faktor Herbst 2019
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mensch<br />
ZUR PERSON<br />
Marc Wallert nennt sich selbst Erfahrungsexperte für<br />
Resilienz. Dabei war es das Leben selbst, das ihn vor<br />
allem durch Krisen zu seinem Erfahrungsschatz und<br />
seiner Kompetenz verholfen hat. Eine Entführung im Jahr<br />
2000 und 17 Jahre als Berater und Führungskraft in internationalen<br />
Konzernen haben ihn über Umwege zu dem<br />
Menschen gemacht, der er heute ist: zu einem glücklich<br />
verheirateten Familienvater, bühnenerfahrenen Musiker<br />
und meditativen Höhlentaucher. Wallert ist leidenschaftlicher<br />
Weltreisender und beherrscht vier Sprachen.<br />
www.marcwallert.com<br />
FOTO: ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
die Tür schließen, das Licht an und aus machen, Wasser<br />
aus dem Hahn! Das war unglaublich!“ Gern scheint er<br />
sich an diese Wertschätzung der kleinen Dinge zu erinnern.<br />
Manchmal hat er auch heute noch diese Momente,<br />
in denen so wenig so viel sein kann: In der Natur zu sein<br />
reicht oft schon aus.<br />
DERZEIT SCHREIBT WALLERT an seinem ersten Buch,<br />
das im März 2020 – 20 Jahre nach der Entführung – erscheinen<br />
soll. „Es wird ein Inspirationsgeber“, erklärt er<br />
und möchte sich gezielt von einem Ratgeberbuch distanzieren.<br />
Denn das Thema Resilienz, das zu seinem Lebensthema<br />
geworden ist, lässt sich nicht in Patentrezepte<br />
packen und ist mehr als ein bloßes ,Buzzword‘. ,Stark<br />
durch Krisen gehen und stark durch Krisen werden‘ – so<br />
könnte man den Arbeitstitel fassen. Eine Frage, die er<br />
sich für dieses Buch immer wieder stellt, ist: Was hat uns<br />
als Gruppe damals im Dschungel geholfen? Wer hat welche<br />
Rollen besetzt und wie haben diese Rollenverteilungen<br />
das Überleben gesichert?<br />
Wallerts Mutter, Renate, beispielsweise konnte dem<br />
Druck psychisch und physisch nicht standhalten und<br />
wurde aufgrund ihres schlechten Gesundheitszustandes<br />
als zweite Geisel freigelassen. Auch wenn dies für sie als<br />
Betroffene die undankbarste Rolle innerhalb einer Gruppe<br />
war, so sorgte sie doch dafür, dass die anderen daraus<br />
Kraft und Stärke ziehen konnten. „In jeder Gruppe gibt<br />
es verschiedene Rollen, und alle müssen besetzt werden“,<br />
weiß Wallert. Er übernahm die Rolle des Helfers und<br />
konnte mit dieser Aufgabe die eigene Angst ein Stück<br />
weit vergessen. „Agile Teams in der Wirtschaft funktionieren<br />
nach ähnlichen Mustern wie wir damals im<br />
Dschungel. Daher kann ich, wenn ich heute Unternehmen<br />
berate, nicht nur aus meiner Führungserfahrung<br />
schöpfen, sondern auch aus meiner Entführungserfahrung“,<br />
erklärt Wallert.<br />
ES BLEIBT ZUM SCHLUSS DIE FRAGE, wie sich sein Privatleben<br />
durch die Entführung verändert hat. Krisen zu<br />
bewältigen, bedeutet nicht automatisch, glücklich zu<br />
sein. Dennoch hat Wallert gerade durch diesen Weg sein<br />
Glück gefunden. Nach Umwegen und Jobs in der Wirtschaft<br />
weltweit, ist er vor elf Jahren der Liebe wegen in<br />
seine Heimatstadt zurückgekehrt, hat sich hier beruflich<br />
verwirklicht und eine Familie gegründet. Der Familienvater<br />
ist schließlich da angekommen, wo er hinwollte: in<br />
einem sinnerfüllten Leben. ƒ<br />
Stark durch Krisen – die 33. <strong>faktor</strong>-Business-Lounge:<br />
Vom Entführungsopfer zum Keynote-Speaker<br />
Die Geschichte von Marc Wallert erzählt eine Extremsituation<br />
und den Weg hinaus. Auf der 33. <strong>faktor</strong>-<br />
Business-Lounge am 14. November im Volkswagen<br />
Zentrum Göttingen referiert Wallert zu dem Thema<br />
‚Stark durch Krisen‘. Wie immer haben die Teilnehmenden<br />
im Anschluss die Gelegenheit, sich bei Snacks und<br />
Getränken auszutauschen.<br />
Melden Sie sich jetzt an, unter:<br />
www.<strong>faktor</strong>events.de<br />
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