AUTOINSIDE Ausgabe 7/8 – Juli/August 2021
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BILDUNG<br />
Zwischen Rennstrecke und Lehrabschluss: Jasin Ferati<br />
«Ich will in die Formel 1»<br />
Von der Rennstrecke in die Garage und zurück: Der 17-jährige Automobil-Assistent-Lehrling Jasin Ferati<br />
lebt und lernt momentan auf der Überholspur. Das Winterthurer Rennsport-Talent hat <strong>2021</strong> den Schritt<br />
in die Formel 3 gewagt, gleichzeitig bereitet er sich in der Schloss-Garage in Wülflingen ZH auf seinen<br />
Lehrabschluss vor. Jürg A. Stettler<br />
Jasin Ferati in der berühmten Loews-Haarnadelkurve in Monaco. Foto: Baldo<br />
Zurückhaltend, fast etwas schüchtern wirkt<br />
Jasin Ferati zu Beginn beim Treffen in der<br />
Schloss-Garage in Wülflingen. Dabei ist der<br />
17-Jährige eines der grössten Motorsporttalente<br />
der Schweiz. Der Automobil-Assistent-<br />
Lehrling hat auf diese Saison hin, nach nur<br />
einem Jahr mit Jenzer Motorsport in der Formel<br />
4, den Sprung in die Formel 3 gewagt<br />
und fährt für das Team Monolite Racing in<br />
der Formula Regional European Championship<br />
by Alpine. «Jetzt liegt es an mir, die<br />
hoch gesteckten Erwartungen zu erfüllen»,<br />
hält der Winterthurer nüchtern fest. Zum<br />
Saisonabschluss im letzten Jahr gab es für<br />
den erfolgreichen Kart-Fahrer trotz 35 Tagen<br />
im Formel-4-Cockpit, mehr als 300 Tagen<br />
im Simulator oder Fitnesstraining für<br />
einmal keinen Pokal. Ein Novum: Der junge<br />
Schweizer fiel in seiner ersten Saison im<br />
Formel-Rennsport zwar durch gute Zweikämpfe,<br />
viele Platzgewinne und einen guten<br />
Grundspeed auf, selbst wenn schlechte<br />
Startpositionen und einige Zwischenfälle<br />
im «dümmsten Moment» bessere Klassierungen<br />
und Punkte gekostet haben. «Die<br />
Saison 2020 war sehr intensiv und ein stetes<br />
Auf und Ab», blickt Jasin Ferati selbstkritisch<br />
zurück. Doch der 17-Jährige schaut<br />
lieber nach vorn und konzentriert sich auf<br />
die jetzigen Herausforderungen: die Formel 3<br />
und seinen bevorstehenden Lehrabschluss.<br />
Sind Ausbildung und Rennsport auf diesem<br />
Niveau nicht schwer unter einen Hut zu bringen?<br />
«Ich fehle durch die Rennen schon recht<br />
oft und es ist nicht immer einfach, den ganzen<br />
Schulstoff noch verarbeiten zu können»,<br />
gesteht Ferati. «Daher bin ich enorm dankbar<br />
für die Unterstützung, die ich durch die<br />
Schloss-Garage in Winterthur erhalte. Ohne<br />
die Flexibilität, die mir im Berufsalltag ermöglicht<br />
wird, wäre es wohl nicht möglich,<br />
dass ich in der Formel 3 antrete.»<br />
Neben seiner Ausbildung beim Alfa Romeo-,<br />
Abarth- und Fiat-Spezialisten investiert er<br />
viel Zeit in seine Fitness. Denn auch körperlich<br />
stellt der Formel-Sport höhere Ansprüche<br />
als zuvor der Kartsport, in dem er jahrelang<br />
äusserst erfolgreich aktiv war und<br />
2019 beispielsweise die deutsche Elektro-<br />
Kart-Meisterschaft gewann. Daher trainiert<br />
er auch mindestens drei Stunden am Tag<br />
und lässt sich zudem vom ehrfurchtsvoll<br />
auch «Schinder Otti» genannten Otmar Keller<br />
trimmen. Dieser hat schon die Segler<br />
der Alinghi-Crew auf dem Weg zum Americas<br />
Cup fit gemacht oder Rennsport-Ikonen<br />
wie den Einsiedler Marcel Fässler auf seiner<br />
ganzen Karriere begleitet. Denn bei den G-<br />
Belastungen im Motorsport, denen man<br />
beim Beschleunigen aber auch beim Verzögern<br />
ausgesetzt ist, sind nicht nur Ausdauer<br />
und Kraft gefragt. Ein guter Rennfahrer muss<br />
heute ein perfekter Multitasker sein und sich<br />
neben Strecke, Konkurrenten, Lenken, Gas<br />
geben und Bremsen auch noch auf Boxenfunk<br />
und die ganzen Einstellmöglichkeiten<br />
am Lenkrad konzentrieren können.<br />
Der Auftakt in die Formel-3-Saison lief für<br />
Jasin Ferati <strong>2021</strong> nicht optimal. «Mangels Erfahrung<br />
hatte ich in den Trainings noch nicht<br />
das komplette Vertrauen in das im Vergleich<br />
zur Formel 4 viel schnellere Auto», erläutert<br />
er. Bei einem Test und kurzen Qualifyings<br />
natürlich keine idealen Voraussetzungen<br />
für die ersten Rennen im Tatuus T318 mit<br />
seinem 1,8-Liter-Renault-Turbomotor und<br />
270 PS. Doch zusätzliche Trainingseinheiten<br />
im Simulator brachten den Winterthurer<br />
einen Schritt weiter. «Ich bin sehr oft zu Gast<br />
bei Racing Unleashed in Kemptthal. Vor allem<br />
wenn es um neue Strecken geht wie beispielsweise<br />
zuletzt in Monaco, die ich von<br />
der Formel 4 her noch nicht kenne», erläutert<br />
Ferati. Denn nach bloss 45 Minuten auf einer<br />
Strecke gilt es bereits ernst und das Qualifying<br />
beginnt. Daher gilt es, sich sehr rasch<br />
mit der Strecke und dem Wagen zurechtzufinden.<br />
Grosse Pröbeleien am Set-up des Wagens<br />
liegen in der Formel 3 schlicht nicht<br />
drin. «Man kann sich nicht erst an eine neue<br />
Strecke gewöhnen, sondern muss sie schon<br />
kennen. Dabei helfen die Stunden in den<br />
immer realistischer werdenden Simulatoren<br />
enorm.» Mit verschmitztem Lächeln ergänzt<br />
er: «Und da ich Racing Unleashed von Monisha<br />
Kaltenborn sogar zu meinen Sponsoren<br />
zählen darf, kann ich fast unbegrenzt Stunden<br />
im Simulator verbringen.»<br />
Jasin Ferati gelingt ausserdem die Abstimmung<br />
des Autos nun immer besser. Sicher-<br />
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<strong>Juli</strong><strong>–</strong><strong>August</strong> <strong>2021</strong> | <strong>AUTOINSIDE</strong>