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faktor Herbst 2019

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leben<br />

Auftanken im Vertrauten<br />

Bei ihrer Schwester Gide in<br />

Kaufungen, fand Anja Niedringhaus<br />

immer wieder zur Normalität zurück<br />

– das Leben mit ihrer Familie und<br />

den Tieren hier auf dem Hof war für<br />

die Fotografin ein existentieller<br />

Ausgleich zu den erlebten Schrecken<br />

der Kriege.<br />

die beste Fotografin zu werden. Sie war ehrgeizig“,<br />

erzählt Winterberg. „Als der Balkankrieg ausbrach,<br />

hoffte sie, vielleicht in einer Art jugendlichen Hybris das<br />

eine Foto machen zu können, das den Krieg beenden<br />

würde. Später änderte sie ihre Maxime und sagte: ‚Wenn<br />

ich es nicht fotografiere, wird es nicht bekannt.‘ Darin<br />

steckt viel Erkenntnis und ein hoher professioneller Anspruch.“<br />

WER IM FILM DIE ROLLE DER FOTOGRAFIN spielen<br />

wird, ist derzeit noch geheim. Die Zuschauer dürfen also<br />

gespannt sein: Immerhin werden nach der derzeitigen<br />

Planung etwa sechzig Prozent der Szenen im Film<br />

szenisch-fiktiv gedreht und rund vierzig Prozent dokumentarisch<br />

sein. Letzten Endes werde darüber aber erst<br />

im Schneideraum entschieden, so Winterberg.<br />

Die Regisseurin ist von der Einzigartigkeit Anja Niedringhaus’<br />

überzeugt: „Ich denke, es ist unstrittig, dass sie<br />

eine Ausnahmefotografin war.“ Bei EPA war sie die erste<br />

Frau, die als Fotograf angestellt wurde, und zudem die<br />

jüngste Kollegin. In den annähernd 20 Jahren als Agenturfotografin<br />

gelangten ihre Aufnahmen auf die Titelseiten<br />

der Tages- und Wochenpresse in aller Welt. Dabei<br />

gab es Zeiten, zu denen ihre Fotos auf drei Viertel aller<br />

Tageszeitungen abgedruckt wurden. Schließlich habe sie<br />

den Blick in der Kriegsfotografie dauerhaft auf Zivilisten<br />

und Opfer gelenkt: „Ihr Blick wandte sich stets dorthin,<br />

wo das Leid war, ohne dabei je exhibitionistisch<br />

oder reißerisch zu sein.“<br />

Anja Niedringhaus, die sich stets dagegen wehrte, als<br />

,Kriegsfotografin‘ bezeichnet zu werden, sagte selbst in<br />

einem Interview: „Ich kann die Schrecken mit einem<br />

weichen Foto viel besser zeigen.“ Häufig nimmt sie Zivilisten<br />

in Kriegssituationen, vor allem auch Kinder und<br />

Frauen, in ihrem Blick. Manchmal auch scheinbar Nebensächliches.<br />

So auch auf dem Foto, das sie im November 2004<br />

im Irak gemacht hatte. Niedringhaus gehörte zu den<br />

wenigen Journalisten, die ,embedded‘ die Ereignisse<br />

ganz nah mitverfolgten. Im Zentrum dieses Bildes<br />

steht kein realer Soldat, sondern die Actionfigur ,GI<br />

Joe‘. Ein junger Marine hatte sich dieses in den USA<br />

beliebte Spielzeug als Glücksbringer auf seinen Tornister<br />

geschnallt. Dieses Foto gehört zu einer Serie<br />

von Bildern aus dem erbittert umkämpften Falludscha,<br />

für die Niedringhaus und ihre AP-Kollegen 2005 mit<br />

dem Pulitzerpreis, dem ,Oscar‘ für Journalisten, ausgezeichnet<br />

wurden.<br />

130 3 |<strong>2019</strong>

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