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ZAP-2019-21

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Fach 9 R, Seite 534<br />

Rechtsprechungsübersicht – 1. Hj. <strong>2019</strong><br />

Straßenverkehrsrecht<br />

2. Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr (§ 315b StGB)<br />

Die Feststellung, dass der Geschädigte eine Vollbremsung einleiten musste und es zu einem Anstoß an<br />

ein Hindernis kam, reicht zur Begründung einer konkreten Gefahr für Leib und Leben nicht aus (BGH<br />

NJW <strong>2019</strong>, 615 = NStZ <strong>2019</strong>, 346 = VRR 6/<strong>2019</strong>, 15 [DEUTSCHER]). Die Wertgrenze für die Annahme der<br />

Gefährdung einer Sache „von bedeutendem Wert“ (§§ 315 b, 315 c StGB) liegt bei mindestens 750 € (BGH<br />

NStZ-RR <strong>2019</strong>, 125). Für die Annahme eines drohenden bedeutenden Sachschadens i.S.d. § 315b Abs. 1<br />

StGB ist wesentlich auf das zu erwartende Schadensbild abzustellen, das mit dem entstandenen<br />

Schaden nicht identisch sein muss. Nicht ausreichend ist die bloße Angabe des Fahrzeugwerts.<br />

3. Beteiligung an Autorennen (§ 315d StGB)<br />

Die am 13.10.2017 in Kraft getretene Strafvorschrift des § 315d StGB („Verbotene Kfz-Rennen“; BGBl I,<br />

3532) hat die gerichtliche Praxis erreicht. Als schwierig erweist sich – wie zu erwarten – die Auslegung<br />

und die Anwendung des gesetzgeberisch verunglückten § 315d Abs. Nr. 3 StGB („Alleinraser“). Das LG<br />

Berlin (NZV <strong>2019</strong>, 315 [WINKELMANN]) meint: Steuert ein Kraftfahrer auf der Flucht vor der Polizei sein<br />

Fahrzeug über eine längere Fahrstrecke mit bewusst stadtfremden Geschwindigkeitsüberschreitungen<br />

(über 100 km/h) und strebt insoweit an Kreuzungen, Ampeln und verengten Stellen jeweils die<br />

höchstmögliche, d. h. situationsabhängig möglichst hohe Geschwindigkeit an, handelt es sich bei<br />

vorläufiger Würdigung um ein nach § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB tatbestandsmäßiges, rennartiges<br />

Fluchtverhalten des Beschuldigten im Straßenverkehr (ähnl. OLG Stuttgart NJW <strong>2019</strong>, 2787 m. Anm.<br />

ZOPFS = VRR 9/<strong>2019</strong>, 16 [BURHOFF]; AG Waldbröl NZV <strong>2019</strong>, 317 [zu Recht abl. KRENBERGER]). Demgegenüber<br />

mahnt das KG (StraFo <strong>2019</strong>, 342 = VRR 9/<strong>2019</strong>, 15 [BURHOFF] = NZV <strong>2019</strong>, 314 [QUARCH])<br />

überzeugend an, mit Blick auf den Bestimmtheitsgrundsatz des Art. 103 Abs. 2 GG bedürfe die Vorschrift<br />

einer zurückhaltenden Auslegung (krit. zu dem Tatbestand auch JANSEN NZV <strong>2019</strong>, 285). Der<br />

Tatbestand des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB und namentlich das subjektive Merkmal der „höchstmöglichen<br />

Geschwindigkeit“ erfordere allerdings kein „volles Ausreizen“ eines Kraftfahrzeugs.<br />

Hinweis:<br />

Der BGH hat im „Hamburger-Raserfall“ erstmals die Verurteilung eines Rasers wegen Mordes bestätigt<br />

(NStZ <strong>2019</strong>, 276 = NZV <strong>2019</strong>, 306 m. Anm. PREUß = zfs <strong>2019</strong>, 235). Im „Berliner-Raserfall“ war dies noch<br />

wegen unzureichender Feststellungen zum Vorsatz abgelehnt worden (BGHSt 63, 88 = NJW 2018, 16<strong>21</strong> =<br />

NStZ 2018, 409 m. Anm. SCHNEIDER 528 = DAR 2018, <strong>21</strong>6 = StRR 4/2018, 19/VRR 4/2018, 15 [jew. HILLENBRAND]).<br />

Zu illegalen Autorennen aus verkehrspsychologischer Sicht BARTHELMESS NZV <strong>2019</strong>, 289.<br />

4. Entziehung der Fahrerlaubnis (§§ 69, 69a StGB, 111a StPO)<br />

Ein nach einem mit Alkoholmissbrauch verbundenen Verkehrsdelikt zur Eignung des Kraftfahrzeugführers<br />

vorgelegtes Gutachten ist zur Entkräftung der Regelvermutung des § 69 Abs. 2 StGB jedenfalls<br />

dann nicht geeignet, wenn es vor Ablauf der in den Beurteilungsrichtlinien zur Kraftfahreignung<br />

vorgesehenen Mindestfrist von sechs Monaten erstellt worden ist (OLG Oldenburg DAR <strong>2019</strong>, <strong>21</strong>6<br />

m. Bspr. HILLMANN/SCHUBERT 229). Hat eine Angeklagte vor und nach einem unerlaubten Entfernen vom<br />

Unfallort beanstandungsfrei am Straßenverkehr teilgenommen, liegt die Tat bereits längere Zeit zurück<br />

(hier: Mehr als ein Jahr und sieben Monate) und befand sie sich zur Tatzeit in einer psychischen<br />

Ausnahmesituation, können dies Umstände sein, die geeignet sind, die Regelvermutung des § 69 Abs. 2<br />

Nr. 3 StGB zu widerlegen (OLG Hamburg NZV <strong>2019</strong>, 428 [RINIO]). Die maßgebliche Grenze für das<br />

Vorliegen eines bedeutenden Schadens i.S.v. § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB bei einem unerlaubten Entfernen<br />

vom Unfallort nach § 142 StGB ist bei jedenfalls mindestens 1.500 € anzusetzen (LG Dresden DAR <strong>2019</strong>,<br />

527 m. Anm. ERNST).<br />

Die Entziehung der Fahrerlaubnis ist auch zulässig, wenn der Täter eine ausländische Fahrerlaubnis<br />

eines Drittstaats (hier: Türkei) hat, mit der er am innerdeutschen Kraftfahrzeugverkehr nicht teilnehmen<br />

darf. Die Einziehung eines türkischen Führerscheins ist nicht zulässig. Auf dem türkischen Führerschein<br />

ist ein Vermerk über die Entziehung der Fahrerlaubnis und die Dauer der Sperre anzubringen, § 69b<br />

Abs. 2 S. 2 StGB (AG Böblingen NStZ-RR <strong>2019</strong>, 287).<br />

1122 <strong>ZAP</strong> Nr. <strong>21</strong> 7.11.<strong>2019</strong>

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