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Berliner Zeitung 18.05.2019

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<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 114 · 1 8./19. Mai 2019 – S eite 9 *<br />

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Berlin<br />

Ein Netzwerk<br />

für mehr<br />

Zivilcourage<br />

Seite 15<br />

Vorder Wahl: Ein Gespräch mit dem CDU-Politiker Kai Wegner Seite 12<br />

Nach dem Umzug: Die Allianz hat die Treptowers verlassen Seite 13<br />

MORRIS PUDWELL (2)<br />

Rettungsweste für den Molecule Man<br />

Aus Protest gegen die europäische Flüchtlingspolitik haben Aktivisten<br />

der 30 Meter hohen Molecule-Man-Statue an der Elsenbrücke eine riesige<br />

orangefarbene Rettungsweste übergestreift. DieAktion am Freitag in<br />

der Spree sollte Solidarität mit der Seenotrettung im Mittelmeer zeigen,<br />

wo immer wieder zahlreiche Flüchtlinge beim Untergang ihrer oft nicht<br />

seetüchtigen Boote ertrinken, die meisten beim Versuch der Überfahrt<br />

von Libyen indie EU. Das Flüchtlingshilfswerk UNHCR spricht deshalb<br />

von „der tödlichsten Meeresüberquerung der Welt“. Die Organisation<br />

Seebrücke sieht in der Aktion ein Zeichen mit Blick auf die bevorstehende<br />

Europawahl. Sierufe die Mitgliedsstaaten der EU dazu auf, „dem Sterben<br />

auf dem Mittelmeer endlich ein Ende zu bereiten und nicht weiter wegzuschauen“.<br />

DiePolizei war bei der Aktion anwesend und hatte die Situation<br />

im Blick, wie ein Sprecher sagte. Der Molecule Man wurde im Mai<br />

1999 vondem amerikanischen Bildhauer Jonathan Borofsky geschaffen.<br />

Es handelt sich um eine Drei-Personen-Skulptur, die in der Spree zwischen<br />

Elsenbrücke und Oberbaumbrücke nahe dem Schnittpunkt der<br />

drei Ortsteile Kreuzberg, Alt-Treptow und Friedrichshain aufgestellt<br />

wurde.Sie soll nach Auskunft seines Schöpfers daran erinnern, „dass sowohl<br />

der Mensch als auch die Moleküle in einerWelt derWahrscheinlichkeit<br />

existieren und es das Ziel aller kreativen und geistigen Traditionen ist,<br />

Ganzheit und Einheit innerhalb der Welt zu finden.“<br />

Pankower sollen die neuen U-Bahnen bauen<br />

Die größte Ausschreibung in der Geschichte der BVG ist zu Ende. Stadler soll den Zuschlag bekommen, doch Brancheninsider sehen das Verfahren mit Skepsis<br />

VonPeter Neumann<br />

Die Entscheidung ist gefallen.<br />

Stadler Pankow soll<br />

die neuen U-Bahnen für<br />

Berlin bauen – bis zu<br />

1500 Wagen. So wurde es dem Vernehmen<br />

nach beim größten Vergabeverfahren<br />

in der 90-jährigen Geschichte<br />

der <strong>Berliner</strong> Verkehrsbetriebe<br />

(BVG)entschieden. Aber noch<br />

ist nicht klar, obeszuder Auftragsvergabe<br />

kommt. Angeblich hat der<br />

Mitbewerber Alstom bei der Vergabekammer<br />

eine Rüge eingereicht. In<br />

Branchenkreisen wird diskutiert, ob<br />

die BVG bei der Ausschreibung die<br />

richtigen Schwerpunkte gesetzt hat.<br />

Im Vergleich zum Preis spielte die<br />

Technik eine zu kleine Rolle. Bekommt<br />

Berlin eine Einfach-U-Bahn?<br />

Noch halten die Beteiligten dicht.<br />

Noch ist top secret, werden auf mehr<br />

als drei Milliarden Euro taxierten<br />

Auftrag des Landesunternehmens<br />

erhält. „Sorry, ich darf dazu gar<br />

nichts sagen“, wehrte die BVG-Sprecherin<br />

Petra Nelken am Freitag ab.<br />

„Zu laufenden Verfahren äußern wir<br />

uns nicht“, pflichtete Ellen<br />

Schramke von Siemens bei. Kein<br />

Wunder: Wirtschaftssenatorin Ramona<br />

Pop,Vorsitzende des BVG-Aufsichtsrats,hat<br />

während der entscheidenden<br />

Sitzung des Gremiums Plaudertaschen<br />

mit ernsten strafrechtlichen<br />

Konsequenzen gedroht.<br />

Doch die Schweigepflicht gilt nur<br />

noch kurze Zeit. Anfang kommender<br />

Woche darf dann endlich offiziell<br />

verkündet werden, werdie neuen U-<br />

Bahnen liefern soll. Denn dann endet<br />

die Frist, innerhalb derer ein Bewerber<br />

das Ergebnis des Verfahrens<br />

bei der Vergabekammer rügen darf.<br />

Immer mehr Fahrten fallen aus<br />

Stadler Pankow ist Ableger des boomenden<br />

Schweizer Schienenfahrzeugherstellers<br />

Stadler Rail, der seinen<br />

Umsatz binnen kurzer Zeit verdoppelt<br />

hat. Er baut bereits die neue<br />

S-Bahn-Generation für Berlin, zusammen<br />

mit Siemens.Wenn Stadler<br />

Pankowtatsächlich den Zuschlag für<br />

die neue U-Bahn bekommt, wirddas<br />

Unternehmen ernsthaft über weitere<br />

Produktionsflächen nachdenken<br />

müssen. Aufdem früheren Bergmann-Borsig-Gelände<br />

an der Lessingstraße<br />

dürfte es eng werden.<br />

Mitte 2021, so hofft der Senat, sollen<br />

die ersten 24 U-Bahn-Wagen geliefert<br />

werden. Im darauffolgenden<br />

Jahr sollen 76 Wagen geliefert werden,<br />

von2023 an 138Wagen proJahr.<br />

Es ist ein ehrgeiziger Zeitplan. Für<br />

Stadler Pankowbedeutet er,dass das<br />

Unternehmen die Herausforderungen,<br />

die bereits jetzt durch das starke<br />

Wachstum entstehen, in den Griff<br />

bekommen muss.<br />

Viele <strong>Berliner</strong><br />

warten sehnlichst<br />

darauf, dass die<br />

Wagenflotte der U-<br />

Bahn wächst. Seit<br />

Jahren steigt die<br />

Zahl der Fahrgäste.<br />

Weit vor der S-<br />

Bahn ist die U-<br />

Bahn das bedeutendste<br />

Nahverkehrsmittel<br />

in dieser<br />

Region. Allein<br />

im vergangenen<br />

Jahr wurden die sonnen- und orangegelben<br />

Züge für 583 Millionen<br />

Fahrten genutzt. Doch obwohl die<br />

Nachfrage steigt, wurde im Zeichen<br />

des Sparens die Zahl der U-Bahn-<br />

Wagen in Berlin sogar verringert.<br />

Die jetzige Flotte ist überaltert –<br />

das Durchschnittsalter beträgt mehr<br />

als 28 Jahre. Das erfordert einen hohen<br />

Instandhaltungsaufwand, mit<br />

dem die BVGzuweilen überfordertzu<br />

sein scheint. Sichtbares Zeichen ist,<br />

dass die Zuverlässigkeit abnimmt.<br />

Fanden 2015 noch 98,2 Prozent der<br />

vorgesehenen Fahrten statt, sank die<br />

Quote im vergangenen Jahr auf 96,7<br />

Prozent, so das Center Nahverkehr.<br />

Doch obwohl sich die Probleme<br />

schon vorlängerer<br />

Zeit abgezeichnet<br />

hatten, begann<br />

das große Vergabeverfahren,<br />

das<br />

jetzt zu Ende ging,<br />

erst Ende 2016.<br />

Die BVG argumentiert,<br />

dass vieles<br />

zuvor noch zu<br />

regeln war –etwa<br />

die Finanzierung<br />

durch das Land.<br />

Auch war Sorgezu<br />

tragen, dass Mitarbeiter, die zuvor<br />

mit Herstellern zutun hatten, beim<br />

Vergabeverfahren nicht an entscheidenden<br />

Stellen sitzen – Stichwort<br />

Korruption. Interne Umsetzungen<br />

waren erforderlich, hieß es.<br />

Nunist die Entscheidung da. Aber<br />

einem Bericht zufolge kann der Auftrag<br />

noch nicht vergeben werden,<br />

weil der Mitbewerber Alstom vordie<br />

Die aktuelle U-Bahn-Generation –<br />

auch von Stadler Pankow<br />

BVG<br />

<strong>Berliner</strong> Vergabekammer gezogen<br />

ist. Diese Rüge muss geprüft werden.<br />

Fällt das Ergebnis nicht so aus, wie<br />

vom Antragsteller gewünscht,<br />

könnte ein Verfahren vor dem Kammergericht<br />

folgen. Auch das dauert.<br />

Berichtet wurde, dass Siemens<br />

ebenfalls eine Nachprüfung verlangen<br />

will. Doch in Branchenkreisen<br />

hieß es dazu am Freitag, dass der<br />

Konzern dies keinesfalls plant. „Siemens<br />

wirddefinitiv nicht vordieVergabekammer<br />

ziehen“, hieß es.<br />

Klimaanlagen gibt es nicht<br />

Dafür habe der Konzern, der sich für<br />

den U-Bahn-Auftrag zusammen mit<br />

Bombardier beworben hat, einen<br />

plausiblen Grund. Offenbar teile<br />

man dort die Bedenken, die Brancheninsider<br />

hegen – und die Annahme,<br />

wonach es sich um einen<br />

sehr attraktiven Auftrag handele, infrage<br />

stellen. Denn nach Informationen<br />

der <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> möchte die<br />

BVG den Hersteller dazu verpflichten,<br />

mehr als 30 Jahre lang den zuverlässigen<br />

Betrieb der neuen U-<br />

Bahnen zu garantieren. Normal<br />

seien Fristen vonwenigen Jahren.<br />

Außer durch die Lieferung vonErsatzteilen<br />

kann der Hersteller die Instandhaltung<br />

aber nicht beeinflussen,<br />

dafür soll weiterhin die BVGverantwortlich<br />

sein. Unterm Strich<br />

drohe ein schwer kalkulierbares Risiko,solautet<br />

eine Analyse.<br />

In Branchenkreisen heißt es zudem,<br />

dass der Preis der neuen U-<br />

Bahnen ein sehr großes Gewicht –70<br />

Prozent –bei der Vergabeentscheidung<br />

hatte. Die Technik zählte nur<br />

zu 30 Prozent. Hinzu kam, dass freiwillige<br />

Zusatzangebote für moderne<br />

Anzeige<br />

Tag der offenen Tür<br />

Gymnasium Panketal<br />

Spreestr.2,16341 Panketal,S2Ri. Bernau<br />

T. 030-94418124, gymnasium-panketal.de<br />

Freitag<br />

24.05.<br />

15-19Uhr<br />

Technik oder für Neuerungen, die<br />

über das von der BVG Gewünschte<br />

hinausgingen, nicht gewollt waren.<br />

Einschätzungen zufolge sei zu befürchten,<br />

dass die U-Bahn hinter den<br />

Möglichkeiten zurückbleiben wird.<br />

Berichtet wird auch, dass die neuen<br />

Züge keine Klimaanlagen haben<br />

werden –obwohl dies während des<br />

heißen Sommers im vergangenen<br />

Jahr immer wieder von Fahrgästen<br />

gefordert worden war. Das sei technisch<br />

schwer machbar,hieß es.

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