AUTOINSIDE Ausgabe 7/8 – Juli/August 2021
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
PRODUKTE & DIENSTLEISTUNGEN<br />
Interview mit Sandro Piffaretti, VR-Präsident Swiss Automotive Group (SAG)<br />
«Eine einmalige Chance für<br />
die freien Garagisten»<br />
Sandro Piffaretti hat hektische Monate hinter sich: Corona-Pandemie, Übernahme des Aktienpakets von<br />
Geschäftspartner Olivier Métraux, weitere Expansionspläne. In Interview spricht der Verwaltungsratspräsident<br />
der Swiss Automotive Group über seine langfristige Strategie, über den Zugang zu Fahrzeugdaten, über sich<br />
verändernde Vertriebskanäle der Autohersteller und er verrät, wieso er selbst Garagist ist. Sandro Compagno<br />
Herr Piffaretti, 2020 wird als «Corona-Jahr» in die Geschichtsbücher<br />
eingehen. Welchen Einfluss hatte die Pandemie auf die<br />
Bücher der SAG?<br />
Sandro Piffaretti, VR-Präsident SAG: Es war kein einfaches Jahr.<br />
Der März und April 2020 waren schwierig, weil man nicht wissen<br />
konnte, wie es weiter geht. Wir bedienen tausende Kunden und beschäftigen<br />
über 4000 Mitarbeiter. In solchen Momenten spürt man<br />
die Verantwortung.<br />
Die SAG ist in 13 europäischen Ländern tätig. Gab es grosse<br />
Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern?<br />
Ja, jedes Land war anders. Das Virus hat sich zeitmässig versetzt verbreitet.<br />
Einerseits hat das Bewusstsein für die Pandemie und deren<br />
Folgen sehr unterschiedlich begonnen. Weiter waren die Massnahmen<br />
der Staaten sehr unterschiedlich. Auch innerhalb der Schweiz<br />
gab es Unterschiede. Im Tessin beispielsweise war der Lockdown<br />
komplett. Wir haben mit der Polizei gesprochen: Der Anspruch war,<br />
dass mindestens eine unserer Mitarbeiterinnen respektive ein Mitarbeiter<br />
pro Standort operativ war, um die Blaulicht-Organisationen<br />
mobil zu halten. Allen anderen war es verboten, im Betrieb zu sein!<br />
In der Schweiz konnten die negativen Folgen der Pandemie mit<br />
staatlicher Hilfe einigermassen abgefedert werden <strong>–</strong> die Stichworte<br />
dazu lauten Kurzarbeit oder auch Covid-Hilfskredite. Kurzarbeit gab<br />
es im Frühjahr 2020 bei der SAG. Haben Sie auch die Covid-Kredite<br />
in Anspruch genommen?<br />
Jedes Land hat früher oder später Massnahmen beschlossen. Wir haben<br />
die Massnahmen umgesetzt, die für die Kunden und Mitarbeitenden<br />
den langfristigen Erfolg sicherstellen.<br />
Die Autohersteller ächzen unter der Chipkrise als indirekte Folge<br />
der Corona-Pandemie. Ist die SAG als Zulieferin hier auch betroffen?<br />
Ja, gewisse Lieferanten können bestimmte Produkte nicht liefern.<br />
Aber genau dafür ist der Handel, wie wir das sind, da. Kunden können<br />
sich auf uns verlassen und darauf, dass wir von dem einen oder<br />
dem anderen Lieferanten die Teile besorgen. Manchmal muss man<br />
dann akzeptieren, dass ein anderer Hersteller zum Zug kommt.<br />
Sie haben im vergangenen Frühjahr eine neue Reifenhalle in<br />
Niederbipp eröffnet. Hatte die Krise keine Auswirkungen auf die<br />
Investitionstätigkeit der SAG?<br />
Nein, wir denken langfristig.<br />
Sie sind auch Garagist respektive Besitzer einer Garage. Wie hat<br />
Ihr Garagenbetrieb in Feusisberg das Jahr überstanden?<br />
Gut. Aber ich denke, dass das ein Spezialfall ist. Unser Team ist grandios.<br />
Geholfen hat sicher auch der Umstand, dass es in Feusisberg<br />
Menschen gibt, die das Geld, das sie aufgrund der Reisebeschränkungen<br />
nicht für die Ferien ausgeben konnten, in neue Autos investiert<br />
haben. Der Betrieb hilft mir zu verstehen, welche Herausforderungen<br />
den Garagisten bevorstehen.<br />
Welches werden nach dem hoffentlich baldigen Ende der Pandemie<br />
die grössten Herausforderungen für die Garagisten und für<br />
Sie als Zulieferer sein?<br />
Da gibt es viele, die auch nicht alle Arten von Garagenbetrieben gleich<br />
betreffen. Man muss unterscheiden: Multimarken oder Markenvertreter,<br />
Luxus oder Massenmarken, Stadt oder Land usw. Die «Good<br />
News»: Mobilität ist eines der fundamentalen Bedürfnisse der Menschen.<br />
Daran wird sich nichts ändern.<br />
Als Logistikunternehmen sind Sie für die Schweizer Garagisten<br />
ein wichtiger Partner. Welche Entwicklungen zeichnen sich in<br />
diesem Bereich ab?<br />
Die wohl augenfälligste Entwicklung ist die stetig steigende Produktvielfalt:<br />
Millionen von Artikeln, das richtige Produkt zur richtigen<br />
Zeit am richtigen Ort... Es ist hochkomplex. Derendinger und Technomag,<br />
also die SAG, können das.<br />
Wie sorgt die SAG dafür, dass die Garagisten auch technologisch<br />
auf dem neusten Stand bleiben? Stichwort: Zugang zu Daten.<br />
Wir machen sehr viel. Einerseits helfen wir bei der Information und<br />
beim Entwurf der neuen Regeln, andererseits mit Schulungen und<br />
konkreten Produkten. Das Thema «connected car» ist eine einmalige<br />
Chance für die freien Garagisten. Sie werden Zugriff auf einen sehr<br />
grossen Wagenpark haben. Logisch, dass hier die Hersteller den Knochen<br />
nicht einfach liegen lassen. Die spannende Frage wird sein: Was<br />
machen die Markenvertreter? Einerseits werden sie beim Neuwagen-<br />
76<br />
<strong>Juli</strong><strong>–</strong><strong>August</strong> <strong>2021</strong> | <strong>AUTOINSIDE</strong>