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NeueChorszene 28 - Ausgabe 1/2018

Zeitschrift des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf e.V. Konzertchor der Landeshauptstadt Düsseldorf

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Sinn und Gemüt. Das Wort ist verdammt<br />

klein, aber es hat es hinter den Ohren, und<br />

ich sage es nicht einem jeden. Aber Du<br />

kannst noch besser werden! Du mußt Dich<br />

mehr zusammennehmen, mehr sammeln,<br />

Du mußt Dich ernster und emsiger zu deinem<br />

eigentlichen Beruf, zum einzigen Beruf<br />

eines Mädchens, zur Hausfrau bilden.<br />

Die wahre Sparsamkeit ist die wahre Liberalität,<br />

wer Geld wegwirft, muß ein Geizhals<br />

oder ein Betrüger werden. Der Frauen<br />

Beruf ist der schwerste, die unausgesetzte<br />

Beschäftigung mit dem Kleinsten, das Auffangen<br />

eines jeden Regentropfens, damit<br />

er nicht in dem Sande verdunste, sondern<br />

zum Bache geleitet, Wohlstand und Segen<br />

verbreite, […]...das, und alles, was Du Dir<br />

dazu denken wirst, sind die Pflichten, die<br />

schweren Pflichten der Frauen.“ 3<br />

Fanny Mendelssohn (1805-1847) hielt<br />

sich zunächst an diese ihr zugedachten<br />

Rolle, nicht jedoch unter Verzicht auf die<br />

musikalische Tätigkeit. Sie komponierte<br />

Klavierstücke und Lieder, eine Oratorium,<br />

eine Ouvertüre. Ihr Ehemann, der Akademiemaler<br />

Wilhelm Hensel, den sie nach<br />

längerer Prüfung heiraten durfte, unterstützte<br />

ihre musikalische Arbeit, ermunterte<br />

sie und wurde so zum idealen Partner<br />

der Komponistin und begabten Pianistin.<br />

Der Italienaufenthalt der Familie Hensel<br />

1839. 1840 brachte eine Veränderung in<br />

der Haltung Fanny Hensels zu ihrer Rolle.<br />

In Rom traf sie auf Mitglieder der französischen<br />

Künstlerkolonie, darunter Charles<br />

Gounod, die sie animierten, zu komponieren<br />

und zu musizieren. An Selbstbewusstsein<br />

gewonnen, begann sie nach ihrer<br />

Rückkehr aus Rom in Berlin ihre Kompositionen<br />

herauszugeben. Dazu schreibt<br />

sie an ihren Bruder Felix: „Eigentlich sollte<br />

ich Dir jetzt gar nicht zumuthen, diesen<br />

Quark zu lesen, beschäftigt wie Du bist,<br />

wenn ich Dir nicht hätte schreiben müs-<br />

3 in: Ute Büchter-Römer: Fanny Mendelssohn-<br />

Hensel, Reinbeck 2001, Seite 31.<br />

sen, um Dir etwas mitzuteilen. Da ich aber<br />

von Anfang an weiß, daß es Dir nicht recht<br />

ist, so werde ich mich etwas ungeschickt<br />

dazu anstellen, denn lache mich aus oder<br />

nicht, ich habe mit 40 Jahren eine Furcht<br />

vor meinen Brüdern, wie ich sie mit 14 vor<br />

meinem Vater gehabt habe, oder vielmehr<br />

Furcht ist nicht das rechte Wort, sondern<br />

der Wunsch, Euch Allen die ich liebe, es in<br />

meinem ganzen Leben recht zu machen,<br />

u wenn ich nun vorher weiß, daß es nicht<br />

der Fall sein wird, so fühle ich mich rather<br />

unbehaglich dabei. Mit einem Wort, ich<br />

fange an herauszugeben, ich habe Herrn<br />

Bock´s treuer Liebeswerbung um meine<br />

Lieder, u seinen vorteilhaften Bedingungen<br />

endlich ein geneigtes Ohr geliehn.<br />

[...] Schande hoffe ich Euch nicht zu machen,<br />

da ich keine u leider<br />

gar kein junges Deutschland bin.“ 4 Dieser<br />

Brief verrät eine Wandlung der Komponistin.<br />

Sie fügt sich nicht mehr dem Postulat,<br />

als Komponistin nur „zur Zierde des<br />

Hauses“ zu komponieren. Zu herzlich und<br />

ehrlich war die Anerkennung, die ihr in Italien<br />

gezollt wurde. Sie fand ihre „Nische“,<br />

ihre musikalische Aufgabe. Da Felix Mendelssohn<br />

als Gewandhauskapellmeister in<br />

Leipzig vollauf beschäftigt war, hatte sie<br />

die Leitung der halböffentlichen „Sonntagsmusiken“<br />

auf der Leipziger Strasse 3<br />

in Berlin übernommen. Diese entwickelten<br />

sich zu einem Treffpunkt Musik interessierter<br />

Menschen, die sich nicht nur aus Berlin<br />

auch zu Diskussionen zusammenfanden.<br />

Fanny Hensel hat diese Tätigkeit genossen.<br />

Wilhelm Hensel saß dabei und zeichnete<br />

alle Gäste, und dokumentierte so,<br />

wer dort alles zu Gast war. Wie glücklich<br />

die Komponistin über diese Konzerte war,<br />

geht aus einem Brief an ihre Schwester<br />

Rebecka vom 18. März 1844 hervor: „Vorigen<br />

Sonntag war bei uns die brillanteste<br />

Sonntagsmusik, die, glaube ich, noch jemals<br />

stattgefunden hat, sowohl was Aus-<br />

4 in: Ute Büchter-Römer: Fanny Mendelssohhn-<br />

Hensel, Reinbeck 2001, Seite 48-49.<br />

NC<strong>28</strong> Seite 15

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