FMag 100 J Frauen
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Der lange Weg zum <strong>Frauen</strong>wahlrecht<br />
Der lange Weg zum <strong>Frauen</strong>wahlrecht<br />
Von Gudrun Rapke<br />
„Bayern war der erste Staat in Deutschland,<br />
der die Republik proklamierte, in Bayern verlieh<br />
man den <strong>Frauen</strong> zuerst die politische<br />
Gleichberechtigung, und in Bayern zogen zum<br />
ersten Mal <strong>Frauen</strong> in ein Parlament ein.“ Was<br />
die Monatsschrift „Die Frau im Staat“ im Jahr<br />
1919 so überschwänglich beschrieb, ist das Ergebnis<br />
einer Entwicklung, zu deren Beginn die<br />
<strong>Frauen</strong> kein Heimatrecht, keine Staatsbürgerrechte<br />
besaßen, vor dem Gesetz und in der Bildung<br />
benachteiligt waren. Von öffentlichen<br />
Ämtern, selbst von der Armen- und Waisenpflege<br />
waren sie ausgeschlossen, ganz besonders<br />
aber galt dies für die Politik.<br />
Die Wurzeln einer gesellschaftlichen Beteiligung<br />
von <strong>Frauen</strong> reichen bis in die Zeit der Revolution<br />
von 1848/49 zurück. Doch bei der<br />
Beratung der neuen Verfassung in der Frankfurter<br />
Paulskirche spielte das <strong>Frauen</strong>wahlrecht<br />
keine Rolle, es war ganz klar eine Sache<br />
der Männer. Da eine politische Betätigung im<br />
repressiven Nachrevolutionsklima nicht möglich<br />
war, gründeten <strong>Frauen</strong> in ganz Deutschland<br />
Vereine, die sich mit praktischen Fragen<br />
der Bildung und Wohltätigkeit beschäftigten.<br />
Im 1865 gegründeten Allgemeinen Deutschen<br />
<strong>Frauen</strong>verein (ADF) organisierten sich bis 1913<br />
eine halbe Million <strong>Frauen</strong>. Ihre Hauptziele<br />
waren es, Bildung und Berufstätigkeit der Frau<br />
voranzubringen. Eine wichtige Forderung schon<br />
damals: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!<br />
Die <strong>Frauen</strong>bewegung war sich beim Thema<br />
<strong>Frauen</strong>wahlrecht durchaus nicht einig: Der<br />
Allgemeine Deutsche <strong>Frauen</strong>verein hielt es<br />
für schädlich, die politische Beteiligung der<br />
<strong>Frauen</strong> zu verlangen. Und so blieben es zunächst<br />
Einzelstimmen, wie die von Hedwig<br />
Dohm (1831–1919), die erreichen wollte, dass<br />
<strong>Frauen</strong> per Wahl über die Gesetze des Landes<br />
mitbestimmen können. „Menschenrechte<br />
haben kein Geschlecht“ lautet der Titel ihres<br />
bekanntesten Werkes. Dohm verstand früh,<br />
dass echte Fortschritte in der Emanzipation<br />
nur über Veränderung der Struktur möglich<br />
waren.<br />
Hedwig Dohm war eine der ersten Verfechterinnen<br />
des <strong>Frauen</strong>wahlrechts. Foto: akg<br />
Die <strong>Frauen</strong>bewegung war ein Spiegel der kaiserlichen<br />
Klassengesellschaft: Während sich<br />
auf der einen Seite bürgerliche <strong>Frauen</strong> um Bil-<br />
12/2017 DER FREISTAAT<br />
Bayerische Schriften für soziale Demokratie<br />
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