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ZAP-2019-21

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Fach 9 R, Seite 542<br />

Rechtsprechungsübersicht – 1. Hj. <strong>2019</strong><br />

Straßenverkehrsrecht<br />

hat entschieden, dass die Fahrerlaubnisbehörde bei einem gelegentlichen Konsumenten von Cannabis,<br />

der erstmals unter der Wirkung von Cannabis ein Kraftfahrzeug geführt hat, i.d.R. nicht ohne weitere<br />

Aufklärung von fehlender Fahreignung ausgehen und ihm unmittelbar die Fahrerlaubnis entziehen darf<br />

(Wiedergabe der Pressemitteilung in DAR <strong>2019</strong>, 338). Räumt ein Fahrerlaubnisinhaber einen zwei Tage<br />

vor einer Polizeikontrolle stattgefundenen Cannabiskonsum ein und weist die bei der Polizeikontrolle<br />

entnommene Blutprobe einen THC-Wert von 3,5 ng/ml auf, so deutet dies nach dem Stand der<br />

Wissenschaft darauf hin, dass zwischen dem eingeräumten Konsumakt und der Blutentnahme ein<br />

weiterer Konsumakt stattgefunden haben muss (VGH Kassel zfs <strong>2019</strong>, 299; zum Rückschluss aus der<br />

Blutprobe auf einen regelmäßigen Konsum VGH München NJW <strong>2019</strong>, 2339 Ls.). Wird medizinisches<br />

Cannabis nicht entsprechend der ärztlichen Verordnung eingenommen, besteht nach Nr. 9.4 der Anlage<br />

4 zur FeV keine Fahreignung. Im Falle des Beigebrauchs von illegalem Cannabis oder fahreignungsrelevantem<br />

Mischkonsum mit Alkohol bei Cannabispatienten ebenfalls keine Fahreignung. Erfolgt die<br />

ärztliche Verordnung von medizinischem Cannabis erst nach einem Verstoß gegen das Trennungsgebot<br />

in Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV, hat die Fahrerlaubnisbehörde zu prüfen, ob durch die Verordnung die<br />

Fahreignungszweifel ausgeräumt sind (VGH München NJW <strong>2019</strong>, 2419 Ls. = zfs <strong>2019</strong>, 414).<br />

c) Verfahrensfragen: Gutachtenanordnung<br />

Nach § 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. c FeV ist zur Klärung von Eignungszweifeln bei Alkoholproblematik ein<br />

medizinisch-psychologisches Gutachten anzuordnen, wenn der Betreffende ein Fahrzeug im Straßenverkehr<br />

bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 ‰ oder mehr oder einer Atemalkoholkonzentration<br />

von 0,8 mg/l oder mehr führt. Die rechtskräftige strafrechtliche Ahndung einer länger zurückliegenden<br />

alkoholisierten Teilnahme am Straßenverkehr mit einem Fahrrad (BAK: 2,88 ‰) rechtfertigt innerhalb<br />

der Tilgungs- und Verwertungsfristen des § 29 StVG die Anordnung von Aufklärungsmaßnahmen (MPU)<br />

zur Frage, ob der Betroffene auch künftig fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge unter Alkoholeinfluss führen<br />

wird (VG München NZV <strong>2019</strong>, 272 [PIEßKALLA]). Auch eine im Ausland (Polen) begangene Alkoholfahrt und<br />

die dort gemessene Atemalkoholkonzentration können die Anordnung einer MPU rechtfertigen (OVG<br />

Berlin-Brandenburg zfs <strong>2019</strong>, 235). Zur Klärung der Fragestellung, ob regelmäßiger Cannabis-Konsum<br />

(Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV) vorliegt, ist die Anordnung der Beibringung eines chemisch-toxikologischen<br />

Gutachtens unverhältnismäßig, wenn neben einer Blutuntersuchung auch die Untersuchung<br />

von Urin gefordert wird. Die Vorgabe einer konkreten Stelle für die Untersuchung ist nur in<br />

Fällen zulässig, in denen im Hinblick auf die konkrete Fragestellung (§ 11 Abs. 6 S. 1 FeV) aus zwingenden<br />

fachlichen Gründen – etwa in Ansehung einer sehr seltenen Erkrankung – lediglich eine einzige Stelle<br />

zur Untersuchung in der Lage ist (OVG Münster NJW <strong>2019</strong>, 1393).<br />

Ist die Aufforderung zur Beibringung eines Fahreignungsgutachtens in das Ermessen der Behörde<br />

gestellt, muss die Ermessensbetätigung von der Behörde nachvollziehbar begründet werden (VGH<br />

München NZV <strong>2019</strong>, 430 [KOEHL]). Eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung von Anfechtungsrechtsbehelfen<br />

gegen den für sofort vollziehbar erklärten Entzug einer Fahrerlaubnis wird i.d.R.<br />

nur dann in Betracht kommen, wenn hinreichend gewichtige Gründe dafür sprechen, dass das von<br />

dem Betroffenen ausgehende Gefahrenpotenzial nicht nennenswert über dem des Durchschnitts aller<br />

motorisierten Verkehrsteilnehmer liegt (hier: verneint bei Erkrankung an Multipler Sklerose, VGH<br />

München DAR <strong>2019</strong>, 343). Bei fehlenden finanziellen Mitteln des Betroffenen für die Beibringung eines<br />

rechtmäßig geforderten Fahreignungsgutachtens besteht weder ein Anspruch auf Übernahme der<br />

Begutachtungskosten noch auf deren Vorfinanzierung durch die Fahrerlaubnisbehörde (VGH München<br />

NJW <strong>2019</strong>, 1394 Ls. = DAR <strong>2019</strong>, 345 = zfs <strong>2019</strong>, 358 = NZV <strong>2019</strong>, 488 [GAIL]).<br />

1130 <strong>ZAP</strong> Nr. <strong>21</strong> 7.11.<strong>2019</strong>

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