ZAP-2019-21
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Fach 9 R, Seite 538<br />
Rechtsprechungsübersicht – 1. Hj. <strong>2019</strong><br />
Straßenverkehrsrecht<br />
Hinweis:<br />
Eingehend zu den neuen Messgerät ES 8.0 KRUMM zfs <strong>2019</strong>, 368. Zur Geschwindigkeitsüberwachung mittels<br />
„Section Control“ s. OVG Lüneburg zfs <strong>2019</strong>, 477; BRENNER DAR <strong>2019</strong>, 241 <strong>2019</strong>, 279; KUPPER NZV <strong>2019</strong>, 233.<br />
b) Umfang der Akteneinsicht<br />
Die Betroffene hat einen Anspruch auf Übersendung der Falldatei nebst öffentlichem Schlüssel (AG<br />
Kassel zfs <strong>2019</strong>, 354; AG Prenzlau NStZ <strong>2019</strong>, 533). Es besteht ein Anspruch auf Einsicht in die gesamte<br />
Messreihe (LG Kaiserslautern zfs <strong>2019</strong>, 471 m. Anm. KRENBERGER), wobei das nicht nur gilt, wenn es um die<br />
Herausgabe an einen gerichtlich bestellten Sachverständigen geht (so aber wohl LG Konstanz zfs <strong>2019</strong>,<br />
473). Die Einsichtnahme darf nicht auf die Räume der Verwaltungsbehörde beschränkt werden (AG<br />
Dillenburg zfs <strong>2019</strong>, 234).<br />
c) Zeitpunkt der Akteneinsicht und Auswirkungen auf die Rechtsbeschwerde<br />
Der Anspruch auf Einsicht in die relevanten Messunterlagen ist im Ermittlungsverfahren gegenüber der<br />
Verwaltungsbehörde geltend zu machen, bei Weigerung über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung<br />
nach § 62 OWiG. Aus dem Gebot des fairen Verfahrens (Art. 20 Abs. 3 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 6<br />
Abs. 1 S. 1 EMRK) folgt das Recht des Betroffenen, dass die Verwaltungsbehörde seinem Verteidiger oder<br />
einem von ihm beauftragten Sachverständigen nicht bei den Akten befindliche amtliche Messunterlagen<br />
zur Verfügung stellt, die erforderlich sind, um die „Parität des Wissens“ herzustellen und die dem<br />
Betroffenen ermöglichen, die Berechtigung des auf das Ergebnis eines standardisierten Messverfahrens<br />
gestützten Tatvorwurfs mit Hilfe eines Sachverständigen zu überprüfen. Die Verteidigung des Betroffenen<br />
wird jedenfalls dann unzulässig beschränkt (§§ 79 Abs. 3 S. 1 OWiG i.V.m. § 338 Nr. 8 StPO),<br />
wenn dieser schon bei der Verwaltungsbehörde und sodann vor dem AG im Verfahren nach § 62 OWiG<br />
erfolglos einen auf Herausgabe dieser Unterlagen gerichteten Antrag gestellt und sein erneuter, in der<br />
Hauptverhandlung mit einem Antrag auf Aussetzung des Verfahrens (§ 228 Abs. 1 S. 1 StPO i.V.m. § 71<br />
Abs. 1 OWiG) verbundener Antrag auf Einsichtnahme durch Beschluss des Gerichts zurückgewiesen<br />
wurde, sofern nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Urteil auf der rechtsfehlerhaften Ablehnung<br />
seines Antrags beruht oder beruhen kann (OLG Karlsruhe VRR 8/<strong>2019</strong>, 15 [DEUTSCHER]). Ob dies auch bei<br />
erst in der Hauptverhandlung gestellten Anträgen auf Beiziehung und Einsicht gilt und welche Folgen<br />
insofern die Entscheidung des VerfGH Saarland hat (DAR 2018, 557 = NZV 2018, 275 m. Anm. KRENBERGER =<br />
VRR 6/2018, 15/StRR 6 = 2018, 22 [jew. DEUTSCHER]), ist weiterhin nicht abschließend geklärt (abl. OLG<br />
Zweibrücken zfs <strong>2019</strong>, 412 m. Anm. KRENBERGER).<br />
Hinweis:<br />
Stellen weder die Messbehörde noch die zuständige Bußgeldstelle dem Gericht mehrfach angeforderte<br />
Unterlagen zur Messung zur Verfügung, so kann eine Einstellung des Verfahrens nach § 47 OWiG geboten<br />
sein (AG Dortmund DAR <strong>2019</strong>, 405).<br />
Begründet der Rechtsbeschwerdeführer den Gehörsverstoß mit der Ablehnung eines Aussetzungsantrags,<br />
der mit der Behauptung nicht rechtzeitig erfolgter Überlassung von Messdaten begründet<br />
worden ist, bedarf es regelmäßig der Darlegung, welches Ergebnis die Auswertung der Messdaten<br />
erbracht hätte. Dies wird regelmäßig voraussetzen, dass der Beschwerdeführer ein solches Gutachten<br />
nach Erhalt der digitalen Messdaten in Auftrag gibt und das Ergebnis bis Ablauf der Frist des § 345 Abs. 1<br />
StPO dem Rechtsbeschwerdegericht mitteilt (so recht weitgehend OLG Zweibrücken NStZ-RR <strong>2019</strong>,<br />
228).<br />
Der Zulässigkeit der Beschwerde gegen die unterblieben Beiziehung der Unterlagen und Daten im<br />
gerichtlichen Verfahren steht § 305 S. 1 StPO nicht entgegen, wobei dies auch gilt, wenn die Ablehnung<br />
nicht durch Beschluss, sondern durch formlose Mitteilung erfolgt (LG Hanau zfs <strong>2019</strong>, 231 m. Anm.<br />
KRENBERGER).<br />
1126 <strong>ZAP</strong> Nr. <strong>21</strong> 7.11.<strong>2019</strong>