den 80ern Respekt zu verschaffen?<br />

Schmidt: Als ich angefangen habe im Deutschen Bundestag, gab<br />

es dort fünf Prozent <strong>Frauen</strong>, und die SPD war mit 9,5 Prozent die<br />

frauenstärkste Fraktion. 1980 waren die Union, SPD und FDP im<br />

Bundestag. Wenn eine Frau in der Fraktion das Wort ergriff, stieg<br />

der Geräuschpegel, und eigentlich hat niemand zugehört. Und<br />

Themen, die <strong>Frauen</strong> ganz gerne besprochen hätten, wie zum Beispiel:<br />

Wie schaut es mit Kindergartenplätzen und Vereinbarkeit<br />

von Familie und Beruf aus?, waren No-Themen. Das ist der eine Teil<br />

der Geschichte. Der andere ist, dass dich natürlich jeder sofort<br />

kennt. Ich musste mich beim Pförtner nach der zweiten Woche<br />

nicht mehr ausweisen. Meine gleichzeitig neu gewählten männlichen<br />

Kollegen, einschließlich Gerhard Schröder, mussten sich monatelang<br />

ausweisen.<br />

Man wird auch von der Presse eher bemerkt und gibt mehr Interviews.<br />

Ich wurde außerdem als Rednerin oft angefragt, weil diese Kom -<br />

bination, eine Frau in einem angeblichen Männerberuf als Programmiererin<br />

und Systemanalytikerin, als Gewerkschafterin,<br />

Betriebsrätin und dreifache Mutter, nahezu einmalig war. Ich habe<br />

in allen großen Debatten geredet, beispielsweise zu Tschernobyl<br />

und zur Nachrüstung. Das hilft natürlich dann auch, ohne große<br />

Funktionen bekannt zu werden. Das ist die zweite Seite der Medaille.<br />

Die Minderheitenposition kann frau auch nutzen, um daraus<br />

Honig zu saugen.<br />

Rapke: Trotzdem geht es ja auch darum, die Mechanismen der Macht<br />

zu erlernen, das kann man ja nicht bei Seminaren oder hat man damals<br />

zumindest bei Seminaren sicherlich nicht lernen können.<br />

Schmidt: Nein.<br />

12/2017 DER FREISTAAT<br />

Bayerische Schriften für soziale Demokratie<br />

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