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Berliner Zeitung 18.05.2019

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B8 <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 114 · 1 8./19. Mai 2019<br />

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Bildung<br />

Bestattungsfachkräfte gehen in jeder Beziehung auf die Wünsche der Hinterbliebenen ein, sie achten auch immer auf einen würdigen Rahmen.<br />

IMAGO/EPD<br />

Mitfühlen, aber nicht mittrauern<br />

Bestattungsfachkräfte arbeiten vielseitig, sie brauchen eine stabile Psyche und ein hohes Maß an Empathie<br />

VonMarie Wachsmuth<br />

Ich kann den Trauernden in einem<br />

Moment helfen, in dem sie<br />

neben sich stehen. Somit kann<br />

ich ihnen viel abnehmen. Es ist<br />

ein enorm dankbarer Beruf“, sagt<br />

Maurice Waldmann. Er ist Auszubildender<br />

zur Bestattungsfachkraft im<br />

dritten Lehrjahr.<br />

Gespräche annehmen, Beratung<br />

durchführen –„daraus ergibt sich die<br />

Erledigung der Formalitäten“, berichtet<br />

Maurice Waldmann. Wenn<br />

ein Mensch stirbt, ist viel zu erledigen:<br />

Urkunden müssen beantragt<br />

und Versicherungen abgemeldet<br />

werden. Die Bestattung wird terminiert<br />

und organisiert, der Pfarrer<br />

wird über den jeweiligenTermin informiert<br />

und die Musik ausgewählt,<br />

eventuell ein Musiker bestellt. Die<br />

Kapelle muss zur gewünschten Zeit<br />

frei sein, dann müssen Träger und<br />

Blumen organisiert werden.<br />

„Und nach der Bestattung hörtes<br />

nicht auf.Vielleicht gibt es eine Trauerfeier<br />

oder eine Danksagung, zum<br />

Beispiel in der <strong>Zeitung</strong>“, erklärt der<br />

Azubi. Nach einer gewissenZeit werden<br />

die Fälle geschlossen, archiviert<br />

und Rechnungen geschrieben.<br />

Duales Ausbildungssystem<br />

Bis eine Bestattungsfachkraft soweit<br />

ist, einen Trauerfall allein zu<br />

betreuen, vergehen in der Regel drei<br />

Jahre. So lange dauertdie duale Ausbildung.<br />

„Die Bestattungsfachkräfte<br />

kommen von den Betrieben, die sie<br />

ausbilden. Die Ausbildung findet<br />

zum Teil in der Berufsschule statt,<br />

alles was der Betrieb praktisch nicht<br />

bieten kann, lernen die Auszubildenden<br />

in der Bestatterschule in<br />

Münnerstadt“ erklärt Diana Pick,<br />

Dozentin des Bundesausbildungszentrum<br />

der Bestatter.<br />

Inhalte der Ausbildung sind unter<br />

anderem Warenkunde, Sargausschlagen,<br />

Löten, Dekorationen, Beratungsgespräche<br />

und die hygienische<br />

Versorgung eines Verstorbenen.<br />

„Unsere Schüler werden gerade in<br />

Trauerpsychologie gelehrt, wie sie<br />

mit Angehörigen in der Situation<br />

umgehen sollten. Trauern ist keine<br />

Krankheit, kein Zustand, der abgestellt<br />

werden muss,sonderndie normale<br />

Reaktion auf den Verlust eines<br />

Menschen“, sagt Diana Pick.<br />

In der Bestatterschule in Münnerstadt<br />

geht alles ganz praktisch zu.<br />

So gehören Rollenspiele hier zuder<br />

Tagesordnung. Maurice Waldmann<br />

und seine Mitschüler sollen eine<br />

Aufbahrung komplett durchspielen.<br />

Die Kapelle ist ein kleiner Raum in<br />

der Schule, und die Bestattung soll<br />

katholisch zelebriert werden. Ein<br />

Kreuz mit Korpus gehört hier dazu.<br />

Persönliche Gegenstände des Verstorbenen<br />

werden drapiert.<br />

„Wir müssen beispielsweise daraufachten,dass<br />

die Träger nicht stolpern,<br />

und dass wir Brandschutzbestimmungen<br />

einhalten“, erklärt der<br />

Auszubildende, der sich im Betrieb<br />

„Trauernist kein Zustand, der abgestellt<br />

werden muss,sonderndie normale Reaktion<br />

auf den Verlust eines Menschen“<br />

Diana Pick, Dozentin am Berufsausbildungszentrum der Bestatter<br />

über Gespräche zur Bestattungsvorsorge<br />

an den Job herangetastet hat.<br />

„Da beschäftigen sich die Leute<br />

schon mit dem Tod, sind aber entspannter“,<br />

sagt er. „Seit Anfang des<br />

dritten Lehrjahres führe ich meine<br />

Beratungsgespräche zu Bestattungen<br />

allein durch.“<br />

Wasman für den Beruf mitbringen<br />

muss, ist für Maurice Waldmann<br />

klar: „Ein gepflegtes Erscheinungsbild<br />

ist natürlich wichtig, man<br />

muss sich artikulieren können, Interesse<br />

daran haben mit Menschen<br />

zu arbeiten und physisch sowie psychisch<br />

belastbar sein. Wirsagen immer:<br />

Mitfühlen, aber nicht mittrauern.“<br />

Aber auch Einfühlungsvermögen<br />

beim Umgang mit trauernden<br />

Hinterbliebenen, Sorgfalt und Umsicht<br />

zum Beispiel beim Gestalten<br />

von Todesanzeigen oder beim Vorbereiten<br />

der Verstorbenen für die<br />

Bestattung oder Serviceorientierung<br />

beim Eingehen auf individuelle<br />

Wünsche sind grundlegend.<br />

Mathematische Fähigkeiten zum<br />

Erstellen von Rechnungen und<br />

handwerkliches Geschick beim Ausstatten<br />

von Särgen sind wichtig. Die<br />

meisten Betriebe schauen nach Bewerbern<br />

mit mittlerer Reife oder einemhöheren<br />

Schulabschluss.Rechtlich<br />

ist aber keine bestimmte Schulbildung<br />

vorgeschrieben.<br />

Keine Reichtümer<br />

Der Bundesverband Deutscher Bestatter<br />

hat die Empfehlung zur Ausbildungsvergütung<br />

im ersten Lehrjahr<br />

mit 500 Euro,600 Euro im zweiten<br />

und 700 Euro im dritten Ausbildungsjahr<br />

ausgesprochen. Im öffentlichen<br />

Dienst liegt die Vergütung<br />

mit 1000 Euro sogar deutlich höher.<br />

Werdie Ausbildung mit einer erfolgreichen<br />

Gesellenprüfung abschließt,<br />

darf sich Bestattungsfachkraft<br />

nennen. Auch hier sind keine<br />

Reichtümer zu verdienen: In der Praxis<br />

liegt das Einstiegsgehalt bei rund<br />

1900 bis 2200 Euro. Mit zunehmender<br />

Berufserfahrung und Betriebszugehörigkeit<br />

steigt dann in der Regel<br />

auch das Gehalt.<br />

Wer weiterkommen will, kann<br />

sich fortbilden. Zum Beispiel als<br />

„Geprüfter Bestatter“, „Geprüfter<br />

Kremationstechniker“, „Zertifizierter<br />

Kremationsassistent“, „Geprüfter<br />

Kundenberater im Friedhofsservice“,<br />

„Bestatter im Notfalleinsatz“,<br />

„Geprüfter Thanatopraktiker“ und<br />

„Bürokummunikationsfachwirt im<br />

Bestattungsgewerbe“. Oder man<br />

macht seinen Bestattermeister,<br />

dann sind 2300 bis 3700 Euro Bruttolohn<br />

drin.<br />

Wunderbare<br />

Wildkräuter<br />

Morgen<br />

Reports lesen!<br />

Hintergründe<br />

Interviews<br />

Gewinnspiele<br />

Sie wachsen auf Wiesen und<br />

im Gebüsch, sind umsonst<br />

und köstlich.Ein Experte<br />

führte uns durch den Wald.<br />

Foto: Volkmar Otto<br />

AM<br />

SONNTAG<br />

Der vonhier

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