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Rußlandbericht

Der Rußlandbericht von Gisela Mikuteit

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Wie lange wir fuhren, weiß ich nicht, jedenfalls war es spät abends nach der Sonne,

als wir an Bahngleise heranfuhren.Kein Haus nur mehrere Schienen und einige

Güterwagen waren zu sehen, dann entdeckten wir einen Güterzug mit mehreren

Personenwagen hinter der Lok. Die Wachposten brachten uns an den Zug. Dann

verschwanden sie.

Nach einer kurzen Wartezeit kamen andere Soldaten, die uns in einen leeren Wagen

brachten. Die beiden Frauen, die noch laufen konnten, legten uns auf Bänke in einem

Abteil. Zunächst sahen wir im Wagen keine Bewacher oder andere Personen.

Inzwischen war es dunkel. Uns war klar, dass draußen Posten stehen würden. Doch

niemand kümmerte sich um uns. Es dauerte noch lange, ehe der Zug abfuhr. Es waren

in andere Abteile noch einige Leute eingestiegen. Das hörten wir nur am

Türenschlagen und Sprechen. Zu uns durfte niemand rein.

Drei Tage waren wir unterwegs. Mal fuhren wir, mal standen wir irgendwo auf der

Strecke. Niemand betrat unser Abteil, niemand kümmerte sich um uns. So bekamen

wir weder zu essen noch zu trinken. Der Durst war noch schlimmer. So versuchten

die beiden Frauen über die Posten etwas für uns zu bekommen. Immer wieder baten

sie darum. Wir beiden anderen merkten wenig davon, denn wir schliefen nur. Die

schlechte Versorgung auf der Fahrt lag nicht am Nicht geben wollen. Es war niemand

dafür verantwortlich, und so gab es weder Essen noch Trinken. Ein gutmütiger Posten

trieb schließlich noch etwas für uns auf. Tee aus Kräutern und Brot mit Fisch. Ich

weiß nur, dass ich sehr schönen Rogen auf Brot bekam. Das habe ich auch gern

gegessen. Die beiden nicht so kranken Frauen fütterten uns.

Wir waren froh, als wir endlich ausgeladen wurden. Im Zug war es sehr kalt gewesen.

Nun mussten wir wieder sehr lange draußen warten, denn niemand war zum Abholen

da. Wahrscheinlich wurde das Lazarett jetzt erst benachrichtigt, dass neue Kranke

abzuholen sind. Später erfuhr ich, dass das Lazarett Changalin (etwa) hieß. Auf einer

Trage wurde ich ins Lazarett getragen.

Wir wurden von den Kranken sofort begrüßt. Man schaute, ob wir Bekannte waren.

So habe ich Ilse von unserem Kreis wieder getroffen. Ich wusste gar nicht, dass sie

dort hingekommen war. Nun brachte man uns gleich in einen großen Raum zum

Duschen und Entlausen. Da ich zu schwach war, hoben mich zwei Russen hoch,

zogen mich aus und duschten mich auch. Dann wurden die Schamhaare und die

Haare in den Achselhöhlen ab rasiert. Meine Zöpfe durfte ich zum Glück behalten.

Bei anderen Frauen, die stark verlaust waren, wurden die Köpfe kahl geschoren.

Dann wartete ich auf einer Bank auf meine entlausten Kleider. Ich kippte runter, da

ließ man mich einfach liegen.Von Anziehen der Kleider habe ich nichts gemerkt, weil

ich ohne Besinnung war.

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