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NeueChorszene 28 - Ausgabe 1/2018

Zeitschrift des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf e.V. Konzertchor der Landeshauptstadt Düsseldorf

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Konzertchor der Landeshauptstadt Düsseldorf

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1968: Die „68er“<br />

Das Jahr 150 des Musikvereins ist nicht nur wegen dieses Jubiläums ein besonderes,<br />

allein schon deshalb, weil noch heute bei einer ganzen Generation von<br />

Menschen unterschieden wird, ob sie „Alt-Achtundsechzigern“ sind oder vor 50<br />

Jahren zu deren Unterstützern, sympathisierenden oder skeptischen Beobachtern<br />

oder Adressaten des von der Studentenbewegung ausgelösten Protestes<br />

zählten. Unabhängig von der damaligen Positionierung oder der heutigen Erinnerung<br />

bleibt dieses Jahr der Wendpunkt in der bundesdeutschen Geschichte, nach<br />

dem sich kaum einer der Beschäftigung mit der jüngeren und vorher gern ausgeblendeten<br />

deutschen Vergangenheit entziehen<br />

konnte. Ziviler Ungehorsam, außerparlamentarische<br />

Opposition, das kritische Hinterfragen<br />

bürgerlicher Traditionen und Moralvorstellungen,<br />

die Emanzipation und antiautoritäre Erziehung<br />

sowie die Durchsetzung des Rechts auf gelebte<br />

Meinungsvielfalt gehörten ab sofort zum Alltag<br />

der Demokratie.<br />

Vor allem an der späteren Militanz zur Durchsetzung<br />

dieser neuen Prinzipien hat sich die Öffentlichkeit<br />

unseres Landes gerieben, aber die<br />

deutsche Gesellschaft wurde und blieb verändert<br />

und lernte aktive Demokratie.<br />

Im anderen Teil Deutschlands wurde die Bewegung<br />

auf sehr unterschiedliche Weise – natürlich nur durch die eigentlich verbotenen<br />

West-Medien – erlebt und gewertet. Viele der sich in der DDR-Diktatur bevormundet<br />

und unter der parteikontrollierten Kleinbürgerlichkeit gegängelt, manipuliert<br />

und kontrolliert fühlenden jungen Menschen hatten große Sympathie für die aufmüpfigen<br />

Jugendlichen im Westen, sahen sich aber einer konzertierten Abwehrreaktion<br />

von Partei und Stasi gegen jegliche basisdemokratischen Ideen gegenüber.<br />

Selbst Langhaarigkeit, legere Kleidung oder die Affinität zur kurz zuvor die Charts<br />

explodieren lassenden Beat-Musik waren Ziel von Aktionen zur Wiederherstellung<br />

der staatskonformen Ruhe. Das war insofern besonders schizophren, als natürlich<br />

die vermutete Destabilisierung der Bundesrepublik mit Freuden beobachtet und<br />

über die DKP unterstützt wurde. Rudi Dutschke galt als antikapitalistischer Held,<br />

die Sympathie für sein Aufbegehren unter den nach Freiheit lechzenden Jugendlichen<br />

galt allerdings innerhalb der Mauern als Verbrechen.<br />

Ein weiteres Ereignis war für den weiteren Verlauf der Systemauseinandersetzung<br />

herausragend. Der vor allem im Osten viele Hoffnungen auf Demokratisierung<br />

des Sozialismus auslösende „Prager Frühling“, von dem man ein Übergreifen<br />

auf andere Ostblockländer erhoffte, wurde blutig niedergeschlagen. Aus der<br />

mit dem Namen Alexander Dubcek verbundenen Hoffnung auf Freiheit wurde<br />

Verzweiflung, weil der „große Bruder – Sowjetunion“ gezeigt hatte, dass der kom-<br />

NC<strong>28</strong> Seite 6

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