Berliner Zeitung 29.06.2019

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4 Bild: Burg-Wächter Schlüsselumdrehen wargestern:Transponder mussman nur kurzvor das Schloss halten. Bild: KIWI.Ki GmbH DER SCHLÜSSEL ZUR ZUKUNFT Digital oder mechanisch? Die Frage nach dem optimalen Schließsystem ist aktueller denn je Über viele Jahrzehnte war das mechanische Schloss quasi konkurrenzlos, wenn es um Türsicherungen in Wohnungen und Häusern ging. Doch mit Aufkommen digitaler Möglichkeiten ergeben sich auch neue Optionen –und offene Fragen. Wer heute ein Haus bauen oder die Schließanlage in der Wohnung wechseln will, der sollte sich rechtzeitig und kritisch mit dem Thema auseinandersetzen. Digitale Freiheit. Ob per Fingerabdruck, Strichcode oder Transponder – die Zukunft der Türöffnung ist digital. Zumindest, wenn es nach der neu gegründeten „Initiative Digitaler Türzugang“ (IDiT) geht. Die Initiative setzt sich aus dem Wohnungskonzern Deutsche Wohnen und den Immobiliendienstleistern Kiwi, Schindler Deutschland, Gegenbauer, Greenberg Traurig, Prüm, Garant, Immobilien Service Deutschland, Abus und der Hager Group zusammen. Der Türzugang spielt in der Wohnungswirtschaft eine wichtige Rolle, besonders bei der Steuerung von Handwerksdienstleistungen oder Mieterwechseln. Zwischen verschiedenen Systemen müssen deshalb offene und sichere Schnittstellen bestehen, die reibungslos funktionierende Prozesse garantieren. „Mit innovativen Zugangssystemen revolutionieren wir das Schlüsselmanagement. Digitale Zutrittsrechte lösen den Schlüssel nach und nach ab“, sagt Karsten Nölling, Geschäftsführer der in Berlin ansässigen Kiwi GmbH. Er hat keinen Zweifel: „Der Zugang wird in Zukunft einfacher und sicherer werden als je zuvor.“ Türen öffnen wird demnach zu einem nahtlosen Prozess: Ohne Nachdenken, ohne Sorgen, ohne physischen Gegenstand. Die Befürworter des digitalen Zugangs führen drei zentrale Punkte ins Feld: eine Aufwertung der Immobilie durch den Einsatz innovativer Tech-
Nr.26Ausgabe 29./30. Juni 2019 / 5 Verlorene Transponder kann man in Echtzeit sperren lassen. nologien, die Reduktion der Kosten durch vereinfachte Schlüsselübergaben und eine erhöhte Sicherheit. „Dankmoderner Lösungen gehören Sorgen rund um verlorene Schlüssel der Vergangenheit an. Digitale Zutrittsrechte werden in Echtzeit aus der Ferne aktualisiert und verlorene Transponder können in Echtzeit gesperrt werden“, erklärt Nölling, der sich mit der Kiwi GmbH dafür starkmacht, dass dabei höchste Anforderungen an Datenschutz und Übertragungssicherheit erfüllt werden. „Unsere Verfahren sind TÜV-zertifiziert. Mit komplexen Verschlüsselungstechnologien stellen wir ferner sicher,dass durch Hacker-Attacken keine Schließvorgänge manipuliert werden können.“ Jérôme Johl, Geschäftsführer der in Kleinmachnow ansässigen Safelock GmbH, betont neben der Sicherheit auch die Flexibilität der digitalen Systeme. „So können unsere Schlösser beispielsweise automatisch öffnen und schließen, zeitlich gesteuert werden oder sogar ganz ohne Transponder mittels eines Morsecodes geöffnet werden. Gleichzeitig können sie bestimmten Personen Zutritte nur zu bestimmten Zeiten und für bestimmte Türen geben, was durchaus für größere Objekte oder Reinigungskräfte interessant ist.“ Elektronische Türschlösser eignen sich nicht nur für Neubauten oder Bürogebäude. Vorteilhaft sind sie auch für Einfamilien-, Mehrfamilien- oder Miethäuser. Interessant dürften die neuen Möglichkeiten für Eigentümer von Ferienhäusern sein, deren Zugänge sich dann leicht aus der Ferne steuern lassen. Bewährte Mechanik. Führt an der digitalen Zukunft also kein Weg vorbei? „Elektronische und digitale Schließsysteme werden in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnen“, ist sich Dietmar Schake, Vertriebsleiter bei Burg-Wächter, einem Hersteller präventiver Sicherheitstechnik, sicher. „Bei Neueinrichtungen hat das elektronische Türschloss dem klassischen Schlüssel schon den Rang abgelaufen und in absehbarer Zeit wird es eine Verzahnung zwischen den Schließsystemen und anderen Smart-Home-Komponenten geben.“ Allerdings sieht er das Ende mechanischer Lösungen noch nicht gekommen. „So ganz ,out‘ wird der mechanische Schlüssel wohl nie sein. Dafür gibt es einfach zu viele Türen, Tore uns sonstige Eingänge, die aufgeschlossen werden wollen.“ Außerdem wollen sich nicht alle Menschen auf eine moderne Art der Türöffnung einlassen.“ Dem stimmt Uwe Trackies, Spezialist für Alarmanlagen und Schließsysteme, zu. „Zwar verzeichnen elektronische Schließsysteme immer stärkere Zuwächse, aber ohne Mechanik geht es dennoch nicht. Es gibt Anwendungsgebiete, für die ein mechanisches Schließsystem schlichtweg besser geeignet ist als ein elektronisches.“ Es gelte zu differenzieren, welches Objekt mit welcher Technologie sinnvollerweise ausgestattet werden sollte – siehe Info-Kasten rechts unten. „Nicht vergessen werden darf die Mechanik, nicht zuletzt als starkes Fundament der Elektronik. Ein elektronisches System kann nur so gut sein wie seine mechanische Basis. Mechanik wird auch in den nächsten Jahrzehnten noch in den Mechanische Schließsysteme werden aufabsehbare Zeit nicht verschwinden. Türen zu finden sein.“ Gründe dafür seien einerseits das Fundament, das die Mechanik der Elektronik bietet, die langen Lebenszyklen mechanischer Systeme und die hohe Investitionssicherheit. Für die mechanischen Lösungen sprechen außerdem ihre geringeren Anschaffungskosten. Und: Mechanische Systeme sind unabhängig von Stromquellen und den Nutzern vertraut in der Handhabung. Vorausschauend planen. Die zentrale Frage für viele Verbraucher lautet derzeit: „Soll ich auf die digitalen Systeme umsteigen oder lieber nicht?“ Da das Meer an Optionen immer größer wird, ist eine gezielte Beratung mit Blick auf das konkrete Vorhaben unerlässlich. „Allgemein hängt die Entscheidung zum einen von der Tür, dem Sicherheitsbedarf und der Nutzung der Tür ab“, bemerkt Jérôme Johl, Geschäftsführer der Safelock GmbH. „Wenn ich einfach und kostengünstig nachrüsten möchte, bietet sich ein Austausch des Schließzylinders an, der jedoch automatische Schließabläufe nicht durchführen kann. Wenn ich gerade neu baue, dann kann ich auch Strom an die Tür legen lassen und den elektronischen Zutritt möglichst komfortabel gestalten, ohne viel Geld dafür ausgeben zu müssen.“ Das vorausschauende Planen macht insbesondere bei Neubauten Sinn. Mit guter Beratung lassen sich hier zahlreiche Optionen aus dem Pool der Smart-Home-Technologien geschickt kombinieren. Egal, ob die Öffnung mechanisch oder elektronisch ausgelöst wird: Im Hinblick auf den Schließzylinder hat Uwe Trackies drei Hinweise parat: „Der Schließzylinder muss einen Bohr-und einen Kernziehschutz haben. Außerdem sollte er die richtige Länge haben, was bedeutet, dass ernicht mehr als drei Millimeter herausragen darf. Zuletzt sollte er anderen, nicht offensichtlichen Öffnungsmethoden wie dem ,Schlagpicking‘ standhalten.“ Detaillierte Beratungen gibt Trackies in seinem „Haus der Sicherheit“. Blick voraus. Das digitale Zeitalter macht vor den Zugangssystemen in Häusern und Wohnungen keinen Halt und viele neue Möglichkeiten. Fest steht aber auch, dass sich die neuen Technologien erst im dauerhaften Praxistest beweisen müssen. Denn wo neue Sicherheit entsteht, öffnen sich auch neue Risiken. Deshalb ist die Gründung der „Initiative Digitaler Türzugang“ auch aus Verbrauchersicht zu begrüßen. Ihr Ziel ist nicht zuletzt, einheitliche Standards zu schaffen sowie aufkommende Fragen frühzeitig zu erkennen und zu lösen. Die Zukunft ist digital und es macht Sinn, sich bereits jetzt mit den neuen Technologien auseinanderzusetzen. Für viele Verbraucher scheint eine sinnvolle Kombination aus mechanischen und digitalen Lösungen in Verbindung mit einer umsichtigen Beratung gegenwärtig das Mittel der ersten Wahl zu sein. Torsten Weigel Hier braucht es keine digitalen Schlüssel ● Bei Türen in kleinen Objekten, wo ein Schlüsselverlust ohnehin keine großen finanziellen Folgen hat ● Wenn es bei den Schlüssel-Nutzern eine starre Struktur gibt und auch keine organisatorischen Veränderungen absehbar sind ● In temporären Objekten wie beispielsweise einer Bauzeitanlage ● FürGartentore ● Bei Türen, für die wenige Schlüssel benötigt werden und bei denen der Sicherheitsstandard eher gering ist (tw) Alt, aber bewährt. Bild: gettyimages/DanielaRödger/EyeEm
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