ZAP-2019-21
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Fach 9 R, Seite 530<br />
Rechtsprechungsübersicht – 1. Hj. <strong>2019</strong><br />
Straßenverkehrsrecht<br />
Batterie nicht abgeklemmt. In der darauffolgenden Nacht kam es zu einem Kurzschluss, der zu einem<br />
großflächigen Brand in der Werkstattgarage führte (s.a. EuGH DAR <strong>2019</strong>, 445). Wird ein Fahrzeug in<br />
einer Waschanlage auf einem Förderband bewegt, hat die Person im Fahrzeuginneren keinen Einfluss<br />
auf den Waschvorgang und könnte das Fahrzeug in gleicher Weise auch mit vorher ausgebauten<br />
Motor durch die Anlage gezogen werden, dann erfolgt der Abriss einer Antenne und daraus<br />
resultierende Schäden nicht mehr „beim Betrieb“ i.S.d. § 7 Abs. 1 StVG (LG Dortmund NJW-RR <strong>2019</strong>,<br />
66 = NZV <strong>2019</strong>, 367 [EXTER]).<br />
Der Halter eines im öffentlichen Verkehrsraum abgestellten Lkw haftet für die Gefahren, die während<br />
eines Entladevorgangs von einem auf dem Lkw montierten Ladekran ausgehen (OLG Köln NJW-RR<br />
<strong>2019</strong>, 541 = VRR 6/<strong>2019</strong>, 14 [KNAPPMANN] auf der Grundlage von BGHZ 208, 140 = NJW 2016, 1162). Be- und<br />
Entladevorgänge eines Lkw mittels einer Elektroameise und im Zuge dessen entstandene Schäden<br />
Dritter sind beim Betrieb des Lkw entstanden und können zur Halter- bzw. Fahrerhaftung nach §§ 7, 18<br />
StVG führen (OLG Köln NJW-RR <strong>2019</strong>, 595 = NZV <strong>2019</strong>, 208 [KLEINE-KÖNIG]).<br />
Die bloße Anwesenheit des Fahrers an der Unfallstelle zur Unfallzeit begründet allerdings nicht bereits<br />
dessen Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG. Erforderlich ist vielmehr, dass die Fahrweise oder der Betrieb dieses<br />
Fahrzeugs zu dem Entstehen des Unfalls beigetragen haben. Andererseits hängt die Haftung gem. § 7<br />
StVG nicht davon ab, ob sich die im Betrieb befindlichen Kraftfahrzeuge berühren (berührungsloser<br />
Unfall; OLG Hamm NJW-RR <strong>2019</strong>, 602).<br />
Hinweis:<br />
Die fehlende Zurechnungsmöglichkeit der Betriebsgefahr und des Mitverschuldens bei Auseinanderfallen<br />
von Halter- und Eigentümerstellung behandelt HERBERS zfs <strong>2019</strong>, 311.<br />
2. Verstöße, Haftungsverteilung und Mitverschulden (§§ 9, 17 StVG, 254 BGB)<br />
a) Kollisionen von Kfz<br />
aa) Verstöße<br />
Ein Auffahrunfall als Kerngeschehen ist als Grundlage für die Annahme eines Anscheinsbeweises dann<br />
nicht hinreichend, wenn weitere Umstände des Unfalls bekannt sind, die als Besonderheiten gegen<br />
die Typizität derartiger Fallgestaltungen sprechen. Dabei ist allein die Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs<br />
nicht ausreichend. Der Auffahrende muss vielmehr zur Überzeugung des Gerichts<br />
Umstände nachweisen, die es ernsthaft als möglich erscheinen lassen, dass der Geschehensverlauf<br />
anders abgelaufen ist als nach der der Anscheinsregel zugrunde liegenden Erfahrungstypik. Behauptet<br />
der Auffahrende einen Fahrstreifenwechsel des Vorausfahrenden als besonderen Umstand, dann ist die<br />
Möglichkeit eines solchen nicht hinreichend (LG Berlin NZV <strong>2019</strong>, 261 [HANKE]). Steht fest, dass es zu einer<br />
nicht näher bestimmbaren Zeit vor dem Unfall zu einem Fahrspurwechsel von der rechten auf die linke<br />
Fahrspur gekommen ist, und ist i.Ü. der Sachverhalt nicht weiter aufklärbar, so dass einerseits die<br />
Möglichkeit besteht, dass der vorausfahrende Lkw unter Verstoß gegen § 7 Abs. 5 StVO die Fahrspur<br />
gewechselt hat, andererseits aber auch die Möglichkeit, dass der Unfall auf eine verspätete Reaktion<br />
des auffahrenden Fahrers bzw. auf dessen Verstoß gegen das Abstandsgebot zurückzuführen ist, so<br />
scheidet ein Anscheinsbeweis zulasten des Auffahrenden aus (OLG Naumburg DAR <strong>2019</strong>, 463). Bei einer<br />
beiderseitigen Fahrbahnverengung (Zeichen 120 Anl. 1 zu § 40 StVO) greift im Falle einer Kollision<br />
zweier Fahrzeuge nicht der Anscheinsbeweis des § 7 Abs. 5 StVO, da in einer solchen Verkehrssituation<br />
von einem Spurwechsel nicht die Rede sein kann. Vielmehr ist von den auf beiden Spuren fahrenden<br />
Fahrzeugführern die erforderliche Sorgfalt und Rücksicht nach § 1 Abs. 2 StVO zu erwarten (LG Hamburg<br />
NZV <strong>2019</strong>, 209 [BACHMOR]. Wer hinter einem Fahrschulfahrzeug, das als solches gekennzeichnet ist,<br />
fährt, muss seinen Abstand so wählen, dass er auch bei einem unangepassten Fahrverhalten des<br />
Fahranfängers – hier Abbremsen ohne zwingenden Grund – noch rechtzeitig anhalten kann (LG Saarbrücken<br />
NJW <strong>2019</strong>, 173 = VRR 9/<strong>2019</strong>, 11 [SCHULZ-MERKEL]).<br />
1118 <strong>ZAP</strong> Nr. <strong>21</strong> 7.11.<strong>2019</strong>