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Frauen am Herd<br />
Warum haben es Frauen in Profiküchen so schwer? Und stimmt das<br />
überhaupt? Wir haben uns in Berlins Gastroszene umgeschaut und mit<br />
drei Köchinnen gesprochen, die es wissen müssen<br />
Illustration: Frauke Ditting; Text: Ferdinand Dyck<br />
Vorne eine Einbauküche in Creme,<br />
hinter den Fenstern eine Dorfidylle<br />
auf Leinwand, so waren vor 30 Jahren<br />
Kochshows dekoriert. Diese aus dem<br />
Jahr 1987 heißt „Thommys Kochstudio“,<br />
und das ist noch nicht das Schlimmste.<br />
Wie Thomas Gottschalk die zierliche<br />
Frau in der weißen Schürze neben sich<br />
betatscht, ist schwer zu ertragen. Der<br />
Witz, der folgt, ist mindestens dumm:<br />
„Männer haben wahrscheinlich doch<br />
den feineren Geschmack als Frauen.“<br />
Die Köchin erträgt beides mit Fassung –<br />
sie ist es gewohnt.<br />
Doris-Katharina Hessler, die Frau aus<br />
der Sendung, war mal die beste Köchin<br />
Deutschlands. 25 Jahre in Folge wurde<br />
ihre leichte, moderne Küche mit einem<br />
Michelin-Stern ausgezeichnet. Sie<br />
verwendete weniger Sahne und Butter,<br />
dafür mehr Vollkorn, kochte als eine<br />
der Ersten mit asiatischen Sprossen.<br />
Die männlichen Kollegen und Kritiker<br />
verspotteten sie als „Körner- Katharina“.<br />
Die 80er und ihre Kochshows sind<br />
längst vorbei, die alten Vorurteile hielten<br />
sich hartnäckiger: Frauen kämen mit<br />
Stress nicht zurecht. Seien zu schwach,<br />
schwere Kochtöpfe zu wuchten. Besäßen<br />
nicht genug Kreativität – das alles<br />
haben berühmte Köche schon mal auf<br />
die Frage geantwortet, warum es immer<br />
noch so wenige Spitzenköchinnen gebe.<br />
Nun hat Deutschland seit fünf Jahren<br />
mit Douce Steiner seine erste 2-Sterne-<br />
Köchin, Fernsehköchinnen wie Sarah<br />
Wiener oder Cornelia Poletto kennt eh<br />
jeder. Ist mit dem Frauen-Bashing in<br />
der Küche nun endlich Schluss? Mit<br />
welchen Problemen haben erfolgreiche<br />
Köchinnen noch immer zu tun? Und<br />
warum werden lediglich sechs der<br />
310 Sterne- Restaurants in Deutschland<br />
von Küchencheffinnen geleitet?<br />
Wir fragen, drei Berliner Köchinnen<br />
antworten.<br />
O DIE GRÜNDERIN<br />
Dienstagabend, 21 Uhr, Neukölln, Ecke<br />
Kreuzberg. In 200 Meter Entfernung<br />
liegen ein japanisches Knödelrestaurant,<br />
ein Craft-Bier-Laden und eine gluten -<br />
freie Bäckerei. Hipper wird Berlin gerade<br />
nicht. Dazwischen hat Aparna Aurora<br />
(49) ihr zweites „Chutnify“- Restaurant<br />
eröffnet. Die ehemalige Modedesignerin<br />
bietet Currys und Chutneys aus ihrer<br />
süd indischen Heimat an. Am Anfang<br />
hat sie die noch selbst gekocht, dann<br />
kam der Erfolg. Heute setzen fünf Köche<br />
ihre kulinarischen Vorstellungen um.<br />
Aparna, du hast dich dem Feminist<br />
Food Club angeschlossen, einer Art<br />
Frauen-Gastro-Netzwerk. Warum?<br />
Weil wir Frauen in der Branche immer<br />
noch andere Erfahrungen machen als<br />
Männer. Etwa, dass Köche lieber mit<br />
dem Manager als mit der Besitzerin über<br />
Probleme sprechen. Dass Lieferanten<br />
überrascht sind, dass eine Frau das<br />
Sagen hat. Dass man abends angeflirtet<br />
wird. Da tut es gut, sich auszutauschen.<br />
Wer flirtet?<br />
Vor allem Lieferanten und Gäste. Wenn<br />
ich um 22 oder 23 Uhr im Restaurant<br />
bin, sagt schon mal einer: ,Komm, lass<br />
uns was trinken gehen. Bei dir zu Hause<br />
schlafen doch eh schon alle.’<br />
Haben diese Erfahrungen dich<br />
ver ändert?<br />
Zumindest mein Auftreten. Ich habe<br />
gemerkt, dass ich klar sagen muss: ,Ich<br />
bin die Chefin, ich bestimme die Regeln.’<br />
Dass ich hart sein muss. Es ist halt immer<br />
noch eine Männerwelt.<br />
Also stimmt das Gerücht, dass die<br />
Profiküche ein hartes Geschäft ist?<br />
Es geht schon sehr stressig zu, und es<br />
wird auch mal laut, einfach weil so viele<br />
2|<strong>2017</strong> deli 89