GSa146_190410-Web-Einzelseiten
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Thema: 100 Jahre Grundschule. Ein Grund zum Feiern?<br />
gesellschaftliche Standortbestimmung<br />
von Bildung vorgenommen.<br />
Der Bericht unterstreicht die Notwendigkeit<br />
und Dringlichkeit, Bildung<br />
für nachhaltige Entwicklung als globales<br />
Gemeingut zu stärken. Nicht-nachhaltige<br />
Muster des gesellschaftlichen<br />
Lebens, der wirtschaftlichen Produktion<br />
und Konsumtion dominieren und<br />
gefährden den Planeten und damit die<br />
Lebensgrundlage für alle Menschen. Die<br />
negativen Folgen der Globalisierung erzeugen<br />
nationale und internationale<br />
Spannungen, schaffen kulturelle und soziale<br />
Abgrenzungsbedürfnisse und generieren<br />
autoritäre Identitätspolitiken.<br />
Der Bericht bestätigt den humanistischen<br />
und menschenrechtlichen Ansatz<br />
von Bildung und wendet sich gegen vorherrschende<br />
utilitaristische Bildungsvorstellungen,<br />
die den Menschen zum<br />
»Human kapital« degradieren.<br />
Sich gegen Utilitarismus in der Bildung<br />
zu stellen bedeutet im Sinne des<br />
Berichts, sich für Inklusion und die<br />
Überwindung von Ungleichheit einzusetzen,<br />
ganzheitliche Bildung und die<br />
Überwindung der Dichotomie von kognitivem,<br />
emotionalem, sozialem Lernen<br />
anzustreben und für den Schutz<br />
der vier Säulen des Lernens einzutreten.<br />
Der Bericht stellt heraus, dass diese<br />
in ihrer Bedeutung gefährdet sind.<br />
Dies gilt insbesondere für die Säulen<br />
»Lernen für das Leben« und »Lernen,<br />
zusammenzuleben«.<br />
Die deutsche Umsetzung des<br />
Weltaktionsprogramms<br />
Dr. Brigitte Schumann<br />
ehemalige Lehrerin und Landtagsabgeordnete<br />
in NRW, arbeitet derzeit als<br />
Bildungsjournalistin und hat 2018 die<br />
»Streitschrift Inklusion« veröffentlicht<br />
Deutschland hat sich verpflichtet, die<br />
Bildungsagenda 2030 umzusetzen.<br />
Auf Initiative der Bundesregierung hat<br />
Deutschland in Zusammenarbeit mit<br />
Organisationen und Vertretern aus<br />
Zivil gesellschaft, Politik, Wissenschaft<br />
und Wirtschaft 2017 einen » Nationalen<br />
Aktionsplan Bildung für nachhaltige<br />
Ent wicklung« aufgestellt und verabschiedet.<br />
Wird inklusive Bildung als Herzstück<br />
für nachhaltige Entwicklung erkannt<br />
und anerkannt? Findet eine Transformation<br />
des Lernens im Sinne des Weltaktionsprogramms<br />
BNE statt? Wird die Bildungspolitik<br />
auf die Überwindung von<br />
Benachteiligung, Ausgrenzung und Armut<br />
neu ausgerichtet?<br />
Die extrem ungerechte Verteilung der<br />
Bildungschancen entlang des sozioökonomischen<br />
Status der Eltern besteht ungebrochen,<br />
wie alle Studien belegen. Bildungsarmut<br />
und Bildungsprivilegien<br />
werden auch im 21. Jahrhundert noch<br />
vererbt. Dies wird zwar politisch immer<br />
laut beklagt, aber die strukturellen Ursachen<br />
des selektiven Schulsystems selbst<br />
werden ausgeklammert und bleiben weiterhin<br />
unangetastet. Das segregierende<br />
Sonderschulsystem wird mit dem Argument<br />
des Elternwahlrechts verteidigt<br />
und für unverzichtbar erklärt. Eine<br />
Schule ohne Noten, die die Lernorientierung<br />
von Kindern und Jugendlichen<br />
stärkt und sie vor dem falschen Konkurrenz-<br />
und Leistungsdenken schützt, ist<br />
bildungspolitisch chancenlos.<br />
Angesichts wachsender wirtschaftlicher<br />
und sozialer Spaltung hat das bestehende<br />
Schulsystem wegen seiner scharfen<br />
sozialstrukturellen Trennungslinien<br />
und Aufspaltung eher die Qualität eines<br />
»Brandbeschleunigers«. Zu diesem<br />
schwerwiegenden desaströsen Befund<br />
verhält sich der »Nationale Aktionsplan<br />
Bildung für nachhaltige Entwicklung«<br />
völlig unkritisch. Es wird nicht reflektiert,<br />
dass das Bildungssystem selbst radikal<br />
verändert werden muss, weil es im<br />
Widerspruch zu den Zielen für nachhaltige<br />
Entwicklung steht.<br />
Die Rolle der Deutschen UNESCO-<br />
Kommission als Politikberatung für den<br />
© Bundesregierung__csm_sdgs_logo_de_65a22cbece_db39cee818<br />
GS aktuell 146 • Mai 2019<br />
29