faktor Herbst 2019
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44 3 |<strong>2019</strong><br />
KULERO HEISST DIE EINPERSONENGESELLSCHAFT<br />
von Juliane Schöning, die den Stein ins Rollen beziehungsweise<br />
die Innovation aus Indien nach Deutschland<br />
gebracht hat. „Der Anfang war eine glückliche Verkettung<br />
von zufälligen Begegnungen“, erzählt die Geschäftsführerin.<br />
Dass sie nach dem Abitur mit einer Freiwilligenorganisation<br />
nach Indien reiste und ihre Studienwahl<br />
deshalb auf Indologie fiel. Dass sie während ihres Studiums<br />
eine Projektstudie am Goethe-Institut im indischen<br />
Vadodara machte und dort in einem Restaurant<br />
auf diesen Löffel aufmerksam wurde. Dass sie danach<br />
recherchiert hat und so mit dem Produktentwickler ins<br />
Gespräch kam. Den sie, wie sich herausstellte, schon über<br />
» Vor Kulero liegt – auch aufgrund der<br />
umweltpolitischen Entwicklungen –<br />
eine sehr spannende Zeit mit großen<br />
Erfolgsaussichten. «<br />
Ursula Haufe<br />
die Freiwilligenorganisation kannte. Es war Hemant<br />
Chawla. Das ist so ein Moment, in dem die Welt nicht<br />
nur sprichwörtlich klein ist.<br />
Schnell war der Gesprächsfaden geknüpft, die Überlegungen<br />
wurden immer reifer. Schließlich fand die Tochter<br />
einer selbstständigen Handwerkerfamilie Geschmack daran,<br />
eine eigene Firma zu gründen und die essbaren Löffel<br />
mit den Entwicklern gemeinsam nach Deutschland zu<br />
bringen. Was dann folgte, war reges Netzwerken. Zunächst<br />
mit der ‚Gründungsförderung der Stabsstelle Kooperation<br />
und Innovation der Universität Göttingen‘. Was<br />
so sperrig klingt, ist eine agile Anlaufstelle für Studierende,<br />
die sich mit dem Gedanken tragen, eine Firma zu gründen.<br />
„Wir sind sehr gut beraten worden. Vor allem haben sie<br />
uns auf viele Angebote aufmerksam gemacht, die uns weitergebracht<br />
haben“, sagt die 25-Jährige. So auch auf die<br />
Kurse bei der Gründungsberatung MOBIL in Göttingen.<br />
Beim Südniedersachsen InnovationsCampus SNIC fanden<br />
sie einen Ansprechpartner für Crowdfunding.<br />
„Das einzig wirklich stressige war die deutsche Bürokratie“,<br />
erzählt Schöning. Gewerbeanmeldung, Handelsregistereintrag,<br />
Steuernummer des Finanzamts, dann die<br />
Klärung, dass die Löffel kein Besteck sind, sondern ein<br />
Lebensmittel, zertifiziert durch die indische Lebensmittelsicherheitsbehörde<br />
FSSAI und das deutsche Veterinäramt<br />
… „Sechs Wochen Behördenkram, immer wieder<br />
Telefonate, und das neben meinem Studium.“ Im Juli<br />
<strong>2019</strong> konnte es endlich offiziell losgehen: Das Unternehmen<br />
Kulero bahnt sich seinen Weg auf den deutschen<br />
Markt.<br />
MIT EINEM NETZWERK, das sich durch Freiwilligendienst<br />
und ein Start-up-Treffen in Northeim gefunden<br />
hat: Während Juliane Schöning die Fäden in der Hand<br />
hält, ist Hemant Chawla für Vertrieb und Logistik verantwortlich<br />
und Bindeglied nach Indien, wo er sich gemeinsam<br />
mit Kruvil Patel um die Fabrik und die Produktion<br />
kümmert. Annabell Schunk betreut den Social<br />
Media-Auftritt, Noah Hartig ist für Crowdfunding und<br />
Marketing zuständig, Theo Hollweg für Webseite und IT,<br />
und Chocco Nox aus Berlin ist ,Head of Happiness‘.<br />
„Ohne mein Team hätte ich das nicht machen können“,<br />
berichtet Schöning von der aufreibenden Gründungsphase.<br />
„Noch arbeiten alle ehrenamtlich, aber ich will sie<br />
bald in ein Angestelltenverhältnis übernehmen und noch<br />
weitere Leute einstellen.“ Damit das klappt, ist sie mit<br />
ihrem Team eifrig auf Akquisetour. Die ersten Erfolge<br />
sind verbucht, der Markt ist noch groß.<br />
Um frei in ihren Entscheidungen zu sein, verzichtet<br />
Schöning bewusst auf Bankkredite und Investoren. Stattdessen<br />
nimmt sie an Wettbewerben teil, unter anderem<br />
beim Innovationspreis des Landkreises Göttingen, bei<br />
Startgreen, beim Public Value Award. Ob sie dafür Preise<br />
einheimsen wird, weiß sie nicht, „aber wir erreichen dadurch<br />
Publicity, die sich auszahlen kann“. Sie nennt es<br />
„Kapital ohne Verpflichtungen“.<br />
Die Auszeichnung als ‚Gute Gründe(r)‘ im August<br />
kam dagegen überraschend (siehe Seite 46). „Darauf<br />
sind wir echt stolz und dankbar“, sagt Schöning freudestrahlend.<br />
Besonders innovative und tragfähige Geschäftsideen<br />
werden damit ausgezeichnet, die nachhaltigen<br />
Erfolg versprechen. „Die jungen Gründer beweisen<br />
mit ihrem Start-up: Ein zukunftsfähiges Produkt<br />
kann durch diese innovative Kombination von Wissen<br />
auf den Markt gebracht werden“, so Ursula Haufe,<br />
GWG-Geschäftsführerin und Jurymitglied. „Göttingen<br />
bietet den Gründern ein funktionierendes Gründerökosystem<br />
und damit ein gutes Umfeld zur weiteren<br />
Entwicklung. Vor Kulero liegt – auch aufgrund der umweltpolitischen<br />
Entwicklungen – eine sehr spannende<br />
Zeit mit großen Erfolgsaussichten.“