07.09.2021 Aufrufe

Rußlandbericht

Der Rußlandbericht von Gisela Mikuteit

Der Rußlandbericht von Gisela Mikuteit

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Kontrollen durch russische Soldaten auf, dass man uns schnell in Ruhe ließ. Auch

sonst hatten wir durch das Papier Vergünstigungen.

Wir bekamen bei der Entlassung noch ein Verpflegungspaket für drei Tage. Es

waren Brote mit Margarine, nicht viel, aber wir waren zufrieden und froh, dass wir

frei waren.

Nun mussten wir selber sehen, was wir tun und wohin wir wollten. Jetzt war uns

doch mulmig zu mute. Wir merkten, dass wir Vogel frei waren. Ich hatte ein etwas

älteres Mädchen bei mir, die zu ihrer Tante nach Marzahn bei Berlin wollte. Sie hatte

die Adresse, aber war sehr ängstlich, weil sie nicht wusste, wie sie da hinkommen

kann.

Ich bot ihr an, sie hin zubringen. Ich wollte auch nach Berlin zu meinen Großeltern.

Die Adresse hatten wir mit unseren Eltern auswendig gelernt, falls wir uns verlieren.

So fragten wir uns zusammen zum Bahnhof durch. Unterwegs warf mir eine Frau von

ihrem Balkon zwei Tomaten zu, nachdem sie gefragt hatte, ob wir aus Russland

kommen. Durch die Entlassungspapiere brauchten wir keine Fahrkarten zu lösen."

Fährt ein Zug nach Berlin?"fragten wir einen Beamten." Ein Güterzug fährt bald ab,

geht nur hinein in einen Wagen."Wir stiegen in einen leeren überdachten Güterwagen.

Andere Leute folgten uns.

Es dauerte nicht lange, da pfiff die Lok und die Fahrt begann. Leider hielt der Zug

nach zwei Stationen schon wieder. Nun begann eine lange Wartezeit, Auf ein

Abstellgleis wurde der Zug gefahren. Wen wir auch fragten, niemand wusste, wann er

weiter fährt. Wir stiegen aus und hofften, dass ein anderer Zug kommt. Nichts! Wir

liefen zu einem Bauern in der Nähe und baten ihn um etwas zu essen. Kartoffeln

bekamen wir.

Das war etwas, endlich wieder Kartoffeln. Mit anderen zusammen, machten wir ein

Feuer und brieten darin die Kartoffeln. Mir bekam das nicht. Durchfall und Erbrechen

waren schlimm. Zum Schlafen stiegen wir wieder in den Zug auf dem Abstellgleis.

Am nächsten Morgen kam ein anderer kurzer Personenzug. Er war so voll, dass wir

nicht mitkamen. So fragten wir, wie weit es bis zur nächsten größeren Ortschaft ist.

Es war Fürstenwalde mit mindestens 8 Km. Zu mehreren machten wir uns auf den

Weg Richtung Westen auf den Bahngleisen. Da wir auf den Bohlen liefen, war das

schwer für uns Kranken. So konnten wir das Tempo mit den Fremden nicht mithalten

und blieben zurück. Sie kümmerten sich nicht um uns. So erreichten wir beiden erst

viel später den Bahnhof von Fürstenwalde.

Man schickte uns zu einer Suppenausgabestelle. Als wir eintraten, merkten wir, dass

man uns schon angekündigt hatte. Es stand zwar eine lange Schlange, aber wir

durften vor gehen und bekamen einen sehr schönen warmen Eintopf. Ich konnte ihn

nicht leer essen. So zwang ich mich, weil ich nicht den Frauen vom DRK undankbar

sein wollte, doch es bekam mir nicht.

Nun waren wir schon zwei Tage unterwegs. Wieder war es ein Bahnbeamter, der uns

verriet, dass gleich ein Zug nach Berlin kommen müsste. Erst kam eine Lok mit zwei

Wagen. Alles stürzte sich darauf. Viele hängten sich an die Lok. Wir blieben lieber

55

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!