FMag 100 J Frauen
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Nur wenn genügend <strong>Frauen</strong> in den Parlamenten vertreten sind, wird Politik für <strong>Frauen</strong> gemacht<br />
<strong>Frauen</strong> sind aber die besten Anwältinnen für<br />
Anliegen, die <strong>Frauen</strong> betreffen. Das haben wir,<br />
meine Kolleginnen in der bayerischen SPD<br />
und ich, oft erlebt. Für mich war das auch der<br />
Grund, selbst in die Politik zu gehen – ein<br />
Schritt, der nie geplant war, sondern sich natürlich<br />
ergab.<br />
Geprägt hat mich Folgendes: Als ich Schülerin<br />
war, tobte in Bayern der Streit um die Wiederaufarbeitungsanlage<br />
im oberpfälzischen Wackersdorf.<br />
Was dort auf den Demos passierte,<br />
werde ich nie vergessen. Doch der Mut der Bevölkerung<br />
im Widerstand gegen Atomkraft<br />
hat sich gelohnt.<br />
Später, nach meinem Studium, ging ich mit<br />
meiner Familie einige Zeit nach Frankreich.<br />
Dort erlebte ich in den 90er-Jahren, wie selbstverständlich<br />
junge Familien mit einer guten<br />
Kinderbetreuung unterstützt wurden. Zurück<br />
in Deutschland, wollte ich mich in meinem<br />
neuen Wohnort Neubiberg nach dem Angebot<br />
vor Ort erkundigen. Ein kommunaler Beamter<br />
machte mich mit der Realität in Westdeutschland<br />
bekannt: „Kinderbetreuung? So was brauchen<br />
wir hier nicht. Wenn die <strong>Frauen</strong> frei haben,<br />
gehen sie eh nur shoppen!“, meinte er. Dieses<br />
Erlebnis brachte mich zum Entschluss, selbst<br />
politisch aktiv zu werden.<br />
In diesen beiden Stationen meines Lebens<br />
habe ich stark empfunden, wie sich mangelnder<br />
Respekt vor den Menschen auswirkt. Wir<br />
leben gerade in den westlichen Gesellschaften<br />
in einer Phase, in welcher der Ton im Umgang<br />
miteinander rauer wird. Und ich stelle auch die<br />
Rückkehr einer gewissen <strong>Frauen</strong>verachtung<br />
fest. Respekt im Umgang miteinander ist aber<br />
eine Grundlage der Demokratie. Egal wie hitzig<br />
gesellschaftliche und politische Debatten<br />
geführt werden, der Respekt vor der Person<br />
und der Meinung des anderen sind eine Haltung,<br />
die wir nie verlieren dürfen.<br />
Aber auch die Benachteiligungen von <strong>Frauen</strong> –<br />
sei es auf dem Arbeitsmarkt, bei den Einkommen<br />
oder später bei den Renten – sind ein Zeichen<br />
von mangelndem Respekt. Nur wenn<br />
genügend <strong>Frauen</strong> andere <strong>Frauen</strong> in den Parlamenten<br />
vertreten, wird eine Politik für <strong>Frauen</strong><br />
gemacht. Respekt und sozialer Zusammenhalt<br />
gehen immer Hand in Hand. Hier ist noch<br />
viel zu tun.<br />
Parteitag der BayernSPD in Schweinfurt: Die neue<br />
bayerische Landesvorsitzende spricht zu den Delegierten.<br />
12/2017 DER FREISTAAT<br />
Bayerische Schriften für soziale Demokratie<br />
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